Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe) - S. G. Felix


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      »Ergreift ihn!«, schrie es aus dem Saal.

      Antilius tat, was er tun konnte. Er rannte zum Ausgang. Er rannte um sein Leben. Er glaubte zumindest, um sein Leben rennen zu müssen. Gilbert fieberte mit seinem Meister mit und mochte sich gar nicht ausdenken, was die Largonen mit ihm anstellen würden, wenn er geschnappt werden würde.

      Die Wache folgte ihm und holte auf. Aufgrund ihrer Größe war es ihr ein Leichtes, den Menschling einzuholen.

      Die Ausgangstür kam in Antilius’ Sichtweite. Erschrocken musste er feststellen, dass sie nun fest verriegelt war. Unmöglich für ihn, sie zu öffnen. Panisch suchte er nach einem anderen Ausweg, aber er wusste aus irgendeinem Grund, dass diese Tür die einzige war, die nach draußen in die Freiheit führte. Er entschied sich, zurück in den zweiten, linken Gang zu stürmen. Er hatte keine Ahnung, wohin dieser Gang ihn führen würde.

      Der Largone war nun bedrohlich nahe und streckte schon seinen langen Arm nach Antilius aus, um ihn zu packen. Dann sahen er und Gilbert ein für Menschenverhältnisse relativ großes Loch in der Wand.

      »Schnell, da rein!«, rief Gilbert.

      Antilius warf sich in letzter Sekunde auf den Boden und rutschte auf dem Bauch in das Loch in der Mauer.

      Keine Sekunde später schoss die riesenhafte Hand der Largonen-Wache in das Loch und fummelte unsanft darin herum.

      Antilius hatte es geschafft, sich mit letzter Kraft tief in das Loch hineinzuzwängen, sodass die Wache ihn nicht erreichen konnte.

      »Warte nur, Menschling, ich mache dich platt!«

      Noch eine ganze Weile versuchte der Riese, Antilius zu ergreifen, zog dann aber die Hand wieder zurück und entfernte sich rasch.

      »Ich kriege dich da schon raus!«, brummte er im Weggehen.

      »Was hat der vor?«, fragte Gilbert.

      »Er holt bestimmt irgendwas, um an mich heranzukommen.«

      Antilius untersuchte die dunkle kleine Höhle nach einem anderen Ausgang, aber es gab keinen. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl.

      »Was ist das für ein Loch?«, fragte Gilbert misstrauisch.

      »Was interessiert mich das? Ich habe im Moment ganz andere Sorgen.« Antilius spähte aus seinem Schutzbunker hervor, um festzustellen, wo die Wache geblieben war. Er konnte niemanden sehen.

      »Du musst hier wieder raus!«

      »Wohin denn? Dort hinten ist wieder eine versperrte Tür.«

      »Ich befürchte, du kannst hier nicht drin bleiben.«

      »Was redest du da?«

      »Ich glaube, diese Höhle ist schon besetzt.«

      »Was?«

      »Erinnerst du dich an die Überreste der Riesen-Ratte?«

      Antilius fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken und zwei Sekunden später stieg ihm ein übler Gestank in die Nase. Er stammte von dem Eigentümer des Lochs. Er drehte sich um und sah in zwei eitergelb leuchtende Augen. Es war eine dieser Riesenratten. Nur diesmal nicht tot wie im Kellergeschoss, sondern quicklebendig.

      Sein Fluchtinstinkt befahl ihm, das Rattenheim auf der Stelle zu verlassen. Er stürzte hinaus und rannte damit der zurückgekehrten Largonen-Wache direkt in die Arme. Die Wache ließ sich nicht zweimal bitten und packte zu. Ihre starke Hand drückte Antilius die Luft aus den Lungen. Er keuchte.

      »Na, wen haben wir denn da? Ein ziemlich hässliches, winziges Menschlein«, sagte der Largone.

      »In Ordnung, du hast gewonnen!«, presste Antilius hervor.

      »Mal sehen, was die anderen dazu sagen werden.«

      Der Riese hielt sein Opfer mit festem Griff und lief stolz zum großen Saal zurück, in dem Antilius durch seine spektakuläre, aber missglückte Flucht unfreiwillig einen blutigen Kampf zwischen zwei Kontrahenten verhindert hatte.

      »Seht, was ich Widerliches gefunden habe!«

      »Ein Spion! Sehr gute Arbeit. Stell ihn hier auf den Tisch, damit wir ihn verhören können!«, sagte der rechtshornige Largone.

      Die Wache folgte dem Befehl des Anführers der Gruppe und setzte Antilius auf der Tischplatte im Speisesaal ab.

      Umringt von riesigen, schadenfrohen und angriffslustigen Fratzen, rang Antilius nach Luft.

      »Du hast uns ausspioniert. Was hast du gehört? Sprich, Menschling!«, herrschte der Largone, dessen Horn nach rechts gekrümmt aus der Nase ragte, den Menschling an.

      »Ich? Ich bin kein Spion«, keuchte Antilius.

      »Es ist besser für dich, uns nicht zu belügen, Menschling!«

      »Ich sage die Wahrheit!«

      »Lügner! Wie bist du hier hereingekommen?«

      »Ich weiß nicht genau. Ich bin durch das Zeittor gegangen, um jemanden zu suchen.«

      »Nach wem? Einem Menschling? Du suchst nach einem anderen Menschling?«

      »Ja.«

      »Warum?«

      »Er heißt Brelius Vandanten und hinterließ mir eine Nachricht, in der er sagte, ich wäre der Einzige, der ihm helfen könne.«

      »Du bist gekommen, um ihn zu retten?«

      Antilius überlegte sich eine geeignete Antwort, entschied sich dann aber zu einem stummen Nicken.

      Die Largonen warfen sich fragende Blicke zu und brachen dann in schallendes Gelächter aus. Alle bis auf denjenigen, dessen Horn nach links gebogen war.

      »Wir wussten gar nicht, dass Menschlinge solch einen Humor besitzen«, sagte einer mit einem besonders breiten Schädel.

      »Das ist die Wahrheit!«, feuerte Antilius verzweifelt mit allem Mut zurück.

      Der rechtshornige Anführer beugte sich vor. »Niemand kann diesen Menschling namens Brelius noch retten.«

      Antilius war erleichtert. Sie sprachen immerhin von demselben Mann. »Wieso? Was ist mit ihm?«

      Der Largone dachte kurz nach. »Sagen wir, er hat die Zeit zu oft in Anspruch genommen.«

      »Was soll das bedeuten?«

      »Das bedeutet, dass er genauso wie wir gefangen ist.«

      »Ihr seid gefangen? Ich dachte, dies wäre eure Heimat. Eure Stadt.«

      Der Largone neigte sich mit seinem Kopf soweit vor, dass sein Horn fast Antilius’ Brust berührte.

      »Ich glaube, du bist dir nicht darüber im Klaren, wo du dich gerade befindest.«

      Antilius schwante Übles. »Wo befinde ich mich denn?«

      »Was denkst du?«

      »Ich vermutete, durch die Zeit, in die Vergangenheit gereist zu sein. Ich bin doch durch das Zeittor gegangen. Ist das hier nicht die Stadt der Largonen im Süden von Truchten? Welchen Tag haben wir?«

      Die Antwort und die Fragen von Antilius lösten ein müdes Schmunzeln beim Riesen aus. Die anderen Largonen im Saal grunzten grimmig. Er wandte sich von ihm ab.

      »Das hier ist nicht unsere Heimat«, sagte der andere Largone mit dem nach links gebogenen Horn leise.

      »Was soll das bedeuten?«

      »Dieser Raum, ja das ganze Dorf sind nicht wirklich. Sie sind eine Illusion. Geschaffen von den Spähern. Wir haben es erst dann gemerkt, als es draußen nicht dunkel wurde. Die Sonne wanderte nicht am Himmel. Sie bewegt sich nicht. Sie steht immer an der gleichen Stelle. Wir vermuten, dass die Zeit hier still steht.

      Wir haben versucht, jenseits der Mauern unserer Festung zu gehen, aber eine unsichtbare Barriere hinderte uns daran.«

      Dann begriff


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