Dark World I. Tillmann Wagenhofer

Dark World I - Tillmann Wagenhofer


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von Skeletten im trockenen Erdboden der Ödlande finden, sind uns gänzlich unbekannt. Auch die Bäume, die Sträucher und der Grasbewuchs, welcher auf vielen, verschiedenen Malereien und erstaunlich detaillierten Bildern der Alten zu finden sind, hatten eine durchweg grüne Färbung, wie sie heute nur an wenigen Stellen der Ödlande oder in sehr gut bewässerten Gärten auftritt. Es ist unvorstellbar, wie es je genug Regen für eine solche Vielzahl an Fauna und Flora fallen konnte. Hierzu kommt, dass im Gegensatz zu heute zahlreiche Pflanzenfresser im Tierreich zu finden waren. Bestes und erstaunlichstes Beispiel ist der Ecar Equis, welcher früher unter dem Namen Pferd oder Ross bekannt war, wie die Gelehrten herausfanden. Die Erscheinungsform dieses Tieres war auch eine gänzlich andere - wobei es erlaubt sein muss, sie als weit weniger bedrohlich, vielmehr fast gar harmlos anzusehen. Ob dies den Fakten nahekommt, werden wir wohl nie erfahren.

      Ich verwahre mich an dieser Stelle ausdrücklich gegen die ketzerische Aussage, dass das Ewige Feuer, welches die sündhaften Alten verzehrte, der Auslöser für die Entstehung der Ödlande gewesen sein soll. Dies sind Lügen von unseren Feinden, welche der Kirche schaden wollen und die mit den Verdammten - diesen Kreaturen der Dunkelheit - gemeinsam gegen das Licht und das Feuer und somit gegen alles, was gut und recht ist, anstürmen.

      Nein, es waren jene finsteren Mächte selbst, die, noch ausgestattet mit Kräften der Alten, ihren Herren, jene Öde aus dem einst fruchtbaren und von der Ewigen Flamme gesegneten Lande formten.

      Es regnet selten in dieser Welt, doch wenn, dann ist die Freude unter allen rechtschaffenen, der Kirche treuen Menschen groß. So viel gutes Wasser, das eingeschlossen ist in den Eismassen der westlichen Berge, den Eispanzern weit im Norden. Hätten wir nur einen kleinen Teil dieses Wassers, wären die gewaltigen Zisternen der Städte und Kleinstädte unnötig, würden keine Krankheiten wegen verschmutztem Wasser die Menschen quälen, darüber hinaus könnten weit mehr Äcker und Wiesen für die lebenswichtigen Viehbestände geschaffen werden. Der Gedanke, was die Alten angerichtet haben, erfüllt mich jedes Mal mit Zorn. (Gedanken eines Gelehrten, Kirche des Feuers, Eternal Flame, 1067 nach dem Großen Feuer)

      Zehn Jahre später

      Maddy landete aufschreiend im Dreck, sprang aber sofort wieder auf. Das Mädchen attackierte den Jungen, der weit größer und breiter war als sie mit einer Wildheit, die dieser nicht erwartet hatte. Einige kombinierte Arten des waffenlosen Nahkampfes waren nur ein Gebiet, auf dem das Mädchen so gut war wie nur wenige in ihrem Alter - was auch die Jungen mit einbezog. Dabei konnte man nicht behaupten, dass Maddy - was die Kurzform war für den inoffiziellen Kampfnamen, den sie schon vor zwei Jahren bekommen hatte, nämlich Mad Cat - besonders groß oder für ihr Geschlecht übermäßig kräftig war. Nein, es kam aus ihrem Inneren, immer weiter und weiter zu kämpfen. Auch das Einstecken von Schmerzen beherrschte die Ordensrekrutin, als die sie ab dem zehnten Lebensjahr galt, ausgezeichnet. Was auch kein Wunder war, denn auch wenn tödliche oder auch dauerhaft schädigende Gewalt von den Ordenslehrern und Aufsehern nicht geduldet wurde, ließ man bei Rangkämpfen innerhalb der Gruppen von Ordensanwärtern - und Anwärterinnen - anfangs freie Hand. So bildete sich automatisch eine Hierarchie, aus der man die Anführer der Gruppen wählen konnte.

      Natürlich blieben die Geschlechter - außer für Übungskämpfe - streng getrennt. Ein solcher Trainingskampf war es, bei dem Maddy, voller Staub und mit dröhnendem Kopf, in einem der Übungsringe eben wieder auf die Füße kam. Gerade hatte sie ein Tritt gegen die Seite niedergeworfen, doch rechnete der scheinbar überlegene Junge nicht mit der Entschlossenheit seiner Gegnerin. Mit einem wütenden Aufschrei griff sie wieder an, tauchte unter einem wuchtigen Schlag weg, hämmerte das rechte Schienbein gegen die Beine des körperlich überlegenen Gegners. Der ging zu Boden, fing sich aber mit den Armen ab. Maddy sprang ihm jedoch mit einem Ellenbogen sofort direkt gegen den Kopf, woraufhin Blut aus der gebrochenen Nase schoss. Der Junge indes war ebenfalls hart im Nehmen: Sein Fuß schnellte hoch, traf die wieder aufstehende Kontrahentin am Bauch, was Maddy sofort aufkeuchend rückwärts taumeln ließ. Trotz des Blutes aus seiner Nase kam der Junge wieder hoch.

      Nach Luft ringend war das Mädchen noch nicht wieder kampfbereit, als der erste Handballenschlag sie auf der Brust traf. Maddy brachte die Arme hoch, während sie die Zähne zusammenbiss, um dem Schmerz zu begegnen. Sie blockte zwei, drei Hiebe, hieb ihrem Gegner einen Lowkick...gegen das hochgebrachte Knie, als eine herrische Stimme erklang. "HALT!" Mitten in der Bewegung stoppten beide Kämpfende und starrten einander an. Der Aufseher, ein finsterer, vollbärtiger Riese, der den Namen Ivan trug, seines Zeichens Ordens-Ausbilder, trat in den Übungsring. Nie sah man dem Mann mit der grollenden Stimme irgendwelche Emotionen an - egal, ob er mit Rekruten, mit Rittern oder mit dem Ordensmeister Lyons sprach. "Giant...Maddy...!" Er war auch einer der wenigen, der die innerhalb der Gruppen gängigen Kampfnamen übernommen hatte anstatt jener, die der Personalverwalter allen Waisen zuteilte. Maddy stand in den Ordensbüchern als Andrea, Giant - der so wegen seiner Größe genannt wurde - war als Marcus verzeichnet.

      "Ein Kampf, der mit der nötigen Härte, dem Willen und der Entschlossenheit geführt wurde, die ich erwarte", grollte Ivan gleichmütig. "Als Frau wirst du des Öfteren kräftigeren Feinden begegnen, Mädchen. Es ist keine Schande, wenn man als weibliche Kriegerin alle notwendigen Tricks anwendet. Dazu gehört auch das Vortäuschen von Schwäche, von Angst..., wenn du älter bist, auch noch andere Tricks." Deshalb war Maddy eine der wenigen, die Ivan nicht unsympathisch fand - er hielt nicht viel von Standesdünkel, von großer Ehre und Ähnlichem in einem Kampf auf Leben und Tod. Für ihn als Veteranen musste man gewinnen - nur das zählte, und nur das brachte er den Rekruten, Mädchen wie Jungen bei.

      Dass er damit schon einige Male ernsthafte Rügen seitens der Ordensführung hatte einstecken müssen, war ihm - unübersehbar - ziemlich egal. "Giant, du hast trotz deiner Nase weitergekämpft, hast nicht gezögert. Glaub' mir, auch Frauen können gefährlich sein, das trifft nicht nur auf Maddy zu. Es gibt bei den Tribes keine ausgebildeten Kriegerinnen, aber wenn man sie überrascht, so dass nur sie zwischen uns und ihren Kindern stehen, dann verwandeln sich auch diese Frauen in zu allem, wirklich allem entschlossene Gegnerinnen. Sie sind bereit, zu sterben, wenn es sein muss - nehmen dich aber mit in den Tod. Unterschätze daher nie einen kleineren Gegner oder eine Frau. Mach' es so, wie gerade, dann wirst du überleben." Plötzlich nickte der Riese. "Säubern, beim Heiler versorgen lassen. In zwei Stunden will ich euch beim Schwertkampf sehen." Damit ging er davon. Maddy wartete, bis er sich anderen Rekruten zuwandte. Erst dann besah sie sich Giants Nase. "Wollte ich nicht, Gi'...tut mir leid", meinte sie, konnte angesichts der etwas schiefen Nase aber nicht anders als zu Grinsen. Der Junge fand das logischerweise nicht sehr komisch. "Das war nur ein Übungskampf, Maddy. Wieso musst du immer mit dem Kopf durch die Wand?" Das Mädchen wirkte nun zerknirscht. "Ich sagte doch, dass es mir leidtut. Es ist nur..., wenn ich kämpfe, geht es einfach mit mir durch hin und wieder." Giant sah sie seltsam an. "Du magst es, zu kämpfen", stellte er sachlich fest, woraufhin das schwarzhaarige Mädchen ihn erschrocken anstarrte. "Ich bin keine Berserkerin...du darfst so etwas nicht sagen, Gi'. Nur die Berserker wüten, ohne nachzudenken, sie werden von der Finsternis geleitet…von allem was schlecht ist. Nein, es ist...ich fühle mich einfach so lebendig, wenn ich kämpfe. Es...ist schwer zu erklären. Denkst du, ich habe...etwas Dunkles in mir?" Da musste der Junge, obgleich er es sofort bereute, da seine Nase schmerzte, lachen. "Wohl kaum. Die mutige, wilde Maddy...hat Angst, sie könnte eine Ausgeburt der Alten, der Dunkelheit, sein. Vor nichts empfindest du Furcht. Nur davor, was ich sage." "Blödmann", schimpfte das Mädchen in einem blitzartigen Stimmungsumschwung. "Du weißt, wie sehr Tom Kent mich hasst. Er hat schon Gerüchte über mich verbreitet, allerlei Zeug, das aber gefährlich wäre, würde es die Inquisition mitbekommen", sagte sie leise, während sie auf dem Weg zum Heiler waren. Giant rümpfte, wenn auch vorsichtig, die Nase. "Tom Kent ist ein Drecksack. Zwei Jahre älter als du, aber seit du ihm den Arsch versohlt hast, tut er, als hätte er eine persönliche Vendetta mit dir zu klären. Dieser verzogene Adelsspross kann nur eine dicke Lippe riskieren, weil er dem Clan der Autumns entstammt - der älteste Sohn des hiesigen Fürsten ist. Blöde Edelleute, mit ihrem Dünkel vergiften sie alles", stieß Giant immer wütender heraus. Da sie einen solchen Gefühlsausbruch von ihm nicht gewohnt war, glotzte Maddy ihn staunend an, aber dann lächelte sie. "Da hast du Recht. Auch, wenn ich zugebe, dass ich nicht bereue, ihm eine...oh, verzeih’…blutige Nase verpasst zu haben. Bei dir bereue ich es", fügte sie rasch hinzu, als


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