GLOVICO. Ekkehard Wolf

GLOVICO - Ekkehard Wolf


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geantwortet, „warum nicht?“

      „Nun ja, wir betreiben das Restaurant im Haus dahinter,“ hatte Rogge geunkt, dabei mit der Hand auf das Gebäude des Generalstabes gedeutet und abschließend hinzugefügt: „Ich hoffe, du kannst diese Information ausnahmsweise einmal für dich behalten.“

      Auf die Rückfrage nach dem warum hatte er zur Antwort erhalten: „Stell’ dir vor, das fliegt auf, dann übernimmt Euer Geheimdienst das Lokal. Und den Fraß, den ihr dann vorgesetzt bekommt, den wirst du deinen lieben Kameraden doch wohl nicht zumuten wollen.“

      Nikolaj erinnerte sich, den Deutschen, der ihm damals als Mitglied einer offiziellen Delegation des Landeskriminalamtes aus Düsseldorf zur besonderen Betreuung zugewiesen worden war, einen Augenblick lang ungerührt angesehen und dann ebenso gehässig erwidert zu haben: „Vielleicht hast du recht, aber vielleicht auch nicht. Wenn ich so zurückdenke, ist es eigentlich noch gar nicht so lange her, dass ihr euch eingebildet habt, hier im Lande alle Suppenküchen übernehmen zu können. Und im Vergleich zu dem Fraß, den ihr euch so für uns vorgestellt hattet, ist jede russische Gulaschkanone ein Luxusrestaurant.“

      Günther Rogge hatte wohl gespürt, dass diese Bemerkung nicht wirklich als Witz zu verstehen war und deshalb vorsorglich darauf verzichtet noch einen drauf zu setzen.

      Aber das war lange her.

      Den General, der seit der damaligen Begegnung eine Blitzkarriere von Oberstleutnant in besonderer Verwendung im Generalstab des Heeres der sowjetischen Streitkräfte zum Generalmajor im Dienste der HUR der Ukraine gemacht hatte quälten inzwischen andere Probleme.

      Er griff zum Telephonhörer und ließ sich mit Polizeimajor Swetlana Viktorewna Hartschenko in Murmansk verbinden.

      Die versuchte Festnahme der vier Leute

      Die versuchte Festnahme der vier Leute, die sich im Raum Lonstrup einfinden sollten, hatte sich im weiteren Verlauf des Abends für den Leiter der Polizeiinspektion Hjörring erwartungsgemäß zu einem völligen Desaster entwickelt.

      Wie Larsson befürchtet hatte, war es nicht gelungen, den Aufenthaltsort der Gesuchten eindeutig zu lokalisieren.

      „Die haben sich in Luft aufgelöst,“ stellte der Polizeichef lakonisch fest, während sein Blick auf die Wandkarte des Einsatzbesprechungsraumes gerichtet war.

      „Machen Sie sich bitte keine Sorgen, die werden schon wieder auftauchen!“

      Verdutzt richtete der Dienststellenleiter seinen Blick auf die Stimme, die ihn mit dieser frohen Botschaft im besten dänisch unaufgefordert unterbrochen hatte.

      „Viola Ekström, NSA,“ stellte sich ihm die Rothaarige nunmehr selbst mit einem Lächeln vor, das unter anderen Umständen mehr als eindeutig gewesen wäre.

      „Unter dem Strich wissen wir doch immerhin, dass vermutlich sechs bis acht Zielpersonen, vermutlich ukrainischer Nationalität mit vermutlich polnischen Pässen unterwegs sind, von denen immerhin bekannt ist, dass sie Autos benutzen, die vermutlich ausländische, im Zweifel deutsche Kennzeichen tragen. Wir kennen die Namen und die Herkunft der Männer....“

      Der Dienststellenleiter unterbrach sie abrupt.

      „Sehr witzig!“

      Larsson war sich nicht sicher war, ob dieser Hinweis ironisch gemeint war oder tatsächlich dazu beitragen sollte, die gereizte Stimmung aufzufangen.

      Viola Ekström spürte die Verärgerung des erfahrenen Polizisten und versuchte die Panne in ihrer Bedeutung abzumildern.

      „Damit wird eine spätere Identifizierung doch wohl deutlich erleichtert und kann möglicherweise schon anhand der Fahrzeuge selbst erfolgen.“ Doch die Reaktion des Dienststellenleiters zeigte ihr, dass auch dieser Hinweis von ihm als nicht wirklich zielführend verstanden wurde.

      „Allenfalls kann die Vorliebe dieses Täterkreises für Nobelmarken als Anhaltspunkt herangezogen werden,“ erwiderte Larsson.

      „Aber an denen hat es ja auch unter den deutschen Touristen keinen Mangel.“

      Der Leiter der dänischen Polizeiinspektion konnte nicht umhin, auf die Einschätzung der Amerikanerin mit einem gewissen Sarkasmus zu reagieren. Zugleich fand er diese Aussichten nicht gerade berauschend, behielt seine Meinung aber für sich.

      Er ärgerte sich zugleich erneut darüber, dass die junge Frau, die so unaufgefordert das Wort ergriffen hatte, der Runde nicht offiziell vorgestellt worden war. Auch das behielt er für sich.

      „Verdammt jung für einen solchen Job,“ murmelte der Uniformierte statt dessen vor sich hin. Zugleich wunderte er sich ein wenig über das Fehlen des typischen Akzentes, der Amerikaner ansonsten auszeichnete. Er vergaß seinen Ärger, als kurz darauf eine Meldung bei der Einsatzzentrale auflief, die immerhin als Teilerfolg gewertet werden konnte.

      Ein Gebäude an der Küste bei Skallerup Klit war als vermeintlicher Treffpunkt der Gesuchten ausgemacht worden. Aber auch diese Entdeckung hatte die Fahndung nicht wirklich voran gebracht. Das Haus war zwar mit einem beträchtlichen technischen Aufwand gegen ungebetene Gäste aufgerüstet gewesen – aber leer.

      Nicht auszuschließen war auch, dass mit eben diesem technischen Aufwand das Herannahen der Einsatzkräfte so frühzeitig erkannt worden war, dass sich die im Haus Versammelten in aller Ruhe hatten aus dem Staub machen können.

      Noch in der Nacht wurden auf hoher See kurz nacheinander zwei verlassene Schlauchboote der Marke „Metzler“ von Frachtern gesichtet und aufgefischt. Insassen: Fehlanzeige.

      „Das deutet doch wohl darauf hin, dass die entweder abgesoffen sind oder uns eine saftige Nase gedreht haben.“ Die Rothaarige vom US-Dienst kommentierte diese Meldung gegen Ende der Abschlussbesprechung ihrerseits nunmehr bewusst sarkastisch. Dabei verzichtete sie nicht einmal ansatzweise auf ihr aufreizendes Lächeln und nahm in Kauf, dass ihr Larsson einen ganz und gar nicht freundlichen Blick zuwarf.

      „Auf wessen Seite stehen Sie eigentlich?“ Die Frage hatte Larsson zwar auf der Zunge gelegen.

      Er verkniff sie sich angesichts der andauernden Anwesenheit der Kollegen aus Kopenhagen, nahm sich aber vor, der Sache einmal auf den Grund zu gehen.

      „Eine typische Amerikanerin eben,“ versuchte er sich vorläufig einzureden. Damit war für ihn vorläufig zumindest schon einmal die Frage entschieden, für wen die Rothaarige Frau arbeitete.

      „Na also, es geht doch.“ Selbstzufrieden lehnte sich die junge Amerikanerin an jenem Abend kurz nach Ende der spätabendlichen Dienstbesprechung in ihrem Hotelzimmer in Hjörring zurück und schob sich die Brille zurecht.

      Sie war weder kurz- noch weitsichtig, fand aber, dass ihr eine Brille einen eindeutig intellektuelleren Touch verlieh. Sie fand, dass ihr das stand und fand auch, dass sie so jünger aussah.

      Seit ihrer Einstellung durch die US-Regierung hatte sie die Gelegenheit erhalten, die halbe Welt in dienstlichem Auftrag zu bereisen. Zeit für den Aufbau einer festen Beziehung war dabei allerdings nicht geblieben. Den Gedanken an die Gründung einer eigenen Familie hatte sie weit von sich geschoben. Diese Ungebundenheit machte sie für ihren Brötchengeber zusätzlich attraktiv. Es fiel ihr schwer sich einzugestehen, dass sie unter der sich daraus ergebenden Einsamkeit litt. Sie hatte dieses Gefühl immer verdrängt, aber seit sie auf die 30 zuging, spürte sie ganz deutlich, dass die Zeit begann weg zu laufen. Sie musste sich entscheiden, wusste aber nicht was ihr wichtiger war. In den ersten Jahren hatte sie sich eingeredet, dass sie aufgrund ihrer besonderen Qualifikation mit Aufgaben betraut wurde, die es unmöglich machten, für längere Zeit an einem Ort zu bleiben.

      Zum Ausgleich war sie Männerbekanntschaften außerdienstlich nicht aus dem Weg gegangen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass das auffallen könnte und war deshalb nicht schlecht überrascht, als sie eines Tages offiziell dazu ermahnt wurde, auf „Sicherheit“ zu achten. Seither war sie sorgfältiger darauf bedacht, dass ihre Eskapaden nicht ruchbar wurden. Sie hatte


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