GLOVICO. Ekkehard Wolf

GLOVICO - Ekkehard Wolf


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eine der alten Serien aus US-Produktion, die in Europa anscheinend immer mit einer mehrjährigen Verzögerung auftauchten.

      Viola ließ den Film laufen, da er in der Originalsprache gesendet wurde und lediglich mit Untertiteln auf norwegisch unterlegt war. Sie bemerkte erst am Ende des Films, dass es inzwischen bereits kurz vor acht war.

      „Merkwürdig,“ dachte sie bei sich, „das passt doch eigentlich gar nicht zu ihr.“ Sie überlegte kurz, ob sie versuchen sollte, die Mobilnummer ihrer Freundin anzuwählen, entschied sich aber dann doch dagegen. „Wozu ein Risiko eingehen?“ Die blöde Panne ihres Vorgesetzten vor zwei Jahren, dessen Aufenthaltsort hatte geortet werden können, weil er vergessen hatte, sein Handy abzuschalten, steckte ihr noch immer in den Knochen. Seine Eltern hatten sich damals an die Telephongesellschaft mit der Bitte gewandt, ihn ausfindig zu machen, da seine Frau in einen schweren Autounfall verwickelt worden war. Der gesamte Auftrag hatte damals auf der Kippe gestanden, da die Eltern ihres Vorgesetzten versucht hatten, ihn über die örtliche Polizei ausfindig zu machen.

      Die Zeit verging, aber „Rosi“ kam nicht.

      Kurz vor halb neun hörte Viola ein Fahrzeug auf der Zufahrt zum Ferienhausgelände und ging sofort nach draußen.

      Der Wagen war kurz vor ihrem Haus nach rechts weggebogen. Es handelte sich um einen dunklen Audi A6. Die genaue Farbe vermochte sie in der Dämmerung nicht zu erkennen. „Eine Polin,“ registrierte sie automatisch für sich, als sie das Nummernschild erblickte. Der Wagen hielt an einem der hinteren Häuser. Zwei junge Männer und eine Frau stiegen aus. „Merkwürdig, wieso zwei Männer?“ Als sie das Auto hatte einbiegen sehen, hatte sie sich zunächst darauf eingestellt, dass Ruth in dem Wagen sitzen könnte. Unwillkürlich spürte sie jetzt, wie jenes ungute Gefühl in ihr aufstieg, das sie in der Vergangenheit immer dann befallen hatte, wenn sich irgendetwas völlig anders zu entwickeln begann, als sie es geplant hatte.

      „Besser, du verziehst dich hier jetzt erst einmal,“ hörte die junge Frau ihre innere Stimme sagen. Zurück im Haus hatte sie mit wenigen Handgriffen ihre Sachen aus dem Bad genommen und in die Reisetasche gesteckt. Als sie erneut die Tür öffnete um zu dem VW-Bus zu gehen, hörte sie die Stimmen der beiden Männer. Die Autotüren wurden zugeschlagen. Danach die Haustür. Dann herrschte Stille. Viola wartete eine lange Minute lang ab, lauschte, hörte nichts als das Rauschen des nahegelegenen Wasserfalls und das Geräusch vorbeifahrender Autos.

      „Mach’ dich nicht verrückt,“ dachte sie bei sich, „jetzt irgendwo da draußen zu warten macht doch keinen Sinn.“ Doch die Vorsicht überwog schließlich. Ohne die Tür zu schließen überquerte sie mit wenigen Schritten die Zufahrt, erreichte den kleinen Trampelpfad, der in das Wäldchen führte und verschwand dort.

      Bereits nach wenigen Metern machte sie Halt, wartete und lauschte in die Nacht. „Ok, dann lassen wir uns einmal überraschen.“ Vorsichtig stellte sie ihre Reisetasche ab und ließ sich darauf nieder. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet ihr, dass es mittlerweile bereits kurz nach neun geworden war. „Ein Scheißspiel ist das,“ ärgerte sich die Rothaarige. „Rosi, wo steckst du nur?“

      Die Minuten verstrichen. Von den Polen war nicht viel zu hören. Lediglich ein kurzes helles Lachen drang einmal zu der Wartenden herüber, dann noch ein etwas ausgedehnterer Quiekton, wie er weiblichen Wesen zueigen ist, wenn sie beispielsweise gekitzelt werden. Danach wieder Stille.

      „Ich kann mir denken, was die da drüben treiben,“ dachte sich die junge Frau. Unwillkürlich fielen ihr dabei die beiden Typen wieder ein, die in der vergangenen Nacht versucht hatten, sich an sie heran zu machen. Die Uhr zeigte kurz nach 10 an. Der Himmel war sternenklar und in diesem Breiten bereits im Spätsommer empfindlich kühl. „Nur gut, dass ich mir diese Jacke noch zugelegt habe.“

      Die junge Frau merkte, wie ihre Gedanken abglitten. Hin zu jener Frau, deren Nichterscheinen sie zunehmend zu beunruhigen begann.

      Erstmals waren sich beide in Feldafing am Starnberger See im Rahmen eines informellen Treffens verschiedener Nachrichtendienste begegnet. Das Koordinationstreffen diente hauptsächlich der Abstimmung der Vorgehensweise und der Wege des Informationsaustausches zwischen den befreundeten Diensten in Fällen, in denen eine Seite den Verdacht auf Internetstraftaten hatte, die von einem Drittland aus gesteuert wurden. Das war gerade einmal fünf Jahre her. Allzu viel verstanden die Teilnehmer seinerzeit nicht von der Materie. Rose war damals so alt gewesen, wie Viola heute – neunundzwanzig. Sie selbst hatte dort ihren 25’sten Geburtstag verlebt. Eigentlich hieß sie ja Ruth, aber Viola hatte sie ganz einfach umgetauft, weil sie fand, dass dieser Name viel besser zu ihr passte. Ihre Dienststelle hatte die noch unerfahrene Mitarbeiterin gemeinsam mit neun männlichen Kollegen dort angemeldet, weil sie die Atmosphäre derartiger Veranstaltungen kennen lernen sollte. Große inhaltliche Erwartungen hegte von amerikanischer Seite seinerzeit niemand. Das Treffen war auf Wunsch der Deutschen zustande gekommen. „Rose“ hatte an der Tagung als Vertreterin des 1991 gegründeten Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik teilgenommen. Es gehörte zum Konzept der Veranstalter, dass sich die Teilnehmer aus den verschiedenen Ländern auch persönlich besser kennen lernen sollten.

      Die Unterbringung erfolgte daher gemischtnational. „Rose“ war Viola bereits bei der Vorstellungsrunde aufgefallen. Die Deutsche hatte nicht ganz ihre Größe, war schlank, dunkelblond, und litt offenkundig nicht an einem Mangel an Selbstvertrauen.

      „Ach ja, und falls das noch jemand nicht bemerkt haben sollte, ich bin eine Frau,“ hatte sie zum Abschluss ihrer Vorstellung mit eisigem Blick in die von Männern dominierte Runde geworfen. Viola selbst war fast Einmeterfünfundsiebzig groß, von Natur aus ebenfalls blond und hatte das, was man eine sportliche Figur nennt. Dass ihr in der Schule und ebenso auf dem College aufgrund ihres Aussehens nicht selten der nicht als Anerkennung gemeinte Spitzname ‚die Deutsche’ angehängt wurde, hatte ihr keineswegs geschmeichelt. Die Rotfärbung ihrer Haare war bereits als Jugendliche in gewisser Weise ihre kleine Trotzreaktion gewesen. In Feldafing hatte sich Viola das Zweibettzimmer mit Rose geteilt. Im Verlauf der vierzehntägigen Begegnung, waren sich beide schnell näher gekommen und das nicht nur mental. Für Viola war es eine völlig neue Erfahrung gewesen, mit einer Frau zusammen zu sein. Gleichgeschlechtlichen Sex zu haben, war für sie bis dahin unvorstellbar gewesen. Auch danach war sie nie der Versuchung erlegen, sich mit einer anderen Frau einzulassen. Mit Rose dagegen war das etwas anderes gewesen. Noch immer lief ihr ein kleiner Schauer über den Rücken, wenn sie sich an deren erste intensive Berührung erinnerte. Sie hatte es einfach nicht halten können und hätte ihre Lust fast laut hinaus geschrieen.

      Zum Glück war Rose so geistesgegenwärtig gewesen, ihr die andere Hand vor den Mund zu halten. Sie hatten sich nicht nur in dieser ersten Nacht noch mehrfach geliebt und Viola würde die unglaublich intensiven Orgasmen nie vergessen, die sie mit dieser Frau erlebt hatte. Ihr selbst verschaffte es damals zudem eine unbeschreibliche Genugtuung zu erleben, wie ihre Freundin sich durch ihre Berührungen von Höhepunkt zu Höhepunkt treiben ließ. Zum Abschluss der Tagung hatte die Ältere sie gewohnt zärtlich und irgendwie auch wieder ungewohnt energisch in den Arm genommen und ihr sanft und zugleich bestimmt ins Ohr geflüstert: „Das bleibt natürlich unser süßes kleines Geheimnis, Liebes.“

      Wir haben Begleitung

      Wir haben Begleitung,“ hatte Tolja wenige Stunden zuvor seiner Begleiterin in Norwegen ohne großes Aufheben mitgeteilt und mit dieser Bemerkung seine Mitfahrerin abrupt aus ihren Betrachtungen gerissen.

      „Das gefällt mir gar nicht,“ antwortete die Frau erwartungsgemäß.

      „Gut, dann werden wir uns von denen mal verabschieden,“ entgegnete ihr Fahrer. In Bergen hatten sie direkt nach ihrer Ankunft einen kurzen Blick in die Altstadt geworfen. Anschließend waren sie in Richtung Eidfjord gefahren. Die beiden BMW im Schlepptau. Einem weniger geübten Beobachter als Tolja wäre das kaum aufgefallen. In Norheimsund fuhren sie zum Fähranleger. Als sie eingewiesen wurden, wollte der Rover nicht anspringen. Tolja winkte die anderen wartenden Fahrzeuge vor und machte sich sodann im Motorraum des schweren Fahrzeugs zu schaffen. Die beiden BMW mussten, - so die Rechnung- um nicht


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