Game over. Elmer Eleonor Krogomo

Game over - Elmer Eleonor Krogomo


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ganz und gar eigenhändig aufzulösen. Durch Ihre kleine Bombe macht man nun nicht Greenfight, sondern die Faschisten von der NSI dafür verantwortlich, was neue Schwierigkeiten heraufbeschwören wird. Sie haben gegen den Plan gearbeitet.«

      Schnippisch fragte Uslar: »Und nun? Werde ich jetzt gefeuert? Ich habe es verdient, ja, geben Sie mir die Papiere. Ich ziehe auch ganz sicher nicht vor ein Arbeitsgericht, sofern sich überhaupt noch eines auftreiben ließe.«

      Der Chef lachte. Johimbe begrub aufstöhnend das Gesicht hinter den Händen.

      »Entzückender Versuch. Nein, mein Lieber, Sie werden nicht gefeuert. Niemals. Statt dessen erhöht sich die Zahl der bis zu Ihrer Demission noch zu erledigenden Aufgaben.«

      »Also immer noch Todesstrafe.«

      Der Chef nahm den hingespuckten Satz mit einem glucksenden Lachen entgegen.

      »Drusus, ich freue mich immer, mit Ihnen zu reden. Ihre Art, haarscharf an den Realitäten vorbei zu argumentieren, ist wirklich erstaunlich. Ob Ihre Tätigkeit beim T73 mit Ihrem Tod endet, liegt doch allein bei Ihnen. Außerdem geht mir bei solchen Äußerungen regelmäßig das Ergebnis Ihrer psychologischen Einstellungsuntersuchung durch den Kopf. Sie wollen sich also wirklich darüber beschweren, dass Sie zu Tode kommen könnten?«

      Uslar wehrte mit einer abfälligen Handbewegung ab, hakte die Handflächen unter die Achseln, ließ die herausschauenden Daumen nervös kreisen und verfiel in trotziges Schweigen. Johimbe wollte nun endlich auf den Punkt kommen.

      »Also Chef, eigentlich sind wir ja hier, um den neuen Auftrag zu besprechen. Was liegt diesmal wieder an?«

      Der Chef lehnte sich lässig zurück, kratzte sich nachlässig am Kopf und gab sinnierend seine Einschätzung kund: »Das Problem in diesem Staat ist, dass die Schwulen an der Macht sind. Darin liegt eine enorme Erschwernis begründet.«

      Johimbe hob die Augenbrauen. So einen Spruch hätte sie von diesem Mann nicht erwartet. Er schien bislang immer wertfrei über den Dingen zu stehen.

      »Oh, seit wann hegen Sie Vorurteile gegen Schwule? Das kenne ich noch nicht an Ihnen?«

      Der Chef beantwortete ihre stichelnde Frage mit einem tadelnden Gesichtsausdruck, mit dem er kundtat, mehr Intelligenz von ihr erwartet zu haben. Uslar wechselte die Pose, verschränkte die dünnen Arme vor seinem Trommelbauch und hörte mäßig interessiert zu.

      »Es geht nicht primär darum, dass es sich um Schwule handelt. Das ist nur ein Beispiel, wenn auch ein passendes. Es macht mich regelmäßig nicht glücklich, wenn ich sehe, wie diese Gesellschaft zusehends in Interessengruppen zerfällt. Interessengruppen, die, sobald sie an eine Form von Macht gelangen, dazu neigen, andere Gruppierungen von dieser Macht abzuschneiden. Nebenbei erwachsen hierdurch ganz erhebliche Probleme. Um in meinem Beispiel zu bleiben: In der Politik haben Schwule tatsächlich weite Teile der ehemals demokratischen Parteien unter Kontrolle gebracht.

      Abgesehen von dem Umstand, dass es wenig Sinn macht, ein freundliches Klima für Homosexuelle zu schaffen, wenn das Klima durch andere Entwicklungen gleichzeitig höchst unangenehm wird, bedeutet es auch, dass es nunmehr für einen heterosexuellen Familienvater fast unmöglich ist, eine gut bezahlte Position in den Behörden zu ergattern. Auf diesem Wege wird mit dieser Entwicklung langfristig das Rentenproblem verschärft, aktuell steigt die Anzahl der hungernden Kinder, und schon haben wir einen äußerst ernsten Konflikt zwischen Heteros und Homos.

      Die in dieser Weise gegeneinander arbeitenden Interessengruppen sind in den letzten Jahren nicht nur zahlreicher geworden, sie haben sich auch verstärkt gegenseitig abgegrenzt. Und nun beginnen sie mehr und mehr, sich auf Kosten anderer zu bereichern.«

      »Aha«, sagte Johimbe, die keine Ahnung hatte, worauf der Chef hinaus wollte. Ihr war das zu weit weg von der Realität. In der Realität bekämpften sich zahlreiche Interessengruppen buchstäblich bis aufs Messer. Die Zeit der profanen Intrigen war definitiv vorbei. Und die Homosexuellen galten aktuell ganz sicher nicht als Hauptproblem.

      »Ich bitte Sie, Selina. Ihnen macht doch Ihre tägliche Arbeit deutlich, dass jede Schweinerei in dieser Art Geheimbündelei begründet liegt. Jedenfalls werden die Grüppchen immer zahlreicher, hierdurch auch immer kleiner, aber teilweise auch immer mächtiger.«

      Uslar ermüdete langsam. Er konnte und wollte anderen Menschen nicht übermäßig lange zuhören. Einzelgänger wie Uslar hassten Diskussionen. Um die Dinge auf den Punkt zu bringen, brummte er mürrisch: »Welche Interessengruppe sollen wir also auslöschen?«

      Der Chef vollführte mit dem Zeigefinger eine tadelnde Bewegung.

      »Drusus, Ihre Talente in allen Ehren, aber Sie schießen über das Ziel hinaus. Ich stimme Sie lediglich auf das Thema ein. Der Auftrag wird nicht ganz so simpel sein, wie Sie vielleicht annehmen.«

      Uslar rollte mit den Augen und sackte ergeben in seinen Stuhl hinein. Es hasste auch Ansprachen, noch mehr allerdings hasste er Aufträge, die nicht ganz so simpel zu werden versprachen, wie er es sich vorstellte. Der Chef fuhr derweil ungerührt mit seinen Ausführungen fort.

      »Bei Ihrem neuen Auftrag geht es um eine dieser kleinen, mächtigen Gruppierungen. Genau genommen handelt es sich um die zweitmächtigste Gruppierung des Planeten: die Börsenmakler.«

      Uslar brummte etwas von »Endlich sind die auch mal dran«, Johimbe aber wurde hellwach, beugte sich vor und meinte höchst interessiert: »Wieso das? Die Broker kennen doch keine Verwandten und keine Freunde. Allein der Profit zählt. Deshalb dachte ich immer, diese Burschen machen bei Komplotten und Verschwörungen mit anderen Gruppen nicht mit.«

      Der Chef kicherte.

      »Selina, Sie liegen ein klein wenig neben den Realitäten. Der Börsen-Makler an sich ist gezeichnet von Gier und Eiseskälte, und wie selbstverständlich steht er niemals abseits, wenn es gilt, dem einen Geld aus der Tasche zu ziehen, von dem er auf dem Weg zu anderen ein gutes Stück für sich abzweigen kann. Die einzelnen Broker-Firmen beteiligen sich also im Gegenteil an jeder Verschwörung. Allerdings nie zwei Mal hintereinander für denselben Auftraggeber. Da die Firmen untereinander heftig konkurrieren, und oftmals entgegengesetzte Komplotte betreiben, neutralisieren sie sich in der Regel gegenseitig. Außerdem kümmern sie sich nicht übermäßig um Politik.«

      Johimbe kaute auf der Unterlippe, während sich ihr Chef mit frischem Espresso die Lippen befeuchtete.

      »Und das ist nun anders?«

      »Unsere Analytiker sind dieser Meinung, in der Tat. In diesem Zusammenhang: Welcher Konzern ist in den letzten Jahren am stärksten gewachsen?«

      Uslar antwortete am schnellsten. Er hatte genug von Andeutungen und wollte endlich Fakten sehen.

      »KroGiTec. Vor fünfzehn Jahren war Kromajong eine kleine Firma für Bio-Chips. Dann haben Sie in der Gitow Corporation einen Geldgeber gefunden und die halbe Autoindustrie gekauft. Seitdem kennt man KroGiTec als aggressive Dampframme, die alles aufkauft, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.«

      »Richtig, Drusus«, warf der Chef ein, »aber unvollständig. KroGiTec verfügt über das Weltmonopol bei der Bio-Voltaik-Technologie, die mit ihrem extremen Wirkungsgrad alles andere bei Weitem übertrifft. Mit ihren Elektrolyse-Kombinaten in der Steppe Russlands stellt der Konzern aus dem Solar-Strom mehr als vierzig Prozent des Treibstoffs für die neue Generation der Wasserstoff-Automobile her. Da traf es sich gut, auch ein paar Auto-Fabriken zu übernehmen, just am Vorabend wichtiger Entscheidungen, mit denen der Bedarf nach diesen Fahrzeugen ins Gigantische wuchs. Heute ist KroGiTec unendlich reich.«

      »Ja. Und? Märchenhafter Reichtum allein ist nicht strafbar.«

      »Nein, Drusus, leider nicht. Gelegentlich ruft hingegen die Art und Weise der Erlangung eines solchen Reichtums Leute wie Sie auf den Plan.«

      »Dürfte ich dann endlich erfahren, um was für eine Art Abschaum es sich handelt?«

      »Natürlich, Drusus. Sie wissen doch, dass ich Sie gerne etwas quäle? Also, zu den Fakten. Der Eigentümer und Chef von Kromajong und dann von KroGiTec ist Harry S. Sohns. Von Haus aus ist er Börsenmakler. Das


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