Verlorene Fassung. Ute Dombrowski
„Aber? Höre ich da ein kleines Glitzern in deiner Stimme?“
„Ist das so offensichtlich? Der Typ bringt mich ständig aus dem Konzept, bei ihm weiß ich nie, wie etwas gemeint ist. Verstehst du, was ich meine?“
„Ja, es ist kompliziert und du musst immerzu an ihn denken.“
Lia hatte es auf den Punkt gebracht. Susanne berichtete von ihrem Zusammentreffen im Supermarkt.
„Er lässt niemanden an sich ran, ich denke, nur Ferdinand weiß, wie er tickt. Bianca, seine Ex und meine Vorgängerin, ist immer noch präsent. Es ist schon im Job schwierig, sie auszublenden. Da kann ich das privat nicht auch noch. Es würde keinen Sinn machen und nur wehtun. Und das will ich nun wirklich nicht.“
„Dann gehst du ihm besser aus dem Weg. Habt ihr viel zu tun im Moment?“
„Wir haben einen Toten in den Weinbergen gefunden, aber wir wissen noch gar nichts, außer dass der Mann ein mieser Typ war. Er hinterlässt Frau und drei Kinder und holte sich den Spaß woanders. Wenn er nicht schon tot wäre, würde ich ihn verprügeln. Aber das mache ich ja nicht mehr.“
„Du musst trotzdem den Mörder jagen und verhaften. Manchmal denkt man, dass so jemand eher einen Orden verdient hat.“
„Ja, da hast du recht. Aber jetzt haben wir die ganze Zeit über mich geredet! Wie geht es dir denn? Ich nehme dich mit in die Küche und gieße mir ein Glas Wein ein.“
Sie redeten noch eine knappe Stunde, bis sich Susannes Laune stark verbessert hatte. Lia war eine tolle Freundin, klug und warmherzig, nur zu weit weg in Italien. Aber vielleicht würde sie im Sommer Urlaub in Eltville machen. Zufrieden ging Susanne ins Bett und schlief bald ein. Der Wein hatte ihr eine angenehme Bettschwere beschert.
Kurz nach Mitternacht klingelte ihr Telefon erneut. Sie sah Phillips Nummer und drückte den Anruf weg. Was dachte sich der Kerl? Dass sie den Tag über schlief und nachts auf seine Anrufe wartete? Nein, sie musste ihm bald sagen, dass er auf gar nichts zu hoffen brauchte. Susanne dagegen hoffte, dass er das auch verstehen würde.
Jetzt konnte sie nicht mehr einschlafen, wälzte sich hin und her und verfluchte Phillip. Sie verfluchte auch Eric, der sich jetzt in ihre Gedanken schlich. Sie spürte seine Lippen und ärgerte sich im nächsten Augenblick darüber, dass sie den Kuss nicht einfach ausblenden konnte, so wie er es tat. Sie raffte ihr Kopfkissen zusammen und streckte sich.
„Raus aus meinem Kopf!“, sagte sie laut in die Dunkelheit.
Nach einer weiteren wachen halben Stunde fielen ihr endlich die Augen zu.
7
Am nächsten Morgen saß Susanne bereits am Schreibtisch, als Ferdinand und Eric hereinkamen. Sie tat so, als wäre sie am Computer beschäftigt.
„Guten Morgen, wie sieht es denn in unserem Fall aus? Ich habe den Staatsanwalt gleich mitgebracht, er wollte auch wissen, was heute anliegt.“
Glücklicherweise kam jetzt Robin und übernahm das Reden. Er berichtete von ihrem Besuch in der Praxis und dass Fabian Tschötz dort fachlich sehr angesehen war. Nach Susannes eindringlichen Fragen hatte eine Kollegin zugegeben, auch eine Affäre mit ihrem Chef gehabt zu haben.
Ferdinand seufzte.
„Warum muss solch ein Klischee immer erfüllt werden? Arzt und Krankenschwester, Chef und Sekretärin … na ich weiß nicht. Was finden die Frauen an Vorgesetzten? Die meisten sind verheiratet und haben Kinder. Unser toller Schönheitschirurg auch.“
Susanne zuckte mit den Schultern.
„Also mich ziehen solche Typen nicht an. Da musst du die betroffenen Frauen fragen.“
„Das ist, denke ich, für unseren Fall nicht relevant“, erwiderte Eric, „Sie sollten uns schnell den Täter präsentieren. Wie steht es mit der Liste der Patientinnen?“
„Kommt nachher.“
„Ich hatte Druck gemacht, auch wenn der Richter gar nichts davon hören wollte. Der kannte den Arzt, weil seine Frau bei ihm eine neue Nase bekommen hat. Aber wenn er irgendetwas Mieses angestellt hat, ist mir das egal. Findet alle Sauereien heraus!“
Robin nickte und Eric verließ das Büro. Ferdinand sah die beiden Kommissare ernst an.
„Ich muss euch nicht sagen, dass ihr diskret vorgehen müsst?“
„Musst du nicht“, erwiderte Robin.
„Man wird gar nicht merken, dass wir ermitteln“, setzte Susanne grinsend hinzu.
Ferdinand lachte.
„Na dann verstehen wir uns ja!“
Auch er verließ das Büro und Robin machte erstmal Kaffee. Dann setzte er sich an den Schreibtisch und sah Susanne gut gelaunt an.
„Ihr habt euch schon wieder nicht gestritten. Es klappt langsam.“
„Wir gehen sachlich miteinander um. Ich werde immer ich sein und nie Bianca.“
Robin zuckte zusammen.
Susanne erschrak.
„Entschuldige, ich wollte nicht … ähm … alte Wunden aufreißen.“
Robin winkte ab.
„Ist schon in Ordnung. Mir ist nur aufgefallen, dass ich nicht mehr ständig daran denke.“
„Ich schon. Ich denke immer, ich bin euch nicht genug.“
Robin stand auf und hockte sich zu Susanne. Er legte ihr eine Hand auf den Arm.
„Du bist du und das ist gut so. Ich mag dich, wie du bist und du sollst niemand anderes sein. Versuch, den Gedanken an Bianca aus dem Kopf zu bekommen. Vielleicht fällt es dir dann auch leichter mit Eric. Er ist ein wirklich guter Kerl und ich wünsche mir, dass ihr eine freundschaftliche Ebene miteinander finden könnt. Du bist nicht schuld an Biancas Tod und du musst nicht sie sein. Das ist einfach so.“
Susanne nickte nur. Wenn sie jetzt etwas sagen würde, kämen die Tränen mit dazu. Robin wusste das und erwartete keine Antwort. Er setzte sich wieder auf seinen Platz und fuhr den Computer hoch.
„Ach, hier ist die Liste der Patientinnen. Es sind auch ein paar Männer dabei. Dann wollen wir mal alle befragen, wie zufrieden sie waren.“
„Denkst du, er hat gepfuscht?“
„Ja, das ist durchaus möglich. Du nicht?“
„Hat seine Frau nicht auch ein Motiv?“
Robin sah sie erstaunt an.
„Schon, aber ich halte sie nicht für eine Mörderin.“
„Ich sage ja nicht, dass sie ihn ermordet hat. Vielleicht ist sie ihm an dem Abend gefolgt, hat ihn zur Rede gestellt, gestoßen und hat dann Panik bekommen, als er sich nicht mehr bewegt hat. Es könnte ein Unfall gewesen sein. Oder eine Tat im Affekt. Oder Notwehr, wenn er sie vielleicht bedroht hat.“
Das klang logisch und Robin konnte diese Möglichkeit nicht ausschließen.
„Ich hätte mir das auch nicht gefallen lassen.“
„Da hat dein Phillip ja Glück, dass er dich nicht betrogen hat.“
Susanne runzelte die Stirn und kaute auf der Unterlippe.
„Hat er?“
„Was?“
„Dich betrogen?“
„Keine Ahnung, ich dachte immer, er ist mir treu, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Er hatte ja schon eine Neue am Start, da waren meine Rücklichter noch zu sehen.“
„Ach was, du siehst bestimmt Gespenster.“
„Er war mit der Tussi bei meiner Mutter.“
„Was