Wolf übernimmt. Robert Mayer

Wolf übernimmt - Robert Mayer


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er das Signalwort Gewinnwarnung vernommen und hatte er nach dem Abhören des Gesprächs aus der entsprechenden Sequenz aus der Konzernzentrale die Gewissheit, dass das jeweilige Unternehmen tatsächlich in Kürze eine Gewinnwarnung verlautbaren ließ, kaufte Beringer Put-Optionen. Er verdiente dann am in kurzer Zeit fallenden Kurs der Aktie des Unternehmens, dessen Konzernzentrale eine Alarmanlage der Steel Security Corporation installiert hatte.

      Beringer hatte bald ein System entwickelt, wie er zu für ihn sehr gewinnbringenden Informationen kam. Zum Beispiel hörte er sich gerne von Zeit zu Zeit Meetings der Baukommission der Stadt an. Dann kam es vor, dass die Steel Security Corporation Grundstücke kaufte, die sehr bald eine neue Widmung erhielten und deren Wert sich somit vervielfachte.

      Er kam zu sehr delikaten Informationen über seine Klientel, die er aber selbst nie direkt damit konfrontierte. Es sollte nie ein direkter Zusammenhang zwischen der Alarmanlage der Serie Alarmsystems Exclusive 500 der Steel Security Corporation und einer delikaten oder geheimen Information erkennbar werden. Eine schlichte Erpressung kam für ihn keinesfalls in Frage. Es war jedoch äußerst beruhigend, Informationen der Reichen und Mächtigen im Köcher zu haben, obwohl er wusste, dass manche dieser Informationen auch Gefahr brachten.

      Ferdinand Wolf hatte das Sieber Areal vor Jahren gekauft und erst später in drei Etappen wieder zum Leben erweckt. Zuerst nahm er das kleinste Gebäude in Angriff und ließ das Bootshaus renovieren, in das er selbst einzog. Später das größere Nachbargebäude, welches zum Businesspark ausgebaut wurde. Seine internationalen Aufträge machten ihn zu einem sehr vermögenden Mann. Wer in seiner Branche überlebte, hatte ein sehr gutes Auskommen. Nur wenige überlebten lange.

      Das gesamte Sieber Areal zu kaufen, war eigentlich nie geplant. Wolf fand die Lage direkt am See und relativ nahe am Stadtzentrum ideal. Ursprünglich war er nur am Bootshaus interessiert, aber die Besitzer, eine untereinander verstrittene Erbengemeinschaft, wollte nur das gesamte Areal verkaufen und er musste einen Preis bieten, der einiges über dem üblichen Marktpreis lag, um die Liegenschaft zu bekommen. Die aktuelle Niedrigzinsphase machte eine Finanzierung leicht. Allerdings nur, wenn man der Bank ein plausibles Sanierungskonzept vorlegte, wurde ein Kredit gewährt. So entstand das Konzept mit Businesspark und Eigentumswohnungen.

      Als Wolf sich dann von seinen internationalen Aufträgen diverser Regierungen und Militärs zurückzog, wollte er seine Schulden zur Gänze tilgen und verkaufte das dritte Gebäude indem er die dritte Etappe realisierte und einzelne Eigentumswohnungen entwickeln ließ, die dann einzeln verkauft wurden. Mit den Einnahmen aus dem Businesspark und seinem Ersparten konnte er sehr luxuriös leben. Aufträge müsste er keine mehr annehmen. Aber was sollte er sonst tun? Nur in den Tag hineinleben, das war nicht sein Ding.

      Das Bootshaus war ein hochgesichertes Gebäude, der süd-westlich gelegene Hof war von einer Backsteinmauer umgeben und konnte nur von Wolf betreten werden. Er war auch nur vom Bootshaus einsehbar, da die westlichen Nachbarn weiter entfernt waren und dazwischen Bäume standen, im Süden war der See und im Osten die Zufahrt zum Sieber Areal und Parkplätze. Das Bootshaus und den Hof ließ er mit einem Videoüberwachungssystem und einer Alarmanlage höchster Sicherheitsansprüche ausstatten, mit einer Alarmanlage der Serie Alarmsystems Exclusive 500 der Steel Security Corporation.

      Thomas Winter hatte einen Treffpunkt zur Übernahme der zwei Koffer mit je 1000 Maple Leaf Goldmünzen vereinbart. Der Übergabeort war wie das Sieber Areal auch direkt am See gelegen, jedoch auf der anderen Seite der Stadt. Es handelte sich um ein stillgelegtes Zollfreilager. Das Areal hatte mehrere Zufahrten, was ihm strategisch sinnvoll erschien, so waren mehrere Rückzugsmöglichkeiten gegeben, falls etwas Unvorhergesehenes geschehen würde. Dort würde sie niemand beobachten und die Übergabe konnte diskret erfolgen. Immerhin ging es heute um die ersten zwei Koffer, von denen jeder mehr als dreißig Kilo wog. So eine Transaktion konnte man nicht unbemerkt an einer Parkbank oder in einem Café durchführen. Er würde die Koffer dann in der nächsten Woche auf zwei der drei gemieteten Tresore verteilen und nach der nächsten Übergabe einen im dritten Tresor einstellen und einen einstweilen zu Hause aufbewahren. Möglicherweise würde er sich einen hochwertigen Heimtresor anschaffen. Er hatte sich bereits erkundigt und Prospekte von den drei führenden Anbietern lagen vor ihm auf dem Küchentisch. Er hatte sich Kaffee gekocht und ging seinen Plan der Übergabe in Gedanken nun schon zum x-ten Mal durch. Er musste Ruhe bewahren, bis jetzt hatte er keinen Fehler begangen und das sollte ihm auch zukünftig nicht passieren. Und morgen war es so weit, dann würde er zum ersten Mal zuschlagen.

      Thomas Winter war seit 13 Jahren bei der Steel Security Corporation beschäftigt. Er war immer loyal gegenüber der Firma und Beringer. Dieser konnte sich immer auf ihn verlassen. Immerhin leitete er die Montageteams. Er hatte immer Hochachtung vor seinem Arbeitgeber und war stolz darauf, dass die Steel Security Corporation so eng mit der Polizei zusammenarbeitete. Er hatte immer angenommen, dass diese Kooperation und das dadurch erworbene Image der Firma zu der so rasanten Expansion verholfen hatte. Aber dann bekam er den Stick in die Hände. Beringer hatte ihn möglicherweise verwechselt, denn er lag im Sekretariat und Winter hatte ihn für ungenutzt gehalten. Er wollte darauf verschiedene Montagepläne speichern. Als er bemerkte, dass Audioaufnahmen darauf gespeichert waren, nahm er einen anderen, den er ebenfalls im Sekretariat holte. Er wollte ihn wieder zurückbringen, aber hatte dann darauf vergessen und ihn in seiner Schreibtischschublade liegen lassen. Erst Monate später, als er wieder einmal spät abends Überstunden machte, kam ihm der Stick wieder in die Finger. Er hörte sich ein paar Sequenzen an, und konnte nichts damit anfangen. Warf den Stick wieder aus und nahm sich vor, ihn am nächsten Tag ins Sekretariat zurückzubringen. Er hielt das Gehörte für Ausschnitte aus einem Seminar. Dann war die nächsten Tage wieder so viel los, und später dachte er sich, möglicherweise hatte Beringers Sekretärin den Stick bereits gesucht, da wollte er nicht erklären, dass er die ganze Zeit über bei ihm war. So landete der Stick wieder für längere Zeit in Winters Schublade. Letzten Januar hatte die Grippewelle auch die Mannschaft der Steel Security Corporation erwischt und Winter meldete sich freiwillig eine Nachtschicht in der Alarmzentrale zu übernehmen. Er dachte, er könnte nebenbei ein paar Montagepläne für die nächsten Tage erstellen und nahm einen Stick aus seinem Schreibtisch mit in das Büro der Alarmzentrale. Es war ein paar Stunden recht wenig los und so setzte er den Stick an diesem Rechner ein und erkannte wieder den „Seminar Stick“ von Frau Krämer, Beringers Sekretärin. Nachdem er nicht aufstehen und nochmals in sein Büro gehen wollte, um einen leeren Stick zu holen, hörte er verschiedene Sequenzen ab und erkannte, dass es sich hierbei um höchst brisantes Material handelte. Einige Sequenzen waren von Meetings des Pharmaunternehmens Qandiga Pharmaceutical. Hier war die Rede von der Einführung der Impfpflicht an allen Schulen des Landes. Die Person, die darüber berichtete, war sich sicher, dass dies demnächst umgesetzt werden würde. Er hätte es aus verlässlicher Quelle, bat aber alle Anwesenden um Stillschweigen außerhalb dieser vier Wände. Dann präsentierte er offenbar seine prognostizierten Umsatzsteigerungen. Auf anderen Audiosequenzen des Sticks fanden sich Gespräche des selben männlichen Redners mit einer weiblichen Person, die über eine Wahlkampagne dieses, Winter absolut unsympathischen, Politikers Ralf Sommer berichtete. Winter fragte sich allen Ernstes, ob deren gegensätzliche Namen mit seiner Antipathie dem andern gegenüber etwas zu tun hätte. Winter und Sommer. Dann musste er lachen. Was aber sollten diese Gespräche auf dem USB-Stick von Frau Krämer? Offenbar hatte sich Ralf Sommer von diesem Pharmamann kaufen lassen. Was hatte Frau Krämer damit zu tun, oder Beringer? Winter brauchte recht lange, um zu erkennen, dass Beringer die Gespräche offenbar illegal mitgeschnitten hatte. Konnte es sein, dass sein Arbeitgeber Jakob Beringer, geschäftsführender Gesellschafter der Steel Security Corporation seine Kunden bespitzelte und dann erpresste? Das war ja ein Ding. Das war eine regelrechte Bombe! Vor allem aber hatte Winter mit einem Schlag jeden Respekt vor seinem Arbeitgeber verloren. Sein Unternehmen, für das er sich gerade eben in dieser Nacht wieder den Arsch aufriss, war in illegale Machenschaften verstrickt. Er konnte es nicht glauben. Für Winter war in diesem Moment eine Welt in sich zusammengebrochen.

      Ferdinand Wolf saß in seinem Büro am Computer und wollte möglichst viele Informationen über die Organtransplantationsthematik aus dem Internet erfahren. Befürworter und Kritiker wurden nicht müde, Mythen, Irrtümer und Tatsachen aufzuzeigen.


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