LUME - Wo das Licht den Schnee berührt. Gabriella Gruber

LUME - Wo das Licht den Schnee berührt - Gabriella Gruber


Скачать книгу

      Markus neben mir unterstreicht meinen Satz mit einem breiten Grinsen in seine Richtung. Warum fragt er mich das überhaupt? Nachdem er mich so beobachtet, dachte ich, er kennt meine Angebetete bereits oder will er mich nur aus der Reserve locken? Vor ihr? Doch diesen Triumph gönne ich ihm nicht.

      „Lesen? Das ist doch so ein schreckliches Hobby von dir, habe ich recht?“, er fletscht seine makellosen Zähne.

      Jetzt schaltet sich Markus ein. „Du bist einfach nur neidisch.“

      Leon wendet sich an ihn. „Neidisch? Auf den?“ Er zeigt mit dem Finger auf mich.

      Ich zucke nur mit den Schultern und schaue heimlich im Augenwinkel zu dem Mädchen und ihren Freundinnen rüber. Sie schweigen und starren auf die Straße. Ich vermute, dass sie unser Gespräch belauschen.

      „Ja, auf den“, antwortet Markus dem von sich selbst eingenommenen Leon.

      „Pah! Das ich nicht lache! Ich soll auf den eifersüchtig sein? Den, der seit seiner Geburt solo ist?“ Er schnaubt belustigt.

      „Ja. Das zeigt nämlich von Größe im Gegensatz zu einem Kerl, der seit seiner Geburt schon das zehnte Mal wieder Single ist!“, Markus‘ Konter kam ihm schwungvoll über die Lippen und lässt Leon kurzzeitig verstummen.

      „Tja, ich bekomme sie eben alle“, antwortet er.

      „Und du lässt sie danach fallen wie eine heiße Kartoffel“, mische ich mich schließlich wieder ein.

      Jetzt kommt Leon erneut auf mich zu. Er plustert sich vor mir auf, als wäre er kurz davor mich anzuspringen. „Ich habe eben einen guten Geschmack.“

      „Der zu wünschen übriglässt“, sage ich.

      „Er wechselt halt andauernd! Neuer Geschmack, neue Frau“, er sieht mich eindringlich an. „Nur bei deinerKleinen wird es anders.“

      Dann dreht er sich um und geht, als hätte er mir nur ein schönes Wochenende gewünscht.

      Melissa Je mehr Zeit in diesem Gespräch vergeht, desto tiefer lehne ich mich an die Innenwand des Haltestellenhäuschens. Als Leon schließlich abhaut, bin ich erleichtert.

      Wahnsinn! Lukas hatte noch nie eine Freundin und damit also null Erfahrung mit Beziehungen! Genau wie ich! Aber wen meinte Leon mit „deiner Kleinen“?

      „Hey Melli, ist das nicht dein Bus?“, reißt mich Helena plötzlich aus meinen Gedanken.

      Ich stehe vor Schreck auf und sehe nur noch, wie meine Mitfahrgelegenheit in voller Geschwindigkeit an mir vorbeifährt, ohne die Absicht noch anzuhalten.

      Mist! Und jetzt?

      Der Stadtbus ist kurz vor ihm abgefahren. Mit Lukas und seinem Kumpel an Bord.

      „Der nächste Stadtbus geht in 10 Minuten“, sagt Eva Maria.

      „Und der nächste Linienbus nach Eisenthal in zwei Stunden“, ergänze ich und seufze.

      „Wir begleiten dich in die Stadt und gehen ein Eis essen. Da fährt dein Bus doch auch vorbei, oder?“, schlägt Helena vor.

      Ich nicke.

      Gesagt, getan. 10 Minuten später sind wir, mit Rädern unter den Füßen, auf dem Weg zur Eisdiele.

      Dort angekommen, bestelle ich mir erstmal ein großes Eis mit drei Kugeln: meine Lieblingssorten Schokolade, Vanille und Haselnuss. Meiner Mutter habe ich telefonisch Bescheid gegeben, dass ich mich nach der Schule noch mit meinen Freundinnen treffe. Ich habe schwören müssen, dass ich den nächsten Bus nach Eisenthal nehme. Das hätte ich so oder so gemacht. Natürlich habe ich verschwiegen, dass ich wegen meines Schwarms den Bus verpasst habe.

      „Also wenn ihr mich fragt, steht Lukas definitiv auf dich, Melli“, Helena schleckt an ihrer Eiskugel, nachdem sie ihre Meinung kundgetan hat.

      Eva Maria nickt. „Das sehe ich ganz genauso. Ihr beide wirkt jedes Mal wie hypnotisiert, wenn ihr auch nur ansatzweise in der Nähe des anderen seid.“

      „Ja, kann schon sein“, antworte ich nur. „Aber hey, wie ist das denn eigentlich bei euch? Seid ihr auch verliebt?“, ich versuche unauffällig, das Thema zu wechseln.

      Helena grinst mich an. „Also doch! Du gibst es also zu!“

      „Was?“

      „Na, dass du verliebt bist!“, sagt Helena lachend.

      „Ja, bis über beide Ohren“, antworte ich und lache.

      Helena und Eva Maria lachen mit. Es ist ein ehrliches und liebevolles Lachen. Ich kann es immer noch kaum glauben, endlich Freundinnen gefunden zu haben.

      „Ich hatte mal einen Freund, aber es ist aus zwischen uns“, sagt Helena plötzlich.

      „Echt? Wen? Und warum?“, fragt Eva Maria neugierig nach.

      „Na ja, nicht so wichtig. Er ist mir fremdgegangen und er ist es nicht wert, auch nur noch ein Wort über ihn zu wechseln.“

      Helena war deutlich.

      Eva Maria erzählt uns, dass sie einen Freund habe. Er heißt Fabian, studiert bereits und er sei ihre große Liebe. Mehr bekommen wir zunächst nicht aus ihr heraus. Insgeheim bin ich ein wenig eifersüchtig, aber ich freue mich natürlich für sie. Ich kann es kaum erwarten, selber einen Freund zu haben.

      „Anderes Thema, seid ihr schon gespannt auf eure Praktikumsstelle?“, sagt Eva Maria plötzlich, nachdem sie uns ein Pärchenfoto gezeigt hat.

      Kaum das Thema „Liebe“ abgehakt, ist sie wieder voll und ganz im Leben eines Strebers versunken. Helena und ich haben schon bemerkt, dass Eva Maria unglaublich gerne lernt und fleißig ist. Davon könnten wir uns definitiv eine Scheibe abschneiden. Aber ihr Freund ist wirklich niedlich und sie sehen auf dem Bild sehr glücklich zusammen aus.

      „Ja, ich bin schon sehr gespannt“, antworte ich auf die Frage zum Praktikum. Meinen Freundinnen ergeht es nicht anders.

      Nach einer Stunde und 30 Minuten Quatschen, machen sich beide auf den Heimweg und lassen mich an der Haltestelle neben der Eisdiele zurück.

       8. Kapitel

      Lukas Ich verlasse den Buchladen, beflügelt von der Überzeugung, meinen Traumjob definitiv gefunden zu haben. Das Einzige, was mich gedanklich noch an diese Schule bindet, ist sie.

      Kaum bin ich um die Ecke gebogen, sehe ich einige Passanten mit einem Eis an mir vorbeilaufen. Ich lasse meinen Blick zur Quelle der „Eisesser“ wandern. Ein Eis wäre wirklich mal wieder schön. Ich könnte sie doch mal auf ein Eis einladen. Jedoch fällt mir schlagartig Leon wieder ein. Nein. Ich kann sie jetzt nicht danach fragen. Ich muss sie beschützen. Und das geht momentan nur durch Ignorieren.

      Plötzlich spüre ich ein Augenpaar auf mir ruhen, ein ganz bestimmtes Augenpaar. Ich sehe auf und entdecke jemanden an der Haltestelle unmittelbar neben der Eisdiele.

      Es ist sie. Verfolgt sie mich etwa?

      Ich muss direkt an ihr vorbei gehen, um nach Hause zu kommen. Es gäbe auch einen Umweg, aber um diesen einzuschlagen, bewege ich mich bereits zu schnell vorwärts. Also steuere ich schnurstracks auf sie zu und setze meine Sonnenbrille auf.

      Melissa Ich halte die Luft an. Es ist Lukas! Er kommt direkt auf mich zu! Doch je näher er kommt, desto mehr beschleunigt er sein Tempo. Er muss sich direkt an mir auf dem Bürgersteig vorbeidrücken, wenn er nicht auf die Straße treten will.

      Er trägt seinen blauen Rucksack auf dem Rücken, die Hände in die Taschen seiner Lederjacke gesteckt. Als er direkt an mir vorbei geht, dreht er seinen Kopf von mir weg und schaut auf die Straße. Vielleicht sieht er mich durch seine Sonnenbrille nicht?

      Mein Herz


Скачать книгу