Der magische Adventskalender & Das Licht der Weihnacht. Manuel Neff
hat sie irgendwo einen Knopf, um sie zu öffnen«, vermutet Lara.
Die Motive, welche den Deckel schmücken, erzählen Geschichten von Planeten und Sonnensystemen. Die goldenen Farben und Linien erinnern Paolo sehr an seinen magischen Adventskalender. Und dann sieht er noch etwas. Einen Turm und eine Stadt sind auf der Uhr abgebildet. Es sind der gleiche Turm und die gleiche Stadt, die er auch schon in der Schneekugel und auf der Weihnachtskarte gesehen hat.
»Das ist bestimmt Snø!«, spekuliert er. »Komisch«, sagt er, während er sie weiter untersucht.
»Was ist komisch?«
»Das hier. Was soll das sein?«
Spontan knipst Lara die Taschenlampe aus.
»Oh die Linien leuchten ja. Das sieht schön aus«, schwärmt Lara.
»Miau«, meldet sich Kater Jojo zu Wort.
»Schau dir erst mal die Rückseite an!«, haucht Paolo fasziniert und zeigt Lara den leuchtenden Mechanismus. Er sieht aus wie das Innenleben einer Uhr, ist jedoch tausend Mal komplizierter, als alles, was Paolo je zuvor gesehen hat. Jede Sekunde schieben sich hundert verschiedene Zahnrädchen, Zeiger, Stifte und technische Teilchen vorwärts.
»Ist das ein Uhrwerk?«, fragt Paolo nachdenklich.
»Wohl eher zwei Uhrwerke und das hier ist ein Countdownzähler.«
»Wie meinst du das?«
»Es werden zwei verschiedene Zeiten gemessen, die Zeiger laufen unterschiedlich schnell und der dritte läuft gegen den Uhrzeigersinn. Die Zeit läuft rückwärts, wie bei einem Countdown. Als würde er die Sekunden bis zum Eintreten eines bestimmten Ereignisses herunter zählen.«
»Wie zum Beispiel Neujahr. Zehn, neun, acht, sieben, ...«, sagt Lanzelot.
»Genau«, lächelt Lara. »Sieh mal, hier an der Seite ist der Knopf für den Deckel. Er ist mit dem Mechanismus genau an dieser Stelle verbunden. Der Countdown öffnet den Verschluss des Uhrendeckels nur zu bestimmten Zeitspannen«, erläutert Lara nun.
Lara ist wieder in so eine Art Trance verfallen. Paolo hat dieses Phänomen bei seiner Schwester schon öfter beobachtet. Sie weiß plötzlich über Dinge Bescheid, für die andere Menschen viel Zeit benötigen. Das ist eine der neuen seltsamen Fähigkeiten, die sie seit dem Abenteuer auf Ganesha und dem Studium von Oma Luises Tagebuch hat.
»Moment mal«, sagt Lara und beginnt mit ihren Fingern zu rechnen. »Ich habs«, meint sie plötzlich. Lara schaut ihren Bruder an und legt ihm eine Hand auf die Schulter.
»Paolo, diese Taschenuhr oder was auch immer das ist, lässt sich nur alle sieben Jahre öffnen.«
Plötzlich drückt Lanzelot einfach auf den besagten Knopf für den Uhrendeckel und der Deckel springt auf.
»Lanzelot, was machst du denn!«, ermahnt Lara den Hasen.
»Lass ihn, das hat er gut gemacht. Es scheint so, als würden wir uns gerade in dieser siebenjährigen Zeitspanne befinden«, stellt Paolo verwundert fest.
Sie betrachten die Zeiger und die Abbildungen und es ist so, wie Lara es gesagt hat. Es werden zwei verschiedene Zeiten gemessen. Sie sehen die aktuelle Uhrzeit und darüber eine kleine Abbildung der blauen Erde, daneben einen Zeiger, der viel langsamer läuft und ein Bild eines anderen weißen Planeten.
»Snø«, grunzt Thomas.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Dass die Zeit auf diesem Planeten langsamer vergeht als auf der Erde«, beginnt Lara und rechnet wieder mit ihren Fingern nach.
»Wenn auf diesem Planeten, nennen wir ihn einfach mal Snø, ein Tag vergeht, dann vergehen in der gleichen Zeit auf der Erde sieben Tage.«
»Und wenn auf der Erde sieben Jahre vergehen, dann vergeht auf Snø nur ein Jahr«, schlussfolgert Paolo.
»Das mit dem Countdown, macht jetzt gerade irgendwie Sinn. Die Verbindung der beiden Planeten gibt es also nur alle Sieben Jahre.«
»Und die sind jetzt gerade um«, flüstert Paolo.
»Wir sind da etwas auf der Spur«, steuert Lanzelot bei.
»Snø«, grunzt Thomas wieder.
»Lasst uns in Oma Luises Tagebuch nachsehen, ob wir dort mehr über Snø herausfinden. Ich glaube, wir haben soeben einen sehr wichtigen Hinweis gefunden!«
»Ich schnappe mir Jojo und du nimmst die Taschenuhr. Wir gehen zurück in mein Zimmer und dann schauen wir einfach nach.«
Ein paar Minuten später sitzt Lara neben ihrem Bruder auf dem Bett. Paolo studiert den Deckel der mysteriösen Taschenuhr und Lara blättert durch Oma Luises Tagebuch.
»Ha, ich wusste es. Hier steht es schwarz auf weiß«, freut sich Lara.
»Und was steht da?«
»Das Ding ist ein Chronos. Er zeigt tatsächlich die unterschiedlichen Zeiten der Planeten an. Es ist sozusagen eine Versicherung, dass man es auf jeden Fall immer rechtzeitig nach Hause schafft, bevor sich die Weltentore wieder schließen.«
»Letztes Jahr wären wir fast auf Ganesha stecken geblieben.«
»Auf Ganesha und der Erde verging die Zeit im gleichen Tempo. Das scheint auf Snø definitiv anders zu sein«, sagt Lara. »Paolo wir haben soeben einen ziemlich mächtigen Kraftgegenstand gefunden. Und das ganz ohne Aufspürbrille.«
Sie verstecken den Chronos in Paolos Holztruhe unter dem Fenster. Er will nicht, dass ihn seine Eltern finden und eventuell im Tresor wegschließen. Dann setzt Paolo seine Aufspürbrille auf. Sie ist zwar immer noch ziemlich kalt, aber das steht er jetzt durch.
»Was hast du vor?«, fragt Lara.
»Die Elfe hat nach dem Chronos gesucht. Ich will wissen warum«, antwortet er und konzentriert sich darauf, das Versteck der Elfe zu finden. Die Brille leuchtet zwar nur schwach, aber Paolo kann trotzdem die orangene Leuchtspur sehen. Er steht auf und folgt der Fährte, die hinaus in den Gang führt. Lara, Thomas und Lanzelot schleichen hinter ihm her. Die Aufspürbrille führt sie direkt zu Laras Zimmer.
»Sie ist da drin«, flüstert Paolo und setzt die Brille wieder ab. Er reibt sich das Gesicht und kleine Eiskristalle lösen sich von seinen Wimpern.
»Sollen wir einfach reingehen?«, fragt Lara leise, damit sie nicht ihre Eltern aufwecken.
»Bevor wir das tun, müsst ihr euch erst von allen Zweifeln befreien. Ihr müsst an das Unmögliche glauben und an Elfen und Zauberei, sonst werdet ihr sie nicht sehen können«, erklärt Paolo ernst.
»Ich bin ein Wesen, das nur durch Magie leben kann. Das fällt mir leicht«, sagt Lanzelot.
Lara atmet ein paar Mal tief ein und aus.
»Ich glaube, ich habs«, sagt sie.
Paolo öffnet langsam die Tür und ein kalter Wind weht ihm ins Gesicht. Außerdem spürt er noch etwas anderes Kaltes und Feuchtes auf seiner Haut. Schnee! Paolo macht die Taschenlampe an und alle staunen. In Laras Zimmer schneit es. Kleine Schneeflocken fallen wie aus dem Nichts von der Decke herab.
»Wie kann es sein, dass es in meinem Zimmer schneit?«, wundert sich Lara.
»Paolo, ich fürchte, Lara und ich müssen noch eine Weile bei dir schlafen«, meldet sich Lanzelot zu Wort, während er fasziniert zur Decke schaut.
»Verrückt, jetzt schneit es schon im Haus«, flüstert Paolo.
»Ich sehe gar keine Fußspuren auf dem Boden.«
»Die Elfe kann fliegen«, erklärt Paolo.
»Da ist die Schneekugel«, sagt Lara. Der Gegenstand liegt auf ihrem Schreibtisch. Auch auf der Kugel hat sich bereits jede Menge Schnee abgesetzt.
Langsam schließt Paolo Laras Kinderzimmertür. Sie stehen auf dem Gang und denken nach.
»Glaubst