BESESSENHEIT. Kiki Abers
von den Kellnern sollte mit einem Tablett voller Gläser mit verschiedenen Getränken zwischen den Gästen kreisen und dafür sorgen, dass jeder etwas zum Trinken hatte.
Maja ging durch den Salon auf die Terrasse, von der eine kleine Treppe in den Garten führte. Die Girlanden präsentierten sich großartig. Die Lampions würden erst mit Beginn der Dämmerung leuchten. Es war sieben Uhr. Aber wie üblich Ende Juni, war es noch hell. Seit ein paar Tagen herrschte die Hitze, und alle beklagten sich, dass man nicht atmen kann, aber sie fühlte sich großartig. Sie liebte den Sommer und die Sonne.
-Was für ein wunderschöner Sommerabend! Wir haben wirklich Glück mit dem Wetter.- dachte sie, als sie von der Terrasse in den Garten ging. Der erste Gast war schon da. Es war Marek, Alexanders Freund, auch plastischer Chirurg und sein Kompagnon. Beide Herren nippten an ihren Drinks und sprachen über etwas sehr lebendig, als sie die nahende Maja erblickten. Alexander bemerkte, wie ihre Katzenaugen glänzten. So glänzten sie immer, nachdem sie sich geliebt haben.
-Meine schöne Frau.- Er schaute sie mit Stolz an, und auf seinen Lippen erschien ein leichtes Lächeln bei dem Gedanken daran, was sie noch vor einem Moment im Bad gemacht haben.
Marek küsste sie zur Begrüßung auf die Wange und machte ihr gleichzeitig ein Kompliment, wie blendend sie aussah.
-Maja, ist das ein neues Kleid?-
-Ja, mein geliebter Mann, extra für dein Fest gekauft. Gefällt es Dir?
-Sehr sexy. Maja, du siehst darin bombig aus!- stellte Marek fest.
-Wir haben darüber geredet, dass du ein weißes anziehst, und das ist grell rot. – Der Ton seiner Stimme drückte Unwillen aus.
-Ich wollte dich überraschen.- Sie lachte und drehte sich um die eigene Achse.
Beiden Männern verschlug es die Sprache. Das Kleid hatte hinten ein riesig großes Dekolleté, entblößte den ganzen Rücken und bis etwas unter der Taille. In diesem Moment hörten sie die zischende Stimme Alexanders Mutter. Sie bemerkten nicht mal, wann sie sich ihnen näherte.
-Mein Sohn, wie konntest du deiner Frau erlauben, sich so auszustaffieren?! Sie sieht provozierend aus, unanständig, wie eine Frau von leichten Sitten, bringt uns und dir eine Schande. – zischte sie durch die Zähne. – Und noch dazu diese grell roten Lippen!-
Jetzt mischte sich Alexanders Vater ein, der noch einem Kellner die letzten Anweisungen gab. Er kam lächelnd zu ihnen und wandte sich zu seiner Frau:
-Sophie, Liebling, mir gefällt dieses Kleid sehr. Jetzt ist eine solche Mode. Maja sieht darin zauberhaft aus, und bestimmt werden alle auf unsere so schöne Schwiegertochter neidisch sein. – Er zwinkerte Maja zu und winkte dem Kellner, der mit einem Tablett voll von verschiedenen Gläsern mit Getränken zu ihnen kam.
-Viko, was sagst du?! Man sieht doch fast den Allerwertesten bei ihr!-
-Na eben, fast, Sophie, fast.-
Er lachte und reichte ihr ein Glas Champagner.
-Lasset uns auf das Wohl unseres großartigen Sohnes trinken.-
Maja schaute mit Dankbarkeit zum Schwiegervater und beschenkte ihn mit ihrem allerschönsten Lächeln. Sie mochte ihn sehr. Er stellte sich immer auf ihre Seite und tat es auf eine so subtile Art, dass er sich dabei nicht dem Zorn seiner Frau aussetzte, in die er, so wie am Anfang, verliebt war. Maja wunderte es sehr.
-Wie hält er es mit dieser Hexe aus? So ein toller Mann! Wofür liebt er sie so wahnsinnig? Bestimmt wird er irgendwann dafür in den Himmel kommen.-
-Marek, und wo ist Wanda?-
-Maja, ich habe schon Alexander gesagt, dass meine Frau sich entschuldigen lässt. Sie konnte nicht kommen, weil jetzt, wo sie hochschwanger ist, die Hitze ihr zu schaffen macht.
-Die Beiden haben Glück, sind kürzer verheiratet als wir, und schon ist das zweite Kind unterwegs.- dachte sie mit Traurigkeit.
In diesem Moment begannen die Gäste nach und nach zu kommen. Alexander umfasste leicht seine Frau an der Schulter und ging mit ihr zu den Ankommenden.
-Ich wünsche ihnen alles Gute Herr Doktor, obwohl, beim Anblick ihrer schönen Frau muss ich feststellen, dass sie das Allerbeste schon haben. Sie sind wirklich ein Glückspilz. Wunderschönes Kleid, bestimmt aus einem Pariser Modehaus. – Ein deutscher Arzt, verheiratet mit einer polnischen Krankenschwester, mit dem Alexander früher in Deutschland im Krankenhaus gearbeitet hat, beschenkte Maja mit einem Blick voller Begeisterung.
-Wunderschönes Kleid? Du scherzt wohl? Flüsterte seine mollige Gattin und zog ihn am Ellbogen an die Seite. – Man sieht bei ihr den ganzen Arsch! Sie sieht aus wie eine Nutte! -
Er ging mit ihr weiter weg, erschrocken, dass jemand das hören könnte und versuchte sie zu beruhigen.
Maja und Alexander begrüßten alle, nahmen Blumen und Geschenke an, bedankten sich und verteilten ihr Lächeln.
Alle gratulierten dem frisch gebackenen Vierzigjährigen und überschütteten ihn mit herzlichen Küssen.
-Mario, übertreibe nicht, du musst ihn nicht auf den Mund küssen.-
- Maja, sei nicht eifersüchtig. Ich werde ihn dir sowieso nicht wegnehmen. Gönne mir heute diese Freude. -
Mario, der eigentlich Marian hieß, war ein Homosexueller und verheimlichte das nicht, was natürlich Alexanders Mutter sehr empörte. Sie akzeptierte ihre Schwiegertochter nicht, auch nicht ihre Familie und ihre Freunde. Sie bedauerte zutiefst, dass ihr einziger Sohn mit einer Frau, die aus einer so sehr einfachen Familie stammte, verheiratet war.
Mario ersetzte Maja die beste Freundin. Sie waren schon seit ihrer Kindheit sehr befreundet, damals wohnten sie in derselben Straße.
Alexander mochte ihn sogar und war immer von seinen Verführungsversuchen amüsiert.
-Es tut mir leid, aber ich lasse mich nicht umkrempeln. Ich liebe die Frauen zu sehr.- lachte er immer, wenn Mario ihm voller Sehnsucht und Vergötterung Blicke schickte.
Jetzt erschien Majas Familie, die Eltern und vier Brüder mit ihren Frauen.
Sie ging zu ihnen und umarmte die Mutter herzlich.
-Mama, du siehst wunderschön aus, und was für ein schönes Kleid hast du an!
Ihre Mutter nähte sich selbst das Kleid, extra für diese Festlichkeit. Sie wollte, dass ihre Tochter mit ihr zufrieden sein wäre. Der Vater ging morgens zum Friseur, der Marios Vater war, ließ sich rasieren und die Haare schneiden. Er zwängte sich in seinen Hochzeits-Anzug, den er immer zu besonderen Anlässen anzog. Und Majas Brüder, die die Anzüge hassten, litten jetzt und fühlten sich, in den aus dem Theaterfond geliehenen Smokings, wie auf der Folter.
Sie ging einen Schritt an die Seite, weil sie sich alle auf einmal mit Gratulationen auf Alexander stürzten und ihm das Geschenk überreichten, dass sie zusammen gekauft hatten. Sie schenkten ihm ein Gemälde eines jungen vielversprechenden Malers. Sie wussten, dass er die Kunstmalerei sehr mochte.
Seine Mutter stand nicht weit weg und schaute sie mit einem verzerrten Gesicht an, und anstelle der Lippen hatte sie nur noch einen Strich.
-Viko,- wandte sie sich an ihren Ehemann, – diese fürchterlichen Leute, schau, wie sie sich benehmen, sie sprechen alle auf einmal, und wie sie aussehen! Und Maja! Wieder mit einer Zigarette zwischen den Zähnen! O Gott, wie konnte mein Sohn uns so etwas antun!
-Sophie, Liebes, mache daraus keine Tragödie. Ich muss dich, Liebling, korrigieren, der Sohn ist auch mein Sohn. Er ist glücklich, und das ist bestimmt das Wichtigste. Seine Schwiegereltern sind einfach, aber das sind sehr gradlinige und herzliche Leute. Maja könnte tatsächlich aufhören zu rauchen. Schade nur um ihre Gesundheit. - Seine Stimme wirkte immer auf sie wie ein Balsam.-Der Abend ist so schön, genau wie vor vierzig Jahren und meine Frau wird mit jedem Jahr noch schöner. Lass uns gehen und „die schrecklichen Leute“ begrüßen.- Er lächelte sie an und nahm ihren Arm.
-Gut, dass dieser Perverse, Mario, oder wie er da heißen