DIE BAUSTELLE. Parpaiola Franco

DIE BAUSTELLE - Parpaiola Franco


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Wasserversorgung der Stadt, abusiv anzuzapfen.

      Sie hätte dann ohne zu zögern sofort die Vigili Urbani, das Ordnungsamt also, angerufen und das wäre der Hauseigentümerin sehr teuer zu stehen gekommen.

      Das hätte sie bestimmt getan, dies wurde mir eines Tages von dem anderen Nachbarn nebenan, dem alten Schulhausmeister im Ruhestand, gesagt.

      Er hatte mir auch hoch und heilig versprochen, falls sie nicht endlich Ruhe geben wollten, irgendwann beiden Hennen den Hals umzudrehen.

      Das Haus hatte zwar keinen direkten Trinkwasseranschluss, dafür aber einen zehn Kubikmeter fassenden Wassertank als Trinkwasserreservoire zur Verfügung, der unter dem Küchenboden ausgegraben worden war.

      Die Einstiegsluke auf dem Tank war mit einem Deckel versiegelt, und auf dem Deckel lag, damit kein Dreck ins Wasser fiel, der abgenutzte und abgewetzte Teppich, den ich nun weghaben wollte.

      Dazu, alles in Nacht- und Nebelaktionen abusiv gebaut und im Boden versenkt, gab es auch einen Drucktank mit eingebauter Wasserpumpe, wobei das Wasser nach Bestellung per Tankwagen geliefert wurde.

      Das fand ich natürlich sehr vernünftig und praktisch zugleich, der Teppich blieb also.

      Nur das gesamte Abwaschabflusssystem und die Sanitäranlage des Hauses waren an das Abwassersystem der Stadt angeschlossen worden.

      Das hatte die einfallsreiche und resolute Hauseigentümerin anbringen lassen, als die bizarre und denunzierende Nachbarin nach einer von den vielen Auseinandersetzungen, die fast täglich zwischen den beiden Hennen ausbrachen, mit Kreislaufproblemen im Krankenhaus lag.

      Dies alles natürlich in einer Nacht- und Nebelaktion, abusiv versteht sich von selbst, nicht wahr?

      Somit brauchte ich nicht, wie viele andere Einwohner der Altstadt auch, das öffentliche Bad- und Toilettenhaus zu benutzen, das unterirdisch in der Mitte der Piazza nebenan zur Verfügung stand.

      Das fand ich noch besser, noch praktischer, noch vernünftiger.

      Elektrischen Strom brauchte ich auch nicht zu bezahlen.

      Einfallsreich, wie die Hauseigentümerin nun mal war, hatte sie, weiß Gott nur wie, sich auch mit der Stromversorgung zu helfen gewusst.

      Denn die gesamte Stromversorgung des ehrenwürdigen Rattenlochs war auch auf Stadtkosten, versteht sich von selbst, nicht wahr, auch abusiv also an den Stromverteilerkasten, der neben der Eingangstür stand, angeschlossen worden.

      Das fand ich als Mieter noch besser, noch praktischer, noch vernünftiger als vernünftig.

      Alles, was ich brauchte, war also Gas für den Kochherd, Futter und Bettwäsche für meine Koje, mehr nicht.

      Einen Fernseher hatte sie mir auch besorgt und ein Radio für die Küche, das hatte ich mir selbst gekauft.

      Das war meine Wohnung in Monopoli, alt, drollig und ulkig, sie gefiel mir aber gerade deswegen vielleicht auf Anhieb und gerade, weil das für mich ungewöhnlich war und noch dazu, weil die Altstadt in Monopoli wirklich blitzeblank und Meister proper sauber ist, den nahm ich.

      Die nahm ich auch, weil Altstädte, egal wo fast magische Anziehungskräfte auf mich haben.

      Altertümer machen mich neugierig, und ich möchte über die Menschen, die solche Häuser und Festungen erschaffen haben, all das erfahren, was man da in Erfahrung bringen kann.

      Obwohl ich mit meinen Gedanken fest im Heute des Lebens verankert bin, so glaube ich aber, dass nur in unserer Vergangenheit die Schlüssel für eine bessere Zukunft zu suchen sind.

      Nicht auf dem Mars liegt die Zukunft der Menschheit, unsere Zukunft liegt auch nicht auf dem Mond, unser Futurum liegt in unserer Vergangenheit.

      Solche Alte, Städte, die sprechen zu uns davon, sie mahnen uns, sie warnen uns, sie beschwören uns, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

      Diese ehrenwürdigen Städte zeugen vor allem von dem damaligen Können ihrer Bewohner, die mit einfachen Mitteln solche und ähnliche Meisterwerke bauen konnten.

      Solche Städte erzählen uns auch von der Einfachheit der damaligen Menschen und zeugen von deren Lebensweise.

      In so einem Haus, so sagte man mir, lebten bis weit in die Fünfzigerjahre hinein mitunter bis zu zehn Menschen.

      Es waren sehr kinderreiche Fischer- und Bauernfamilien, die dort hausten.

      Kinder waren damals der einzige Reichtum dieser Menschen, ihre einzige Lebensgrundlage, die einzige Lebensversicherung und der einzige Lebensinhalt, auf den sie wirklich bauen konnten, war eben ihrer Familie und nur die Familie.

      Fast überall auf der Welt war es damals so, wo harte Arbeit und Kinder das Fundament der Familie und gleichzeitig die Grundlage des Daseins und der Zukunft waren.

      Heute hat sich unser Lebensstandard in vielen hinrichten verbessert, denn wir leben nicht so entbehrungsreich, wie unsere Vorfahren damals gelebt haben.

      Nicht so spartanisch, nicht so frugal und kärglich wie damals.

      In technische Hinsicht hat sich unser Dasein im Vergleich zu dem unsere Eltern und Großeltern unweigerlich verbessert, sind wir dafür auch weiser geworden?

      Heute lebt es sich leichter, es lebt sich schneller und berauschender als je zuvor, dafür aber schwindet unsere Zukunft.

      Unsere Zukunft schwindet, weil wir Wohlstand als persönliche momentane Behaglichkeit interpretieren und nicht als Sicherheit für unsere Zukunft betrachten.

      Persönliche Behaglichkeit macht uns stumpf und blind und taub und geizig und gefühllos …, und bald setzen alle, unserer persönlichen Behaglichkeit wegen, keine Kinder mehr in die Welt.

      Deswegen sollten wir so weitermachen, wird in absehbarer Zeit unsere europäische christliche Zivilisation und Lehre hier in Europa von kinderreichen muslimischen und indischen Zivilisationen unterwandert.

      So einfach ist das!

      Demselben Schicksal erlagen die alten Griechischen, und den Magna-Roma ging’s auch nichts viel besser.

      Unsere Lebensqualität hat sich entschieden angereichert, wir leben länger und gemütlicher als damals, sind wir aber deswegen glücklicher als unsere Ahnen damals?

      Ich glaube es nicht.

      Werden die Menschen, die nach uns kommen, sagen wir in einhundert Jahren, falls die Erde und die Menschheit, was ich nicht glaube, so weiter bestehen wird wie heute, glücklicher sein, als wir es heute sind?

      Vielleicht, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Menschheit bald die Macht des Gelds und dessen Handlungsderivaten abwirft.

      Ich glaube nicht daran, weil der sogenannte moderne Mensch wegen seiner materiellen Einstellung nie mit dem Erreichten zufrieden ist.

      Und infolgedessen immer mehr, immer schneller und immer alles und immer jetzt und sofort haben werden wird.

      Deswegen werden die Menschen in einhundert Jahren, falls die Menschheit auf dieser Erde dann überhaupt noch existiert, nicht glücklicher sein, als wir es heute sind und wahrscheinlich noch weniger mit sich selbst zufrieden sein, als unsere Vorfahren es vor uns waren.

      Denn solange es Hügel gibt, so lange Horizonte da sind, wird immer ein anderer Hügel zu besteigen da sein und es noch mehrere Horizonte zu durchfahren geben.

      Und wir werden nicht ruhen können, bis wir sie alle bestiegen, durchfahren und für immer zerstört haben.

      Das ist der Fluch der Unersättlichkeit, den wir mit uns tragen.

      Das ist der Anathema des Geldes und der technische Fortschritt als purer Materialismus angewandt.

      Demzufolge sind wir dabei, unsere Erde zu verwüsten und uns allen den Garaus zu machen.

      Wir sind in der Tat dabei, aus verantwortungslosem wirtschaftlichen Interesse die Erde zu zerstören und uns selbst mit ihr mit.

      Meine Güte sind wir aber


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