DIE BAUSTELLE. Parpaiola Franco

DIE BAUSTELLE - Parpaiola Franco


Скачать книгу
drohend und mahnend über den leeren italienischen Spatzenhirnschatullen da, die wissen es nur noch nicht.

      Die wissen es nicht, und weil der Qualm und der Gestank, der aus der Sansa bis zu ihren Gehirnen emporlodert, alles eingenebelt und alles verpestet haben, wandern die nur ziellos im Kreis herum, und kein Schwein weiß mehr Rat.

      Der wahre, wahrhaftige Grund, warum es in Bella Italia bis dato noch nicht zu einem erneuten nationalen Black-out gekommen ist, ist sehr einfach und banal, den kann man in der Tatsache suchen, dass es in der Schweiz noch zu keinem erneuten Blitzschlag kam, der einen Baum fällt, der auf eine Überlandstromlinie donnert und somit den importierten Elektrosaft nach Italien unterbricht.

      Das ist der wahre Grund, warum in Italien die Lichter noch brennen, nur deswegen!

      Vor zwanzig, oder sagen wir lieber vor dreißig Jahren hätte aber so ein Plan zur Rettung der nationalen Ehre und der Stromversorgung für die heilige italienische Mittagsmahlpasta tadellos funktioniert, verdammt noch mal.

      Es hätte funktioniert, weil die maßgebenden Menschen diesseits und jenseits der Alpen damals anders waren als die Heutigen.

      Heute gibt es in Deutschland fast nur noch Manager und Bankiers, die sich als globale Spieler verstehen, denen man den Geldverdienen Bazillus, ins Gehirn hineingeschissen hat.

      Hinzu kommen in diesem spezifischen Fall fast nur noch überhebliche Italiener mit Laptop unterm Arm und ans Ohr gesteckte und festgenähte Handys, die sich ebenfalls als globale Spieler betrachten und sich dementsprechend auch benehmen, verdammt noch mal.

      Das sind die Herren des „Sie wissen gar nicht, mit wem Sie es hier zu tun haben“ denen kann man aber noch nichts mal ins Gehirn scheißen kann, weil die gar kein Gehirn haben, in das man eventuell hineinscheißen könnte, zum Teufel noch mal.

      Nur dank dieser neumodischen Prototypen des Homo sapiens können solche bestialischen Realitäten geschehen.

      Denn sonst hätten dieser und ähnlichen und genauso hässlichen und verluderten Geschichten, sowohl in Italien als auch in Deutschland, nie und niemals zustande kommen können, zum Teufel noch mal.

      Von einigen Bekannten bekam ich Ende 2003 das Angebot, die Anlage in Monopoli im Team mit anderen Freiberuflichen anzufahren und bis ins Detail zu erproben.

      Als Schiffstechniker ist das kein Novum für mich - Kessel und Dampfturbinen anzufahren, zu erproben, notfalls zu zerlegen und zu reparieren, das gehört zu meinem Beruf.

      Nicht nur auf Tankern und Bulkcarriers während meiner Seefahrtzeit hatte ich mit Dampfkesseln und Dampfturbinen zu tun gehabt, so war das nicht.

      Hinzu kam, dass ich einige Jahren davor auch bei so einer Anlage, die Abfallholz, Hülsenfruchtschalen und sonstige brennbare landwirtschaftliche Abfallprodukte vertilgen konnte, dabei gewesen war und angeheizt hatte.

      Ich wusste also, was da anlagemäßig auf mich zukam.

      Die Brennstoff Speisungsproblemen waren mir bestens bekannt, denn die sind normalerweise das einzige Problem einer solchen Anlage, ihr einziger Schwachpunkt.

      Wohlgemerkt, nicht der Detroit Stoker aus den VS von Amerika als Konstrukteur der Speisungsanlage ist in so einer Anlage das Problem.

      Die Beschaffenheit des Brennmaterials, das tendiert, sich zu klumpen und zusammenzupressen und somit das Silo, das als Speisungstank dient, und dessen Speisekanäle verstopft, das ist in jeder solchen Anlage das Problem.

      Nicht die Amerikaner, ausnahmsweise diesmal nicht.

      Die Sansa, diese uns Nördlingen völlig unbekannte, rötliche, übel riechende, ölige Masse, war diesmal das Hauptproblem.

      Die kleinen grünen Menschen von Italgreen, als Bauherr und Betreiber der Anlage, jene einheimischen feinen jungen Leute, die, weil eben versehen mit grünen Arbeitsklamotten, von dem Siemens-Kader aus Germania spöttisch und geringschätzig eben als kleine grüne Menschen fast beschimpft wurden, weil die noch nie im Leben so eine Anlage gesehen hatten, die stellten für mich ein Problem dar.

      Diese Siemens-Exoten, jenen Sogenannten deutsche Wertarbeit Repräsentanten, die wegen niedriger Intelligenzquotienten von allen entlegenen Siemens-Baustellen aus Übersee entfernt worden waren, diese Beleidigung der deutschen Wertarbeit im Ausland, die nun ihre Bewährungsprobe in Monopoli absolvierten, die mit ihrer pragmatischen Siemens-Arroganz in Monopoli alles verdarben, was es zu verderben gab, sie waren für mich ein Problem.

      Die Steuerungssystemprogrammierer, aus bester traditionsreicher Siemens-Schulung, die, die glaubten, dass all die Komponentenlieferanten der Welt und jeder Kesselfahrer dazu nach ihrer Pfeife und ihrem Diktat hätten tanzen sollen und sich auch dementsprechend benahmen, die waren für mich ein Problem.

      Diese Blasphemie der deutschen Wertarbeit, die über mich bestimmen und mir vorschreiben wollten, wie so eine Anlage gefahren werden sollte, die waren für mich ein Problem.

      Das größte aller Probleme aber war der unerschütterliche Glaube der Einheimischen an die Moderne deutsche Tugendsaga und die Jahrmarkterzählungen.

      Die felsenfeste Zuversicht, dass all der Mist, der über die Alpen her nach Italien regnete, besser war als ihrer, das brachte mich manchmal fast in Rage.

      Der unermessliche Glaube, dass der Mist aus Deutschland viel Plastischer, viel Wertvoller, mit mehr substanzieller Konsistenz und daher wertvoller war als die wahre eigene heilige Jauche, die sie tagtäglich tonnenweise pissten, der war für mich ein Problem.

      Ja, das war das allerhöchste der Probleme.

      Ja, das waren in der Tat die größten Probleme, die ich in Monopoli hatte.

      Und ich stand alleine da, als Gastarbeiter im eigenen Land, ganz alleine zwischen beiden Fronten.

      Dort sollte ich unter diesen Umständen eine Anlage anfeuern, die aufgrund Italo-germanischer überheblicher einfältiger Dummheit nie richtig funktionieren konnte und deshalb zum teuren halben Fiasko wurde.

      Nach Monopoli fuhr ich mit dem Zug.

      Mit dem Zug, von Bremen aus, dauert so eine Reise dank des ICE in Deutschland und den Eurostar Züge in Italien, zirka 18 Stunden.

      Es ist eine lange Zugreise, es ist aber auch eine sehr schöne Reise.

      Die Züge sind komfortabel, und besonders für mich als Seemann, der nur Sonnenuntergänge auf dem weiten Meer kennt, waren die Landschaften sowohl in Deutschland als auch in Italien atemberaubend schön.

      Zum Bumsen im Zug wäre ich auch fast gekommen - die alte Sau, die stieg in Ancona ein und fing, warum auch immer, sofort an, mich anzubaggern.

      Sie war eine ziemlich hellblond gefärbte Tante um die Vierzig, die ihrem Akzent nach aus Sizilien stammen musste, die mich da an laberte und anbaggerte.

      Die hatte eine schrille Piep-Stimme und falsche Wimpern, lange falschen, violett lackierte Fingernägel, beklünkerten Finger und tiefe Falten am Hals, die sie mit unechten Perlenketten und Kettchen aller Art um den Hals gewickelt zu verstecken versuchte.

      Ihr Gesicht, der ziemlich ausgeleiert aussah, versuchte sie verbissen, was wirklich nicht viel nützte, unter reichlich Schminke und Fensterkitt zu verbergen.

      Aber trotz des Fensterkitts und all dem Schrott sah sie wirklich wie eine alte ausrangierte Vogelscheuche aus.

      Sie war ganz in Weiß gekleidet, so mit Chiffonschleifen und Penzels und Pendeln aller Art um ihren Bauch herum und roch außerdem, penetrant, fast beleidigend, auch noch nach Billigparfüm und Schweiß.

      Meine in puncto Nutten durchaus geübter seemännischer Scharfsinn warnte mich sofort, dass das, was da vor mir saß, nichts anderes als eine dieser berühmt-befürchteten italienischen Hafenbillignutten war.

      Höchste Vorsicht war also geboten, denn diese Damen konnten, was ihre Vulgarität, ihre Brutalität und Geschlechtskrankheiten betrifft, jeder Nutte dieser Welt in den Schatten stellen.

      So etwas bumst man nicht, verdammt noch mal!

      Noch


Скачать книгу