DIE BAUSTELLE. Parpaiola Franco
Das war aber schon zu spät, denn mit der einen, sich wegen Überlast abschaltenden ersten Komponenten des italienischen Stromversorgungsnetzes ging sein Nachbar sofort in überlast und schaltete sich ebenfalls aus.
Somit war der Dominoeffekt in Gang gesetzt worden und konnte nicht mehr gestoppt werden.
Brav, wie auf Kommando schaltete sich wegen Überlast, immer rasanter, immer schneller, einer nach dem anderen, alle Stromerzeuger des Landes ab.
Am Ende der Misere breitet sich der barmherzige Mantel der Dunkelheit diskret und taktvoll aus über das stolze Land der Heiligen, der Dichter und der Seefahrenden aus, über das Land des staatlichen Beamtentums, der Kommunisten, der Gewerkschaftsfunktionäre und der Pasta al dente Anbeters, über das Land der zuverlässigen urbanen Ordnungshüter und der „vu gunbrà“ aus Afrika.
Über das Heilige Land der Italianucci also, die nun zapfenduster geworden war, brach Panik aus; kein Schwein verstand was los war und kein Schwein wusste Rat.
Die Armee des Landes, die nationalen Sicherheitsorgane des Staates, alle saßen auf einmal im Dunkeln da, und wussten von nix.
So wie ich später, von einigen Enel Technikern, fast hinter vorgehaltener Hand, zu hören bekam all das hatte einen Grund.
Einige Siemensjoker aus den unteren Etagen des Unternehmens wollten sich bei den obersten Mackern von Siemens in der Kraftwerkabteilung profilieren und hatten wichtigere Überlastschalter in Teilen des Stromnetzes Italiens einfach weggespart.
Diese Finanzexperten, die sich für allmächtig, allkönnend und allwissend hielten, dachten wohl, sich bei dem Siemens-Vorstand mit billigen, profitbringenden Anlagen profilieren zu können.
Die wurden alle, wie sie da waren, von den elementaren Gesetzen der Technik und von Murphys Law anders und noch dazu nach Strich und Faden eines Besseren belehrt.
Für dies und für noch ein paar andere nette Scherze, so wie in der italienischen Presse an einem schönen sonnigen süditalienischen Frühlingstag zu lesen war, bekam Siemens im Jahr 2004 von einem Mailänder Gericht eine Strafe von mehreren Millionen Euro aufgebrummt.
Wäre nicht die Tatsache gewesen, dass in Italien schon seit 1991 die Staatsanwaltschaft wegen der Italtel- Affäre gegen Siemens am Ermitteln war, dann wäre alles nicht so schlimm gewesen.
Das wären aber Peanuts gewesen, es wird aber viel schlimmer werden, und wo dies alles enden wird, kann man noch nicht vorhersehen.
Da war aber auch etwas anderes, eben einige Kleinigkeiten noch, die nicht mehr als der klassische „Peanuts Deal“ betrachtet werden sollten.
Die Herren der Guardia di Finanza fanden nämlich heraus, dass eine ENEL- Manager mehrere kleine Milliönchen als Dankeschön für lukrative Aufträge, von Siemens einkassiert hatten.
Zuerst waren es nur Peanuts-Beträge.
Es waren zuerst nur zwei oder drei klitzekleine Milliönchen Euro vielleicht, Peanuts also, die da ihren Weg in der Schweiz fanden.
Das Geld verschwand teilweise auf Bankkonten bei den fleißigen und aufrichtigen eidgenössischen Banken, dass die Signoras der Dottori, dort unterhielten.
Später, wahrscheinlich, um nicht als unverschämt dazustehen oder um nicht so brutal aufzufallen, wechselten noch ein paar winzig kleine Milliönchen, gerade eben fünf an der Zahl, diskret den Besitzer.
Wie gesagt, Kinder, um nicht als impertinent, unmanierlich oder abstoßend eklig, um nicht als saugender Blutegel dazustehen also, wurde das Geld umgeleitet.
Die Moneten landeten vorläufig in Dubai auf den Konten einen als arabischer Geschäftsmann getarnten und dahin gestellten Tausendsassa-Onkel, aus den Morgenländern.
Immer aus der Siemens-Portokasse für den ENEL Managers und deren beklünkerten Signoras, versteht sich von selbst, nicht wahr?
Wären die italienische Guardia die Finanza und die Staatsanwälte in Mailand nicht gewesen, es wäre alles glatt über die Bühne gelaufen.
Aber nein, sogar zum Klauen und Bestechen sind die Idioten aus dem Siemens-Kader zu blöd, denn die hatte ein kleines Problem nicht erkannt.
Das Problem war nur, dass, während bei den Siemens-Geldgauklern und nicht nur bei denen, in Deutschland solche Ausgaben als Peanuts gelten, verschwendetes Geld, das so ein Weltkonzern easy und locker aus der Portokasse ausgießen kann, als ständige Public-Relations-Ausgaben zu Buche schlagen.
Bei der humorlosen italienischen Guardia di Finanza und der Staatsanwaltschaft aber geht so was als glatte Bestechung durch.
Das war das Problem.
Andere Länder, andere Sitten, nicht wahr?
Die käuflichen ENEL Bazillen wurden, weil bestechlich, sofort vom Dienst suspendiert und unter Anklage gestellt.
Die PR-Artisten von Siemens Deutschland, von den sturen, starrsinnigen italienischen Juristen, kurzerhand als Korrumpierten abgestempelt, wurden aus dem goldenen und reichlich ergiebigen zugänglichen Topf des italienischen öffentlichen Ausschreibungstopfes für ein ganzes Jahr verbannt.
Was für ein salomonisches Urteil.
Peanuts, verdammt noch mal, das sind Peanuts und eine Beleidigung für all die anständigen und aufrichtigen Menschen aus beiden Ländern zugleich.
In derselben gut informierten Presse las ich an demselben schönen Frühlingstag in Süditalien, dass auch diverse Stromanbieter aus Deutschland im Land des O Sole mio ähnliche Probleme zu erwarten hatten.
Es sieht wirklich verdammt danach aus, dass nach dem Black-out als Erstes aus zu einem deutschen Stromanbieter gehörenden Überlandstromlinien in Italien, von Triest aus, neuer Lebenssaft in das italienische Stromnetz einfloss.
Wobei sich hier wieder mal zeigte, dass, „es sei das Licht“ kein leerer Satz ist.
Denn es wurde Licht, im ganzen Land wurde es schlagartig hell.
Bei der Guardia di Finanza aber auch, denn die fragten sich wohl, von wo her all der Saft, der die italienischen Sommernächte am Erhellen war, auf einmal herkam.
Weil, wie sich später herausstellte, und mir von denselben ENEL Ingenieure bestätigt würde, der Strom nachweislich aus dem Osten Europas, also aus nicht EU-Staaten kam, fragten sich die akribischen Finanzhüter zu Recht, ob jemand auch Einfuhrzoll dafür bezahlt hatte.
Die fingen an, die Sachlage auf den Grund zu gehen und legten somit das Fundament für dem nächsten Italo-Germanischer Skandälschen nieder.
Seitdem ist ein intoleranter und humorloser Staatsanwalt in Triest wegen Stromschmuggel gegen Unbekannte in ganz Europa am Ermitteln, denn das mit dem Stromschmuggeln in Europa soll in der Tat kein Novum oder eine italienische Erfindung sein.
Deswegen, immer noch laut Presseberichten, bekommt jemand langsam, aber sicher bei einigen Stromnetzbetreibern in Deutschland, und nicht nur dort, eiskalten Füßen, n´est pas?
Der einsame Blitz in den Schweizer Bergen, als Auslöser eines Finanzskandals, der nicht nur Siemens traf, hat eine Lawine ins Rollen gebracht.
Diese Lawine wird durch gar nichts und von niemandem mehr zu stoppen sein.
Der Blitz, der vom Himmel fiel, der hat eine gewaltige Maschine in Gang gesetzt, die höchstwahrscheinlich das gesamte Globalisierungskonzept auf dieser Welt auf den Kopf stellen wird.
Denn der Blitz hat alle Politiker aufgeschreckt und den Wählern klar gemacht, dass nicht die, sondern eine Handvoll Industrieller und Banken samt Aktentaschen Trägers und sonstigen untergeordneten Lakaien, das Sagen auf dieser Erde haben, nicht die Regierung eines Landes.
Es kann aber nicht angehen, dass eine Handvoll so genannten Global Players und Glücksspielers aus einfacher Gewinngier mit dem Schicksal ganzer Nationen und deren Bewohner auf so eine bestialische Weise spielen kann.
Diese Grandseigneurs des Geldes müssen einfach gestoppt werden.
Es