Katharina - Der letzte Winter mit Wölfen und Bären im Buchenland. Anna-Maria Wessely

Katharina - Der letzte Winter mit Wölfen und Bären im Buchenland - Anna-Maria Wessely


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für den Winter genügend Brennholz vorhanden ist. Natürlich hilft er so gut er kann auch bei anderen Arbeiten. Das vom Mann verdiente Geld wird für Dinge eingesetzt, die hinzugekauft werden müssen. Die Kinder suchen in den Wäldern Pilze und Beeren. Pilze werden für den Winter aufgefädelt und getrocknet, aus den Beeren wird Dulces (stark gezuckerte Marmelade) gekocht. Die täglichen Mahlzeiten richten sich nach den Jahreszeiten und sind daher vielseitig. Die buchenländer Küche hat ihren Ursprung im Böhmischen und vermischt sich mit den Essgewohnheiten der einheimischen Bevölkerung. Das arbeitsreiche Leben der Bewohner wird durch die schöne Landschaft mit ihren urwüchsigen Wäldern, Tieren, Flüssen und Bergen entschädigt. Die Bewohner genießen laue Abende mit ihren Nachbarn auf der Bank vor dem Haus sowie die Winterabende bei gemeinsamen Arbeiten in ihren warmen Häusern. Die pubertierende und aufmüpfige Katharina weiß genau, dass sie nicht wie ihre Eltern hier auf dem Land leben möchte. Sie will später in die Stadt ziehen und dort ein moderneres Leben führen.

      Katharina und Viorel

      Jeden Tag geht Katharina in die Webstube. Dort haben sie jetzt viel Arbeit, um die vor Weihnachten bestellten Teppiche zu weben. Weil sie ihre Teppiche am Ende selbst bestaunen kann, macht ihr die Arbeit Spaß. Zu Hause webt sie Abend für Abend an dem Stoff für ihren Hosenanzug.

      Abends kommen häufig die Nachbarfrauen zur gemeinsamen Heimarbeit zusammen. So nimmt sie an dem Dorfklatsch teil und hört manche Anekdote aus vergangener Zeit. In der Webstube gibt sie die Geschichten zum Besten.

      Am Samstags arbeitet Katharina nur bis Mittags. Fröhlich macht sie mit den Kolleginnen Feierabend. Als sie nach Hause geht, sieht sie auf der anderen Straßenseite einen Schlitten mit zwei Pferden.

      Sie geht daran vorbei und erschrickt, als der Kutscher mit seiner Peitsche knallt. Sie dreht sich um und spürt wie sie rot wird. Als Katharina den Kutscher erkennt denkt sie im ersten Moment, was macht den Viorel hier.

      Erst als er sie zu sich auf den Schlitten winkt, fällt ihr ein, dass er sie von der Arbeit abholt. Sie setzt sich in die Kutsche und packt sich in eine Decke ein.

      Ihre Sprachlosigkeit verdrängt sie mit den überflüssigen Worten: »Willst du mich abholen? « . Viorel antwortet: »Ich will dich überraschen « . »Das ist dir gelungen « , bringt sie gerade noch über ihre Lippen.

      Mit dem Geläut der Glöckchen an den Pferdehalftern fahren sie an den winkenden Kolleginnen vorbei. Katharina ist jetzt alles furchtbar unangenehm.

      Als Viorel zu ihr sagt: »Wir fahren durch das Tal und dann setze ich dich zu Haus ab « , nickt sie. Ob er ihr Nicken gesehen hat, weiß sie nicht.

      Für Katharina ist es ein schönes Gefühl in einem Schlitten mit zwei Pferden nach Hause gebracht zu werden. Diese Gespanne fahren sonst an ihr vorüber.

      Es ist wunderschön durch das tief verschneite Tal zu gleiten. Die Begleitmusik der Glöckchen an den Pferdehalftern löst in ihr eine wundersame Stimmung aus.

      Viorel sitzt auf dem Kutscherbock und führt seine beiden Pferde ohne etwas zu sagen. Sie wünscht sich jetzt, dass der Weg nie endet.

      Im leichten Trab überqueren sie die Moldova und kommen an den tief verschneiten Wäldern und an den Bergen Adam und Eva, um die sich viele Geschichten ranken, vorbei. Ihre eigene Geschichte behält sie stattdessen für sich. Der blaue Himmel und die verschneite Landschaft geben einen schönes Bild ab.

      Auf Umwegen kommen sie nach einiger Zeit an ihrem Elterhaus an. Hier wartet bereits die Familie vor dem Tor. Man hat sie vermisst. Ihre Eltern und ihre kleineren Geschwister sind begeistert, als sie das Gespann sehen.

      Als Viorel es merkt winkt er die Kleinen in den Schlitten. Im nu sind sämtliche Plätze belegt. Viorel wendet mit dem Gespann, als Katharina ihm sagt: »Ich glaube, meine Eltern wären auch gern eingestiegen? « Darauf antwortet er verlegen: »Leider haben wir keinen Platz mehr « .

      Mit einem Peitschenknall fahren sie los. Katharinas Geschwister, die sich in Decken eingepackt haben, fühlen sich jetzt wie kleine Schneekönige. Die Fahrt ist nach einer halben Stunde viel zu schnell vorbei.

      Auch am nächsten Tag erzählen sie von der Schlittenfahrt und immer wieder fragen sie: »Wann kommt Viorel mit dem Pferdschlitten vorbei? «

      Wenn Rosanah im Dorf ist, besucht sie Katharina in der Webstube. Hier haben sie viel zu besprechen. Rosana lädt Katharina Sonntag zu sich nach Hause ein. »Viorel und ich holen dich früh mit den Pferden ab und bringen dich auch wieder nach Hause « , sagt sie. »Ich freue mich schon darauf « , antwortet Katharina schmunzelnd.

      Schon die ganze Woche freut sich Katharina auf diesen Besuch. Ihre Kolleginnen reagieren neidisch und ihre Mutter meint nur: »Denk daran, dass du deinen Stoff fertig webst. Den Schnitt für den Hosenanzug habe ich schon vorbereitet « . »Bis Weihnachten werde ich das nicht mehr schaffen! « , antwortet Katharina gleichgültig.

      »Du wirst dich doch nicht in Viorel verliebt haben? « , fragte ihre Mutter ungläubig. Allen fällt auf, dass sie gut gelaunt ist. Sie kann nicht abwarten, dass Sonnabend nach der Arbeit der Schlitten mit den Pferden vor der Webstube steht.

      Bei ihrem Besuch bei Rosoanah ist die Zeit schnell vergangen. Als Viorel die Pferde anspannt und sie nach Hause bringt, sagt er Katharina unterwegs, dass er sie nächsten Sonnabend wieder abholen wird. Es sind die letzten Tage vor Weihnachten.

      Viorel verspricht Katharina den Besuch aus Czernowitz vom Bahnhof abzuholen. »Es soll eine Überraschung für die Gäste werden « , überlegt sie sich.

      Die Schultage vor den Weihnachtsferien sind in Czernowitz bald zu Ende. Katharinas Tante Irmgard, ihr Mann und ihre beiden Mädel bereiteten sich auf den Besuch in den Karpaten vor.

      Weihnachten in den Waldkarpaten

       Die Vorfreude auf das Fest ist groß, als Viorel mit dem Schlitten am Bahnhof eintrifft. Katharina spürt, dass der Besuch die Schlittenfahrt mit den leichtfüßigen Pferden durch das verschneite Dorf, an der Moldau entlang, an den Bergen Adam und Eva vorbei, in guter Erinnerung behalten wird.

      Die Schlittenfahrt ist wunderschön. Mit herzlichen Umarmungen und Fragen nach dem Verlauf der Reise werden die Gäste von ihren Eltern, der Baba und den Geschwistern, begrüßt.

      Die gute liebe Baba ist der Mittelpunkt der Familie. Zu den Feiertagen schläft sie bei ihnen. Sie rücken in ihrem Haus zusammen, weil Gäste immer willkommen sind. Irmgard und ihr Mann schlafen nebenan bei Onkel Johann und Tante Rosa.

      Gespannt hören alle zu, wenn die Gäste von der Reise berichten. Immer wenn sie über Czernowitz erzählen, hört Katharina gut zu.

      Ihre Mutter und Baba decken den Tisch, als die beiden Kinder aus der Stadt mit Katharinas Geschwistern in den Stall gehen, um die Tiere zu begrüßen.

      Da sind die Gänse, die Hühner, die Kühe und die Schweine. Alle scheinen die Gäste willkommen zu heißen. Der Hund Bango meldet sich ebenfalls.

      Katharinas Vater, dem der Besuch im Stall zulange dauert, holt die Kinderschar in die warme Stube zurück. Nach dem langen Tag fallen sie später müde in die Betten.

      Am nächsten Tag werden die Kinder unter Vorwänden vom großen Zimmer ferngehalten. Um die Zeit zu überbrücken, dürfen sie rodeln gehen und sich mit Katharinas Geschwistern im Schnee tummeln.

      Die beiden Hunde toben ihren Übermut aus. Im Sommerhaus nebenan wärmen sie sich auf. Das Betreten des Wohnhauses ist ihnen erst beim Glockenklingeln erlaubt.

      So warten alle auf das erlösende Geläut. Kühe, Schweine, Gänse und Hühner bekommen heute vom Hausherrn eine zusätzliche Portion Futter. Unter den Kindern gibt es kein Hänseln und keinen Streit. Die Freude auf das Christkind, das heute zu den Kindern kommt, flößt ihnen Ehrfurcht ein.

      Endlich ist es soweit. Ein Glöckchen erklingt und sie dürfen in das große Zimmer eintreten. Sie stehen vor einem hohen Tannenbaum mit brennenden Kerzen. Das Funkeln der Glaskugeln, die verzierten Lebkuchen, die in Stanniol


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