Das Medaillon von Ofon. Jessica Giffard

Das Medaillon von Ofon - Jessica Giffard


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geht es dir gut? Trink einen Schluck Wasser?«

      Er schenkte mir ein Glas Wasser ein und reichte es mir. Ich nahm es, trank und stellte es auf den Tisch ab.

      »Aber woher kannten Sie meinen Vater?«

      »Du warst zu klein, um dich an mich zu erinnern. Ich selbst war noch ein Kind und sehr oft in eurem Haus. Dein Vater hat mich viel gelehrt.«

      »Erzählen Sie mir mehr über ihn! Wie war er so?«

      »Er war ein großartiger Mensch. Ich habe immer zu ihm aufgesehen. Wenn man in seiner Nähe war, hatte man immer das Gefühl gehabt, es könne einem nichts passieren. Er war groß, gut gebaut und sehr gebildet. Es gibt viel mehr über ihn zu erzählen, aber ich muss dich erst darauf vorbereiten. Es ist nicht einfach für mich, denn viel Zeit haben wir nicht.«

      »Was meinen Sie damit? Reisen Sie denn bald ab?«

      »Nein, aber ich muss mich trotzdem beeilen. Später erkläre ich es dir. Am besten erzähle ich dir erst mal was über dieses Haus, bevor wir weiter von deinem Vater reden.«

      Ich war schon immer besessen von der Villa und der Geschichte, die dahinter steckte. Endlich hatte ich jemanden, der sie mir aus erster Hand erzählen konnte. Statt jedoch froh darüber zu sein, war ich irgendwie traurig, da ich lieber mehr über meinen Vater erfahren hätte und auf später vertröstet wurde.

      »Gehen wir rein.«

      Wir gingen nicht zur Terrassentür, sondern nahmen dieses Mal einen anderen Eingang, der weiter rechts lag. Die Tür war relativ klein, unscheinbar und alt. Es war wohl die Tür, die zum Keller führte. Er öffnete sie und ging hindurch. In mir machte sich ein mulmiges Gefühl breit. Trotzdem folgte ich ihm. Als wir unten ankamen, war da nichts, außer einem leeren Raum. Ich schaute mich um und fragte mich, was wir wohl hier wollten. Doch bevor ich etwas fragen konnte, nahm Ben die Kette, die er um seinen Hals trug und richtete sie auf die Wand. Langsam fielen viele kleine Steinbrocken von der Wand auf den Boden. Ein Symbol, das ich nicht erkennen konnte, wölbte sich aus dem Mauerwerk hervor.

      Er ging an diese Stelle und legte den Anhänger, der an der Kette hing, auf das Symbol. Es passte genau. Er drehte den Anhänger leicht nach rechts und ging einen Schritt zurück. Plötzlich bewegte sich die Wand und brachte eine eiserne Tür zum Vorschein.

      Er streckte die Hand aus und legte seine Handfläche auf eine tiefer gesetzte Stelle am eisernen Türrahmen und drückte sie leicht hinein, woraufhin sich langsam die Tür öffnete.

      Als diese endlich offen stand, konnte ich nichts erkennen. Der Raum war stockdunkel. Anscheinend waren dort keine Fenster. Ich zögerte und wusste nicht, was ich machen sollte. Ich konnte mich nicht von der Stelle rühren. Ben trat ein und schaltet das Licht an.

      »Komm nur rein, ich tue dir nichts. Ich möchte dir nur etwas zeigen.«

      Schließlich trat ich ein. Das Erste, was ich sah, war ein Porträt von einem gutaussehenden Mann. Aus irgendeinem Grund war mir das Gesicht vertraut. In dem Raum waren auch sehr alte Artefakte und Waffen, die üblicherweise in Museen zu finden sind. Einig davon waren in Vitrinen aufbewahrt und andere hingen an den Wänden. Diese hier waren so gut erhalten, dass ich dachte, sie seien nachgebaut worden. Viel mehr war nicht im Raum.

      »Sarah, das ist Cyrus. Er hat die Villa bauen lassen vor über 500 Jahren.«

      »Das Haus ist über 500 Jahre alt? Wie ist das nur möglich? Es sieht gar nicht so alt aus.«

      »Nun alle 50 Jahre wurde das Haus komplett saniert und der Zeit angepasst, damit man nicht auf Anhieb sieht, dass es so alt ist. Da das Grundstück weit abseits liegt und niemand hier vorbeifährt, ist es auch niemandem aufgefallen.«

      »Was ist mit dem Herrn des Hauses geschehen?«

      »Das kommt später. Zuerst muss ich dir alles andere erzählen. Dazu müssen wir wieder hochgehen.«

      Wir nahmen eine Treppe nach oben. Als er die Tür öffnete, standen wir wieder im Eingangsbereich der Villa. Wir blieben vor einem Frauenporträt stehen.

      »Das ist Terra, die Schwester des Herrn.«

      Er deutete auf weitere Porträts:

      »Hier siehst du ihren Ehemann und die Kinder sowie ihre Enkelkinder. Leider endet hier die Nachkommenschaft der Schwester durch einen tragischen Unfall.«

      Bevor ich etwas fragen konnte, lief er weiter zu der Tür, hinter der sich das Arbeitszimmer befand und trat ein. Ich grübelte, ob er wusste, dass ich schon hier war, aber wann sollte es ihm der Butler gesagt haben?

      »Das hier war die Mutter des Herrn. Sie starb im Alter von 150 Jahren. Tatsächlich war sie noch ganz fit. Trotz ihres hohen Alters war es für den Herrn sehr schmerzhaft. Erst die Schwester, dann die Mutter. Plötzlich war er ganz alleine.«

      Ben machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach.

      »Obwohl er ein sehr beschäftigter Mann war und durch die ganze Welt reiste, fühlte er sich einsam. Aber an einem schönen Sommerabend begegnete ihm eine Frau, die sein Leben verändern sollte. Nur kurze Zeit später machte er ihr einen Antrag.

      Sie war noch relativ jung, gerade mal in deinem Alter. Sie heirateten und bekamen kurz darauf eine wunderschöne Tochter. Nun war das Glück perfekt, bis …«

      Er verstummte. Ich wartete ein paar Sekunden, doch ich konnte es kaum abwarten, bis er weitererzählte.

      »Bis was?«

      »Bis er bei einem Spaziergang im Wald jemandem begegnete, der ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Der Realität seines Lebens, die er die ganze Zeit geheim gehalten hatte. Die er verdrängen und vergessen wollte, da er überglücklich mit der Frau und seiner Tochter war, die er beide über alles geliebt hatte. Weißt du, er hatte ungewöhnliche Kräfte, die er von Zeit zu Zeit benutzte, um Menschen und anderen zu helfen, die in Not waren. An jenem Tag stand er vor der schwersten Entscheidung seines Lebens. Er musste fortgehen, da er die Menschen, die er mehr liebte als sich selbst, nicht in Gefahr bringen wollte.«

      Wieder eine Pause. Mein Körper begann zu kribbeln. Es war, als würde ich unter Strom stehen.

      »Er ging nach Hause und redete mit seiner Frau. Natürlich sagte er ihr nicht die Wahrheit, um sie nicht zu beunruhigen. Er sagte ihr nur, dass er sofort abreisen müsse und er nicht wissen würde, wann er zurückkommen könnte. Die Frau war sehr beunruhigt. Sie hatte in seinen Augen gesehen, dass irgendetwas nicht stimmte.

      Auf die Frage, was passiert war, antwortete Cyrus, dass alles in Ordnung sei und sie sich keine Sorgen zu machen brauche. Er würde sich melden, auch wenn bis dahin viel Zeit vergehen könne.

      Als er seine Tochter in die Arme nahm, kamen ihm die Tränen. Er verbarg sie vor seiner Frau. So sehr er es sich auch wünschte, er konnte nicht bleiben, sondern musste das in Ordnung bringen, worüber er nicht sprach - auch wenn es ihm das Leben kosten würde.

      Schließlich riss er sich zusammen, um seine Frau nicht noch mehr zu beunruhigen. Er nahm ein kleines Gepäck und fuhr fort. Das Letzte, das er sah, war der traurige Blick seiner Frau und das Lächeln seiner Tochter.«

      »Und kam er zurück?«

      »Er kam nicht zurück.«

      »Was passierte mit ihm?«

      »Das weiß keiner.«

      »Und was passierte mit seiner Frau und der Tochter?«

      »Sie leben noch.«

      »Wo? Die Villa gehört doch ihnen?«

      »Das ist nicht einfach zu erklären. Sie wissen nichts von der Villa, denn Cyrus baute ein bescheidenes Haus weiter weg, damit er sein Geheimnis hüten konnte. Hätte er seine Frau hergebracht, hätte sie viele Fragen gestellt und das wollte er vermeiden. Sie wohnen nicht weit von hier.«

      »Ja, wer sind sie und wo wohnen sie?«

      »Sarah, nun ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll …«

      »Vielleicht


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