Der Bund der Katzenfrauen. D. Bess Unger

Der Bund der Katzenfrauen - D. Bess Unger


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eingeteilt. Jede Sektion wird von einem Game Ranger und von einem Team von zehn Game Guards betreut. Wir in Letaba sind die größte.« Er rief zwei Namen. Aus der Gruppe lösten sich zwei Männer. »Das ist Game Guard Makasani und das Game Guard Samuel, zwei Tsongas«, stellte er vor. »Meine Assistenten für die morgige Prüfung.«

      Lena gab den kleinwüchsigen Männern die Hand. Die beiden tuschelten hierauf eifrig miteinander und warfen im Weggehen entgeisterte Blicke über die Schulter. »Sie wundern sich, dass eine Frau eine derartige Körpergröße haben kann«, entschuldigte Jan ihr seltsames Verhalten.

      Lena war nicht beleidigt. »Wieso ist der Gepard dein Sorgenkind?« Sie warf dem Tier einen flüchtigen Blick zu. »Er sieht munter aus.«

      »Das täuscht blöderweise. Seit Tagen verhält er sich seltsam, legt den Kopf windschief, schüttelt ihn, frisst nicht«, sagte er und kraulte Cheetah unter dem Kinn. »Hoffentlich hat er keinen Tumor im Kopf.«

      Zum Erstaunen des Besitzers ließ sich Lena vor dem Tier auf die Knie sinken.

      Der Gepard ließ die intime Nähe des für ihn fremden Menschen zu und saß wie eine Statue. Lena sah in ein getupftes Gesicht mit zwei schwarzen Tränenstreifen, die sich von den Augen ausgehend wie eine Kriegsbemalung um die Nase herum zu den Mundwinkeln zogen. Seine weiße Aura war schemenhaft, um ein Haar unfassbar, wie ein Flimmern der Luft über Felsen in der Sonnenglut. Eingehend fixierte Lena die Katzenaugen, sie verlor sich in den vertikalen Schlitzen der geöffneten Pupillen.

      Jan spannte die Muskeln an, bereit sich zwischen die Beiden zu stürzen, sollte die Raubkatze sich von Lena bedroht fühlen und auf sie zufahren.

      Ein Bild baute sich in Lena auf, anfangs schemenhaft, aber als sie ihre Konzentration verstärkte, erfühlte sie eine bohrende Qual. Behutsam und unendlich gelassen löste sie ihren Blick von den bernsteinfarbenen Augen und erhob sich. Auch Cheetah stand auf, ging einen Schritt auf Lena zu und leckte ihr über die Hand. Die Katzenzunge prickelte auf ihrer Haut.

      Fassungslos hatte Jan die Szene beobachtet. »Cheetahs weitgeöffnete Pupillen und sein Lecken, das sind untrügliche Zeichen, dass er dich als seinesgleichen akzeptiert«, stammelte er. »Einen Menschen, einen fremden noch dazu! Das ist unfasslich!« Er geriet aus dem Häuschen. »Du musst eine enorme Ausstrahlung auf Tiere ausüben«, sagte er. »Und nicht nur auf Tiere«, fügte er an. »Willst du nicht bei uns im Park anheuern? Eine Frau wie dich, könnte ich gebrauchen ... Äh, eine Assistentin natürlicherweise«, schob er nach.

      Lena tat, als würde sie an einen Versprecher glauben und verzog den Mund zu einem gequälten Grinsen. »Assistentin? Keine schlechte Idee«, erwiderte sie, »zumindest, wenn ich die nächsten beiden Tage überlebe.«

      »Was meinst du mit ’Wenn ich überlebe’? Bei uns bist du behütet wie in Abrahams Schoss!«

      »Ossy hat angedeutet, ich soll bei den Prüfungen den Trottel abgeben, der sich im Busch verläuft, über Löwen stolpert, von Hyänen angefallen wird ...«. Sie blickte ihn fragend an. »Das war nur ein Witz, oder?«

      »Pustekuchen!«, lachte der Game Ranger, »Morgen beginnt die praktische Abschlussprüfung. Wir gehen zu Fuß in den Park hinaus, wie das die ausgebildeten Trail Ranger mit ihren Gästen auf Touren machen. Die Prüflinge werden von mir mit Problemen konfrontiert und ich schau mir an, ob sie das Gelernte umsetzen können. Dir kommt die Rolle des Touristen zu. Das wird dir einen grandiosen Einblick in das Leben im Park vermitteln!«

      ›Ihr habt sie wohl nicht mehr alle‹, durchfuhr es Lena. Urplötzlich kam ihr Jan nicht im Geringsten mehr attraktiv und sympathisch vor. Sie konnte nicht verstehen, wie sie den unverschämten Kerl auf einer Stufe mit Yannis hatte stellen können.

      »Das ist total harmlos, Lena«, versicherte Jan, der ihre Verärgerung spürte. »Ich stehe neben dir, auf mich kannst du dich verlassen!«

      Lena sah in seine graublauen Augen und zerschmolz, sie beschloss, ihr Unbehagen vorerst zurückzustellen. »Cheetahs Problem, Jan, ich habe da eine Vermutung ...«

      »Ja?« Gespannt hing er an ihren Lippen.

      »Gibt es einen Tierarzt hier im Camp?«

      »Natürlicherweise, im Erste-Hilfe-Zentrum. Unser Tierarzt hat sich Cheetah schon angesehen, doch nichts gefunden.«

      »Geh noch einmal zu ihm hin und lass den Gehörgang des rechten Ohrs genau untersuchen! Ich glaube, dort hat sich ein Fremdkörper hineingebohrt. Hoffentlich ist das Trommelfell nicht schon geschädigt.«

      Jan blickte skeptisch. »Wie kommst du darauf? Studierst du auf Tierärztin?«

      »Nein, aber nicht ausgeschlossen, dass ich das tue«, erwiderte Lena unbestimmt. »Du hast ja gesehen, dass ich eine innige Verbindung zu Tieren aufbauen kann.« Ihre Stimme wurde dringlich. »Geh gleich, bitte!«

      »Cheetah, komm!«, befahl Jan ohne rechte Überzeugung, »Zum Onkel Doktor.« Der Game Ranger war schon auf dem Weg, als er stehen blieb und zurückkam. »Wenn du richtig liegst, steigt heute Abend ein Buschbraai!«

      »Buschbraai?« Verständnislos starrte Lena ihn an. »Was soll das sein?«

      »Lass dich überraschen«, sagte er. Im Weggehen schlug er sich mit der Hand an die Stirn. »Ach ja, wir müssen überlegen, wo wir dich unterbringen.« Er wandte sich zu den Schülern um, die bei dem Bronze-Elefanten standen und sich lautstark unterhielten. »Princess, auf ein Wort!«

      Eine Schwarze, zwei Köpfe kleiner als Lena, mit kurzem gelocktem Haar, löste sich aus der Gruppe. Jan schnatterte mit ihr in einer Sprache, die Lena nicht verstand. Die nickte und lachte. »Princess ist vom Stamm der Makuleke, sie haben ihre eigene Sprache«, erklärte Jan. »Du kannst mit ihr Englisch sprechen. Sie wird dir alles zeigen.« Er rannte mit Cheetah los.

      Lena gab Princess die Hand. Sie schien nett zu sein, aber ein bisschen reserviert. Weil ich eine Weiße bin? Ein kurzer Blick in ihre Augen zeigte anderes, sie war in Ossy verknallt und eifersüchtig auf Lena, weil sie tagsüber mit ihm zusammen gewesen war.

      Lena unternahm einen Entspannungsversuch. »Kann man von hier mit dem Handy anrufen, Princess?«, fragte sie. »Ich möchte meinem Freund sagen, dass ich glücklich angekommen bin.«

      »Klar, das geht«, erwiderte sie. »Du hast schon einen Freund? Einen festen?«

      »Logisch! Du etwa nicht?«, fragte Lena scheinheilig. »Einem der Jungen hier gefällst du garantiert.« Sie wies auf die Gruppe der Prüflinge.

      Princess lächelte verlegen, wagte aber nichts zu sagen.

      »Lass mich raten«, sagte Lena. »Es ist Ossy! Richtig?«

      »Ja, aber er ist ein Zulu und ich nur eine Makuleke«, sagte Princess bitter. »Er wird mich nicht mögen. Unser Stamm lebte im Norden von hier, im Grenzgebiet zu Simbabwe. Von dort wurden wir vertrieben und erst vor sechs Jahren hat man uns unser Stammland zurückgeben. Das Volk der Zulus hält uns für schwächlich. Wir sind nur ein paar Leute und die sind so viele.«

      Lena legte den Arm um Princess. »Das mit Ossy und dir, das wird schon. Unter Umständen kommt ihr euch heute Abend näher«, versuchte sie das Mädchen aufzumuntern. »Komm, zeig mir, wo ich schlafen soll.«

      Das Zelt stand unter einem Marula-Baum und war mehr ein Bungalow mit einer stabilen Tür. Eine Plane in Form eines Satteldaches schützte vor Regen und herabfallendem Dreck der Bewohner des Baums. Lena sah in die Krone hinauf. Mit dem Kopf nach unten hingen dort seltsame Wesen. »Was sind das für Tiere?«, fragte sie. »Fledermäuse?«

      »Nein, das sind Flughunde«, erwiderte Princess und öffnete die Tür. »Komm jetzt, ich zeig dir, wo du deine Sachen lassen kannst und wo du schläfst.«

      »Wo sind die Toiletten und Duschen?«

      »Du musst nur zwei Minuten gehen.« Princess gab Lena eine Taschenlampe. »Wenn du nachts raus musst, leuchte genau deinen Weg aus, damit du nicht auf eine Puffotter trittst. Die machen dir keinen Platz!«

      Nachdem Lena ihre Sachen verstaut hatte, steckte sie ihr Buch über den Park in


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