Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
Tempel der tausend Freuden umzubauen. Innerhalb
kurzer Zeit gelang es ihr, die Reichen und Mächtigen der
Stadt von seinen Vorzügen zu überzeugen. Seitdem die Oberen
der Wächtergilde dort verkehrten und selbst Mylords des Adels
dort ein und aus gingen, wurde das Haus als Geheimtipp unter
ihresgleichen gehandelt.
Stern freute sich, die alte Kampfgefährtin bald wiederzusehen.
Daher betrat er voller Neugier die prächtige Halle, denn bisher
hatte er ihr Haus noch niemals aufgesucht. Gerüchte, die auf dem
Schiff kursierten, deuteten auf ein vielversprechendes Ambiente,
wobei sein erster prüfender Blick dies eindrucksvoll bestätigte.
Teure magische Lampen verbreiteten ein warmes Licht. Sie ließen
die hauptsächlich in rot gehaltenen Möbel angenehm einladend
erscheinen. Schwere Stoffvorhänge an den Fenstern verwehrten
Neugierigen den Blick ins Innere. Fast automatisch lenkten sie
das Auge auf erotische Szenen, die in kunstvollen als auch detailgetreuen
Stickereien darauf festgehalten waren. An den Wänden
hingen farbenprächtige Bilder, die als Motive ebenfalls eindeutige
Darstellungen der lustvollen Liebeskunst zum Ausdruck brachten.
Eine große breite Treppe, ausgelegt mit einem kostbaren Läufer,
führte augenscheinlich in obere Räumlichkeiten. Dort befanden
sich vermutlich auch die Zimmer der anwesenden weiblichen Wesen,
die leicht bekleidet auf mehreren Diwans, üppig mit flauschigen
Kissen bedeckt, mehr lagen als saßen.
Mit einem einladenden Lächeln schauten sie zu Hieronymus
Stern hinüber. Ihre Zungen fuhren lasziv über dezent bis grell
gefärbte Lippen während schlanke Finger mit langen kunstvoll
bemalten Nägeln aufreizend durch lockiges oder glattes Haar strichen.
Eine der Schönheiten glänzte mit einem bemalten Haupt,
weil sie keinerlei natürliche Kopfbehaarung aufwies. Im Hintergrund
bemerkte Stern die Anwesenheit dreier Männer, die sorgsam
den Eingang als auch die eintretenden Gäste im Auge behielten.
Bei ihnen musste es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um
das Sicherheitspersonal des Tempels handeln, das sich diskret um
jeden zahlungsunwilligen oder renitenten Gast kümmerte. Sie hatten
ihn sofort bemerkt, denn einer von ihnen nickte einer Person
in einem Nebenraum zu, den Stern von seinem Standpunkt aus
nicht einsehen konnte. Einen Moment später trat eine Frau mittleren
Alters heraus und kam auf ihn zu. Sie wirkte streng, woran ihr
glattes braunes Haar wesentlichen Anteil hatte. Der lange Zopf
reichte ihr dabei bis zum wohlgeformten Gesäß. Das erdfarbene
einteilige Gewand betonte die schlanke Figur und nahm ihr etwas
von der Strenge, die im Gesichtsausdruck zu erkennen war.
»Zu so später Stunde noch unterwegs, Kapitän?«, begrüßte sie
ihn höflich. »Mein Name ist Wu’Din, ich bin die Ma’domina des
Tempels. Was kann unser Haus für euch tun, Kapitän? Verlangt es
euch nach Entspannung und Unterhaltung oder habt ihr spezielle
Wünsche? Wir machen alles möglich was ihr wünscht, wenn es
sich im Rahmen menschlicher Zumutbarkeit bewegt.«
Mit einem freundlichen, fast sinnlichen Lächeln auf den Lippen,
wartete sie auf seine Antwort.
»In der Tat«, erwiderte Stern, der ebenfalls höflich zurücklächelte.
»Mir ist nach Unterhaltung, Wu’Din. Für die anderen Vergnügungen
benötige ich die Dienste des Tempels nicht. Doch sagt,
Mylady«, wobei Stern die gebräuchliche Anrede für eine vornehme
Dame benutzte, »ist die Inhaberin des Hauses, MayLi, anwesend?
Besteht zudem die Möglichkeit trotz der fortgeschrittenen
Stunde, noch mit ihr zu sprechen? Ich bin ein alter Freund und ich
denke, sie würde mich, so sie sich noch nicht zur Ruhe begeben
hat, sicherlich empfangen.«
»Natürlich ist Mylady MayLi noch wach, Kapitän. Sie ist die
Erste, die kommt und die Letzte, die sich zur Ruhe begibt, wie es
sich für eine gute Chefin gehört. Und ja, sie empfängt euch, weil
sie euer Kommen bereits erwartet. Über euer baldiges Erscheinen
hat sie mich bereits unterrichtet. Ich soll euch, sobald ihr unser
Haus betreten habt, in ihre Privatgemächer führen.«
Hieronymus Stern war gebührend beeindruckt wie gut der
Nachrichtendienst MayLi’s funktionierte und nickte nur zustimmend.
»Wenn ihr mir bitte folgen wollt, Kapitän«, bat die Ma’domina
höflich. Sich umdrehend schritt sie zur prunkvollen Treppe, um
Stern den Weg zu weisen. »Mylady hat ihre Räumlichkeiten im
obersten Stock, für einen Besuch müsst ihr euch leider etwas anstrengen.«
»Ich bin zwar nicht mehr der Jüngste, doch die paar Stufen
werde ich noch schaffen ohne ins Schnaufen zu geraten«, bemerkte
Stern scherzend, wobei er dem wohlgeformten Hinterteil in
dichtem, fast schon unziemlichen Abstand folgte. Irgendwie juckte
es den Kapitän, dieser kühl wirkenden Frau einen Klaps auf den
Hintern zu geben, doch mühsam beherrschte er diesen Anfall von
triebhaftem Verlangen.
»Mylady MayLi hat dieses Haus vor einigen Jahren komplett
neu eingerichtet, Kapitän. Wir verfügen nun über mehrere Dampfbäder
als auch geheizte Becken mit wohltemperiertem Wasser. Sie
sind mit exotischen Duftölen versehen, die eure Sinne mit atemraubenden
Eindrücken zu kitzeln vermögen. Unsere Massagedamen
werden gerühmt, so perfekt verstehen sie ihre Kunst. Sollte euch
einmal der Sinn nach neuen erotischen Genüssen stehen, Kapitän,
so seid ihr bei uns in den besten Händen. Was ich im wahrsten
Sinne des Wortes meine.«
Wu’Din musste über ihren Vortrag, der die Vorzüge des Hauses
der Freude so eindeutig hervorhob, selber schmunzeln. Sie drehte
sich kurz um und schaute Stern mit einem tiefen Blick