Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
entschied, denn in ihrer Heimat bestand Gefahr für ihr Leben. Sie entstammt der
höheren Hierarchie, was bedeutet, dass sie über einige Dinge Bescheid wusste, die
nur Mitgliedern des internen Zirkels bekannt waren.
Darüber hinaus hat sie mir in einer unterhaltsamen Stunde« und hier lächelte Hieronymus Stern leicht verträumt während ein kaum wahrnehmbares Zucken seine
Mundwinkel umspielte, »einige merkwürdige Geschichten aus ihrem
damaligen Domizil erzählt. Vor langer Zeit, es mag ungefähr
fünfzehn Jahre her sein, wurde aus dem Herrscherhaus des regierenden
Fürsten ein kleines Mädchen geraubt. Üble Halunken sollen es gewesen sein,
die sämtliche Dienerschaft bei dem Überfall niedermachte.«
Sterns Stimme bebte vor Zorn. Sie wurde dabei so laut, dass
sich an den entfernten Tischen Köpfe in ihre Richtung drehten.
Schnell mäßigte der Kapitän seine Lautstärke als er seine Erzählung
fortsetzte.
»Die Entführer konnten unerkannt entkommen, Moon’dan. Einzig
das kleine Mädchen nahmen sie mit. Ein großer Fehler, glaube
ich, denn die Kleine war die zukünftige Thronerbin. Irgendwann
sollte sie den sagenhaften Spinnensessel besteigen, dieses Artefakt der
Herrscher von Thetis. Die folgende lange Suche der Familie nach
dem Kind hatte keinen Erfolg. Dunkle Mächte verhinderten vermutlich,
dass das Mädchen aufgespürt werden konnte. Jedoch gab
es Hinweise, die darauf deuteten, dass sich dieses Kind, inzwischen
sicher eine junge Frau, hier auf Alurien aufhalten könnte. Sie ist
sich ihrer Herkunft nicht bewusst und hält sich unter Umständen
für die Tochter eines fremden Mannes, der nicht ihr leiblicher Vater
ist. Gleichwohl verdichtet sich ein Verdacht, der die Tochter des
Tavernenwirts Zum Würfelbecher mit diesem Kind in Verbindung
bringt. Das ist der Hauptgrund, weshalb ich mit meinem Schiff
hier vor Anker liege. Die Teilnahme am JIXX-Spiel dient hauptsächlich
der Tarnung. Darum lasst Vorsicht walten, Moon’dan. Die
Rotröcke und deren angeheuerte Schergen sind hinter uns her, um
sich wieder zu holen, was ich ihnen damals raubte. Das wollte ich
euch mitteilen, damit ihr gewarnt seid.«
Mit großen Augen war die Fee der Geschichte des Piratenkapitäns
gefolgt, dabei schüttelte sie immer wieder ungläubig den Kopf.
»Einfach unglaublich, Stern. Ich danke euch für euer Vertrauen.
Dieses Wissen werde ich für mich behalten. Auch eure Warnungen
will ich beherzigen, jedoch hatte meine Freundin recht, als
sie sagte, dass ich beim Piraten mehr Informationen bekomme als
mir lieb ist. Sie hat mir eurer kleines Geheimnis verraten, Kapitän.
Nun ja, ein richtiges Geheimnis scheint es nicht zu sein, da ihr eine
Art Doppelleben führt. Dennoch, geschätzter Pirat, es ist nicht
allgemein bekannt, dass ihr hin und wieder von hier verschwindet,
um mit eurem verborgenen Schiff auf große Fahrt ins Sternenmeer
zu gehen«, lächelte Mondlicht wissend.
Sie unterbrachen ihr Gespräch erneut als Jolande sich näherte,
um die bestellten Getränke vor ihnen auf den Tisch zu stellen.
Mit einem ganz anderen Blick als zuvor musterte Moon’dan die
hübsche junge Frau, die sich bereits wieder umgedreht hatte, um
ihre Arbeit an den anderen Tischen fortzusetzen. Kurz nahm die
Pangäerin einen kleinen Schluck vom köstlich mundenden Saft.
Langsam setzte sie den Becher wieder ab, um einen Moment zu
überlegen.
»In der vorletzten Nacht sind einige seltsame Dinge passiert,
Kapitän. Doch jetzt vermute ich da Zusammenhänge, die mir vorher
nicht in den Sinn gekommen wären. Nun kann ich mir manches
zusammenreimen.«
Die Fee blickte sich unauffällig um, ehe sie im Flüsterton weitersprach.
»Ihr wisst, Stern, meine Hütte steht etwas außerhalb der Stadt.
Am Rande einer Lichtung, die von einem großen Drachenbaum
gehütet wird, der mitten in ihrem Zentrum steht. Als ich und mein
Gefährte die Lichtung verlassen hatten, sind unbekannte Gestalten
dort aufgetaucht. Sie taten geheimnisvoll und haben dort etwas
vergraben. Dies hat mir die Dyrade verraten, die als Hüterin des
Baumes in seinen Ästen wohnt. Ich habe über dieser Stelle eine
sehr starke und uralte Magie gespürt, jedoch wagte ich nicht, danach
zu graben. Clovis, mein Gefährte, gab mir heute den Rat,
euch aufzusuchen, damit ich euch dies persönlich mitteile.«
Nachdenklich trank Hieronymus Stern einen großen Schluck
vom Rotwein, der, wie er anerkennend bemerkte, wirklich ein hervorragender
Tropfen war. Mit Genuss ließ er den samtigen Geschmack
einige Sekunden im Gaumen wirksam werden, bevor er
sich äußerte. Eigenartig, wie sich die Dinge entwickelten. Gestern
erst hatte er bemerkt, dass das Sehende Auge, das Aurelia damals von
der Heiligen Kuh mitgenommen hatte, verschwunden war. Es war
Stern einfach unerklärlich, wie sich ein Dieb, an allen Sicherungen
vorbei, dieses Artefakts bemächtigen konnte. Nun bestand eine
vage Hoffnung, dass das Auge unter einem Drachenbaum ganz
in der Nähe vergraben lag. Er brauchte dieses Auge, denn damit
wollte er Licht in das Geheimnis um die Entführung von Aurelias
Tochter Mylinda bringen. Endlich Gewissheit erlangen, ob Jolande
tatsächlich ihr leibliches Kind war. Vor ihrem ersten Treffen am
Lagerfeuer hatte ihn die Fee auf dem Marktplatz bei einer Unterredung
mit einem Alchemisten überrascht. Möglicherweise hatte
sie dabei einiges von seinem Gespräch mit dem Mann gehört.
Was hatte die listige Fee von ihrer Unterredung mitbekommen?
Er war umsichtig und unauffällig an den Stand herangetreten und
hatte sich vergewissert, dass sich niemand Verdächtiges in der Nähe
aufhielt. Dennoch war ihm die Anwesenheit der Pangäerin entgangen.
Hieronymus Stern ärgerte sich, dass