Puppenspiel mit Dame. Britta Bendixen

Puppenspiel mit Dame - Britta Bendixen


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in die Augen sehen, wenn er sich für oder gegen sie und das Kind entschied. Sie erhöhte das Tempo. Es begann leicht zu regnen, und sie beschloss, den Heimweg anzutreten, bevor es schlimmer wurde. Sie hasste es, bei Regen zu joggen.

      Als sie außer Atem und verschwitzt zu Hause ankam hatte sie eine Entscheidung getroffen. Sie packte rasch eine Tasche, ging zum Telefon und ordnete an, ihren Privatjet vorzubereiten, sie wolle über das Wochenende nach Los Angeles fliegen. Dann sprang sie unter die Dusche.

       Los Angeles

      Der Flug verlief reibungslos, nur beim Start und bei der Landung war ihr ein wenig übel. Das Baby hat wohl was gegen das Fliegen.

      Sie hatte sich bereits von New York aus einen Leihwagen gemietet und sicherheitshalber ein Zimmer im Beverly Hills Hotel reserviert. Als sie auf dem L. A. International Airport ankam, war es dort fast Mitternacht.

      Soll ich jetzt direkt zu Steve fahren? überlegte sie. Oder lieber ins Hotel?

      Doch sie wusste, sie würde nicht schlafen können, bevor sie nicht mit ihm gesprochen hatte, also ließ sie sich den Wagen bringen und fuhr hinaus nach Pasadena.

      Steve hatte ihr zu Beginn ihrer Beziehung seine Karte gegeben, die Adresse stand darauf, ebenso wie seine Telefonnummer. Sie verzichtete jedoch darauf, ihn mit einem Anruf vorzuwarnen.

      Sein Haus lag in der Nähe des Brookside Park. Gegen ein Uhr fuhr sie die Kiesauffahrt hinauf und sah sich dabei um. Es war zwar dunkel, doch im Licht der Autoscheinwerfer und einiger Laternen konnte sie sehen, dass es ein herrliches Grundstück war, eingerahmt von Palmen und Zypressen.

      Das Haus selbst war ebenerdig, großzügig geschnitten und sehr modern. Sie sah einen Swimmingpool und erahnte sogar in einiger Entfernung einen Tennisplatz. Während ihrer Internatszeit in der Schweiz hatte sie fast täglich Tennis gespielt.

      Hier könnte ich mich wohl fühlen, dachte sie mit einem zufriedenen Lächeln. Ein schöner Ort zum Leben und um ein Kind aufzuziehen.

      Sie hielt vor der offenen Garage an. Dort stand ein Sportwagen, einige Fenster im Haus waren beleuchtet. Steve war also offensichtlich zu Hause und auch noch wach. Sie nahm ihre Tasche vom Beifahrersitz, stieg aus und ging mit klopfendem Herzen zur Eingangstür. Wie würde er reagieren, wenn sie so unverhofft vor seiner Tür stand?

      Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr, nahm all ihren Mut zusammen und läutete. Eine melodische Glocke ertönte. Es dauerte nicht lange, dann hörte sie von innen seine Stimme.

      „Lass nur, Josefine, ich gehe schon. Du kannst dich wieder hinlegen.“

      Josefine. Er hatte seine Haushälterin hin und wieder erwähnt, stets in einem Tonfall der signalisierte, dass er ihr sehr zugetan war.

      Er öffnete die schwere Holztür. Sein Gesicht, als er sie erkannte, zeigte Überraschung, aber keine Freude. Doch er fing sich schnell.

      „Linda! Was machst du denn hier? Komm rein.“ Er ging zur Seite und ließ sie eintreten.

      Der Eingangsbereich war mediterran eingerichtet und geräumig. Ein großer heller Teppich auf braunen Bodenfliesen, dezente Beleuchtung, geschmackvolle Bilder und die vielen Pflanzen in tönernen Kübeln gaben dem Raum eine anheimelnde Atmosphäre. Sie sah sich interessiert um. „Schön hast du es hier.“

      „Danke.“ Er nahm ihr die Tasche ab und stellte sie auf eine antike Kommode. „Gehen wir ins Wohnzimmer.“

      Er ging voraus in den sanft beleuchteten Wohnbereich, der von einer gigantischen Couch beherrscht wurde, die vor einem offenen Kamin stand, in dem jedoch kein Feuer brannte. Dazwischen lag ebenfalls ein heller, großer und dicker Teppich. Das Fernsehgerät zeigte eine Sportsendung. Steve schaltete das Gerät aus.

      Vor dem Panoramafenster, das auf den Pool und die Terrasse hinausging, stand ein Flügel, auf dem einige Fotos in silbernen Rahmen standen. Linda ging langsam auf das glänzende Instrument zu.

      „Spielst du?“

      „Nicht sehr oft und nicht sehr gut. Aber manchmal entspannt es mich.“

      Ihre Finger glitten sanft über die Tasten, ohne einen Ton hervorzubringen. „Hast du in den letzten paar Tagen gespielt?“

      „Ja, gestern.“ Sie hörte die Verwunderung in seiner Stimme. „Und heute auch ein wenig. Woher weißt du das?“

      Sie zuckte mit den Schultern. „Nur so ein Gefühl.“

      Sie schaute sich die Fotos an. Auf einigen Bildern war er mit Leuten zu sehen, die vermutlich zu seiner Familie gehörten. Auf einem Foto war eine ältere blonde Frau mit Übergewicht zu sehen, die früher mal sehr hübsch gewesen sein musste. Ihre Augen glichen denen von Steve. Bestimmt war das seine Mutter. Neben ihr stand ein Mann in Steves Alter, der ihm sehr ähnelte. Vermutlich also sein Bruder.

      Auf anderen Bildern stand er neben Schauspielern, mit denen er bereits gearbeitet hatte. Sie erkannte James Belushi, Michael Douglas und Farrah Fawcett-Majors. Auf dem Bild hatte Steve den Arm um Farrah gelegt und sie strahlte ihn an. Linda spürte einen Stich und deutete auf das Foto. „Hattest du was mit ihr?“ Sie bemühte sich, interessiert und nicht eifersüchtig zu wirken.

      „Mit Farrah? Nein, gegen Lee kam ich nicht an“, lächelte er. „Im Ernst, sie ist nur eine Freundin.“

      Linda drehte sich zu ihm um. „Ich hoffe, ich störe dich nicht“, begann sie, „aber ich musste dich einfach sehen. Und da du dich bei mir nicht blicken lässt - nun ja: da bin ich!“ Sie breitete die Arme aus und ließ sie wieder sinken.

      Er spürte ihre Unsicherheit. Linda und unsicher! Das hatte er noch nie bei ihr erlebt. Da er sich selbst gegenüber zugeben musste, dass er sich wirklich nicht gerade vorbildlich verhalten hatte, ging er auf sie zu, nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Er merkte allerdings gleich, dass sie diese onkelhafte Begrüßung enttäuschte.

      „Du störst mich nicht“, versicherte er ihr. „Möchtest du einen Drink?“ Er hatte auf jeden Fall einen nötig.

      „Eine Cola, wenn du hast.“ Sie strich über ihren Bauch. „Keinen Alkohol für mich.“

      „Natürlich.“ Er wandte sich zu der üppig bestückten Bar, die an der linken Wand stand. „Kommt sofort.“

      Langsam folgte sie ihm. Links und rechts neben der Bar standen beleuchtete Vitrinen. Sie trat näher und sah hinter den Glasscheiben eine Menge kleiner Wagen. Spielzeugautos. Sie erkannte einen roten Lamborghini, einen dunkelgrünen VW-Käfer, verschiedene Mercedes-Limousinen, einen Rolls Royce und viele andere mehr, alle detailgetreu.

      Er schenkte Cola in ein Glas und gab Eis und eine Scheibe Zitrone dazu. „Bitte sehr.“

      „Eine beeindruckende Sammlung“, sagte sie, während sie das Glas entgegennahm.

      „Danke. Ein Hobby seit meiner Kindheit.“ Er wies einladend auf die Couch. „Setz dich doch.“

      Mit dem Glas in der Hand nahm sie auf der Couch Platz und schlug die Beine übereinander, während sie beobachtete, wie Steve eine Schallplatte mit Jazz-Musik auflegte.

      Als die Musik erklang setzte er sich auf einen Sessel und drehte mit gesenktem Kopf sein Whiskyglas in den Händen.

      Sie trank einen Schluck Cola und musterte ihn. Er trug eine helle Jeans und ein weißes T-Shirt, das sich über seinen muskulösen Oberkörper spannte, ohne zu eng zu wirken. Sein Haar war unordentlicher als sonst, was ihn in ihren Augen nur noch verführerischer aussehen ließ. Seine angespannten Kiefern machten deutlich, was er von ihrem unangemeldeten Besuch hielt, doch das war ihr egal. Sie bekam sein Kind, er musste sich Zeit für sie nehmen, verdammt noch mal!

      Warum sagte er nichts? Das Schweigen dauerte schon viel zu lange an. Mit jeder Sekunde, die verging, schien es schwerer zu werden, es zu brechen. Sie stellte ihr Glas auf dem niedrigen gläsernen Couchtisch ab und verursachte damit ein Geräusch, das in ihren Ohren so laut war wie ein Donnerhall. Langsam lehnte sie sich zurück.

      „Und?“


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