Schrecken der Vergangenheit. Nadine Kim Wulf

Schrecken der Vergangenheit - Nadine Kim Wulf


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er nicht und wollte auch jetzt nicht mehr damit anfangen. Nik wusste um die familiären Spannungen und irgendwie taten die beiden ihm leid. Schon allein deshalb hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, zwischendurch immer mal wieder bei dem älteren Ehepaar vorbeizuschauen, um nach dem Rechten zu sehen.

      Für gewöhnlich stand die Tür zum Haupthaus tagsüber offen. Nik klopfte höflich gegen den Rahmen.

      <<Hallo. Jemand da?>>, rief er und musste den Kopf einziehen, als er durch den niedrigen Flur trat um in eine Art Waschraum zu gelangen. Der Geruch von herzhafter Erbsensuppe stieß ihm in die Nase und sofort merkte er, dass sein Magen knurrte und das heutige halbe Brötchen definitiv zu wenig Frühstück für ihn gewesen war. Noch einmal klopfte er gegen eine Tür um auf sich aufmerksam zu machen. <<Maria!>>

      <<Hier hinten>>, hörte er eine Stimme rufen und trat in den großzügigen Küchenraum ein. Vor dem Herd kniete die alte Frau und inspizierte das frisch gebackene Brot.

      Über ihrem grauen Rock und dem beigefarbenem Pullover, trug Sie eine mit Rüschen besetzte Schürze. Sie war nicht sehr groß und ihre rundlichen Formen verliehen ihr ein warmherziges Auftreten.

      <<Das riecht ja wieder ganz hervorragend. Hallo Maria.>>

      <<Hallo mein Junge>>, antwortete sie voller Freude und schloss die Ofentür. Schwerfällig zog sie sich an der Arbeitsplatte nach oben um ihn zu begrüßen. Besuche, auch wenn sie noch so kurz ausfielen, waren für Maria eine willkommene Abwechslung. <<Gerd hat mir gar nicht erzählt, dass du heute kommen wolltest.>>

      <<War auch nicht so geplant>>, sagte Nik und riskierte einen Blick in den riesigen Kochtopf. <<Ich bin wegen dem Unfall hier.>>

      <<Was für ein Unfall?>>, fragte sie erschrocken.

      Nik zuckte mit den Schultern. <<Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er in der Praxis angerufen hat. Jemand hat wohl was angefahren.>>

      <<Ach so.>> Erleichtert stieß sie die Luft aus. <<Wie gesagt, er hat mir nichts erzählt. Allerdings ist Gerd schon den ganzen Vormittag draußen unterwegs, um Pia zu suchen>>, entfuhr es ihr. Nik schaute über seine Schulter und zog eine Braue hoch.

      <<Ach, bitte nicht schon wieder. Wie oft hab ich euch schon gesagt, dass ihr den Hund während der Läufigkeit nicht frei herum laufen lassen sollt?>>

      <<Ich weiß. Und wenn ich entscheiden könnte, hätten wir deinen Rat befolgt und der Hund wäre schon längst kastriert. Aber du kennst ja Gerds altmodische Ansichten.>> Sie drehte ein Geschirrtuch zusammen und man sah ihr an, dass sie sich ein wenig unbehaglich fühlte.

      <<Allerdings>>, seufzte Nik. <<Dann schau ich mal, wo ich deinen bockigen Gatten finde.>>

      <<Mach das>>, bemerkte sie trocken und kramte einen großen Löffel aus der Schublade. <<Möchtest du gleich etwas mit uns essen?>>

      <<Wenn es keine Umstände macht.>>

      <<Natürlich nicht. Du bist bei uns immer willkommen. Das weißt du>>, antwortete sie.

      Er grinste. <<Ich hatte gehofft, dass du das sagst.>>

      Ein dröhnendes Motorengeräusch drang von der Hintertür aus in die Küche. Nik musste sich auf seine Ellbogen stützen, um durch das kleine Fenster einen Blick nach draußen zu erhaschen. Gerd Pröpper bog mit seinem alten Traktor um die Hausecke und parkte den grünen Deutz vor der Scheune. Er schaltete den Motor ab, packte seine Hündin am Halsband und hievte sich behäbig von seinem Gefährt. Missmutig wandte er den Blick in Richtung Auffahrt und entdeckte Niks Wagen. Aber seine Miene blieb unergründlich. Auch dann noch, als er Pia an ihre Hütte gebunden hatte und mit schlurfenden Schritten in die Küche trat. Noch bevor Nik etwas sagen konnte, schnitt der Hausherr ihm mit einer deutlichen Handbewegung, dass Wort ab. <<Lass es einfach. Ich habe keine Lust auf Diskussionen.>>

      <<Ich hab doch gar nichts gesagt.>> Nik hob belustigt eine Augenbraue, beließ es aber dabei.

      <<Was machst du hier?>>, fragte er immer noch schlecht gelaunt und zog sich seine dreckigen Gummistiefel aus.

      <<Ich versteh die Frage nicht.>> Er drehte sich irritiert zu Maria um. <<Du hast doch angerufen.>>

      Der kahle Kopf des Bauern schoss nach oben. <<Ich hab nicht bei dir angerufen>>, protestierte er und rückte sich die Brille auf der Nase zurecht. <<Ich wüsste auch nicht warum.>>

      <<Jemand soll ein Tier an unseren Weiden angefahren haben>>, erklärte ihm seine Frau die Situation.

      <<Vielleicht hat Anni da mit dem Anruf auch etwas durcheinander gebracht. Die ist im Augenblick ein wenig durch den Wind>>, fügte Nik mit einem breiten Lächeln hinzu.

      <<Nikolas Berger! Was ist da los bei euch?>>, rief Maria vom Herd aus und hob den Löffel.

      <<Na was schon>>, knurrte Gerd dazwischen. <<Der Storch steht vor der Tür. Das ist los.>>

      <<Woher weißt du denn davon?>>, fragte Nik erstaunt.

      <<Wusste ich nicht. Aber ich schätze, dein dummes Gesicht hat dich verraten.>>

      <<Ach, das sind ja wunderbare Neuigkeiten. Du kannst uns ja alles beim Essen erzählen.>>

      <<Der bleibt auch noch zu Mittag?>>

      <<Herrgott! Sei nicht immer so unfreundlich. Der Junge kann nichts dafür, dass du Pia nicht im Griff hast.>>

      Nik lachte auf. Obwohl es sich für ihn seltsam anhörte, immer noch als der Junge tituliert zu werden. Schließlich dauerte es nicht mehr lange und er würde bald selbst ein Großvater sein. Aber er nahm es ihnen nicht übel. Auch Gerd Pröppers ruppige Art nicht. War er es doch gewesen, der ihn in den vergangenen Monaten oft besucht und von seinen Schmerzen, ganz egal ob körperlich oder seelisch, mit einer Runde Schach abzulenken versucht hatte.

      <<Trotzdem würde ich mich gerne dort oben etwas umsehen. Nur für alle Fälle. Falls da doch ein Reh oder etwas anderes liegen sollte. Und dir ist nichts aufgefallen?>>

      Der Bauer strich sich über das Kinn. <<Mh. Vorhin bin ich an einem BMW vorbei gekommen. Hing mit dem Heck ziemlich unglücklich an einem Baum.>>

      <<Wo war das?>>, hakte Nik nach.

      <<Direkt unten an der Straße, Richtung Heidermühle. Soll ich mitkommen?>>

      <<Nicht nötig. Das finde ich schon. Und bitte lass mir etwas von der Suppe übrig.>>

      <<Dann solltest du aber so langsam mal in die Hufen kommen.>>

      Es dauerte wirklich nicht lange, bis Nik die Stelle des Unfalls gefunden hatte. Er drosselte das Tempo und parkte seinen Mercedes direkt vor dem ramponierten Heck des anderen Fahrzeuges. Er wusste noch nicht warum, aber irgendetwas störte ihn an der Szenerie, die sich ihm hier bot. Es gab keine Warnschilder.

      Eigentlich gab es überhaupt keine Hinweise darauf, dass weder die Polizei noch sonst jemand Notiz von der Unfallstelle genommen hätte.

      Man hatte noch nicht einmal versucht, den Wagen zu sichern und von der Fahrbahn zu nehmen. Und wo war der Fahrer? Ohne sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen, ging Nik auf die andere Straßenseite und suchte den Rand der Böschung nach Spuren ab, die auf ein verletztes Tier hin deuteten. Ohne Erfolg. Aber so schnell gab er nicht auf und ging ein Stück in den Wald hinein, nur um wirklich sicher zu gehen, nicht doch etwas übersehen zu haben.

      Nach gut zehn Minuten gab Nik die Suche auf. Sein Magen knurrte und der Gedanke an einen vollen Teller Suppe machte die Entscheidung leichter. Er trat aus dem Dickicht hervor und klopfte sich mit den Händen, einzelne Blätter von seiner Jeans.

      Um wieder zu seinem Wagen zu gelangen, musste er die Straße ein paar Meter bergab laufen. Automatisch kam


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