Schrecken der Vergangenheit. Nadine Kim Wulf

Schrecken der Vergangenheit - Nadine Kim Wulf


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erledigt zu sein. Er streckte seinen rechten Arm aus und schaltete das Radio ein. Thea beobachtet weiter, wartete ein paar Sekunden und schaltete es wieder aus.

      <<Was?>>, giftete Nik und richtete seinen Blick abwechselnd zu ihr und wieder zurück auf die Straße.

      <<Du bist sauer auf mich, stimmt´s?>>, fragte sie ruhig aber bestimmt. <<Ich möchte nur verstehen, warum?>>

      <<Ich bin nicht sauer. Wie kommst du darauf?>>

      <<Naja. Seit wir im Auto sitzen, sagst du kein Wort mehr. Außerdem arbeiten deine Kiefer so sehr, dass es mir völlig schleierhaft ist, warum dein Zahnarzt deine Backenzähne noch nicht beanstandet hat.>>

      Nik seufzte und stieß den Atem aus. <<Ich bin nicht sauer, Thea. Wie könnte ich auch. Es war einfach eine Schnapsidee, dich nach kurzer Zeit schon so zu bedrängen, bei mir einzuziehen. Das wird nicht mehr vorkommen. Bitte entschuldige.>>

      <<Mh. Schade. Mir hat die Idee gefallen>>, antwortete sie und lächelte, als sein Kopf in ihre Richtung schoss.

      <<Aber du hast doch….>>

      <<Was habe ich? Gesagt, dass wir nichts überstürzen sollten. Ja, das stimmt. Aber damit habe ich doch nicht gemeint, dass ich nicht will.>>

      <<Nicht?>>, fragte er zu Sicherheit noch einmal.

      <<Nein, du Idiot. Alles, was ich damit sagen wollte, war, dass es eine Menge Faktoren gibt, die wir miteinander zu klären haben. Ich müsste viel pendeln um in die Klinik zu kommen und du weißt, dass ich mich dort sehr wohl fühle. Also sollten wir auch über einen Zweitwohnsitz nachdenken. Und noch was. Wenn das mit uns funktionieren soll, dann müssen wir absolut ehrlich miteinander sein.>>

      <<Wann hab ich dich denn jemals belogen?>>, fragte Nik, jetzt wieder eine Spur bockiger.

      <<Nicht direkt belogen, Nik. Aber du hast mir auch nicht immer die Wahrheit gesagt. Oder wann wolltest du mich davon in Kenntnis setzten, dass dich wieder diese Alpträume plagen?>>

      Er sagte nichts, aber das wiedereinsetzende Zucken seiner Kiefermuskulatur verriet ihr, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.

      <<Dachte ich´s mir doch. Und das vorhin. Das war eine Panikattacke oder etwa nicht?>>

      <<Ja! Ja, verdammt. Und ich habe es bereits Karsten erklärt. Warum könnt ihr nicht einfach akzeptieren, dass es mir unangenehm ist und ich mich dafür schäme. Ich fühle mich hilflos, jedes gottverdammte Mal, wenn es passiert. Und ich kapiere nicht, warum das wieder von vorne losgeht. Gerade jetzt, wo es mir besser geht.>> Erneut stieß er heftig den Atem aus und begann von Neuem. <<Ich will nicht immer darüber reden, Thea. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich dir nicht vertraue oder ich dich anlügen will. Aber diesmal muss ich da alleine durch.>>

      <<Nein, musst du nicht. Und ich hoffe, irgendwann wirst du das erkennen>>, antwortete sie und drehte sich zur anderen Seite. Jetzt war sie es, die sich seinen Blicken entzog. Sofort überkam Nik das schlechte Gewissen. An diesem Tag schon zum zweiten Mal. Behutsam legte er die rechte Hand auf ihren Oberschenkel.

      <<Bitte versteh mich doch.>>

      Theas Hand legte sich auf seine und ihr Daumen strich zärtlich über seine Fingerknöchel. <<Glaub mir, dass tue ich>>, erwiderte sie ruhig.

      Nik konnte den plötzlich aufkommenden Schauer, der ihn durchfuhr, nicht unterdrücken. Etwas an ihrer veränderten Art hatte ihn aufhorchen lassen. <<Willst du drüber reden?>>

      Sekunden, ohne dass er eine Antwort erhielt, verstrichen. Thea schaute gedankenversunken aus ihrem Seitenfenster und Nik machte das beinahe wahnsinnig. Fast hätte er seinem Bedürfnis, sie wach zu rütteln, nachgegeben. Blieb aber standhaft. Diesmal schien sie etwas zu beschäftigen. Etwas, das ausnahmsweise mal nichts mit ihm zu tun hatte. Vielleicht wollte sie nicht darüber sprechen, vielleicht konnte sie es aber auch nicht. Woran es auch lag, Nik war sich unsicher, wie er damit umgehen sollte.

      <<Du hast mich mal gefragt, wie ich es schaffe, mich Tag für Tag mit seelischen Problemen anderer Menschen zu beschäftigen. Woher ich die Kraft nehme und daran nicht selbst zu Grunde gehe>>, begann Thea und Nik war einfach nur erleichtert, dass sie ihre Stimme wieder gefunden hatte.

      <<Mh. Und?>>

      Thea zuckte mit den Schultern. <<Ganz einfach. Ich war auch mal eine von ihnen.>>

      <<Das musst du mir erklären.>>

      <<Ich war gerade einundzwanzig. Und irgendwie auf der Suche nach mir selbst. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit mir und meinem Leben anstellen wollte. Also nahm ich alles mit was sich mir bot. Partys, den ein oder anderen One -Night-Stand.>>

      Verstohlen blickte er sie kurz an. < Keine Sorge. Drogen waren nie ein Thema>>, sagte sie um seine unausgesprochene Frage zu beantworten.

      <<Mir ging es um den Spaß und darum, Abenteuer zu erleben.>> Sie sog scharf die Luft ein. <<Meine Freundin Lydia feierte ihren Geburtstag. Dort lernte ich Kai kennen. Er war charmant, witzig und wir verstanden uns auf Anhieb.>>

      Thea machte eine Pause, als sie bemerkte, dass Nik das Lenkrad so fest umklammerte, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Beschwichtigend legte sie ihm wieder ihre Hand auf den Schoß.

      <<Er hat mir nie etwas getan. Zumindest nicht körperlich.>> Ihr war klar, dass Nik erneut völlig falsche Schlüsse gezogen hatte. << Er war der erste Mann, in den ich mich verliebt hatte und am Anfang lief auch alles ganz wunderbar. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm. Wir gingen essen, ab und zu ins Kino oder verbrachten die Abende einfach in seiner Wohnung. Alles schien perfekt.>>

      Die Ampel vor ihnen sprang auf Rot. Nik bremste langsam ab, bis sein Wagen behutsam zum Stehen kam. Endlich konnte er die Gelegenheit nutzen um sie direkt anzuschauen. Thea wirkte ruhig und gefasst, aber sie hatte es nicht gänzlich geschafft, ihre Bitterkeit in der Stimme zu verbergen.

      <<Wir müssen jetzt nicht darüber sprechen>>, sagte er sanft.

      <<Doch Nik. Ehrlichkeit. Schon vergessen?>>

      Das aufgebrachte Hupen eines Wagens hinter ihnen holte die beiden zurück in die Realität. Die Ampel zeigte längst wieder Grün. Äußerlich gelassen hob Nik entschuldigend die rechte Hand. Innerlich allerdings war er aufgebracht und verfluchte diese beschissene Ampel, den Fahrer hinter ihnen sowieso. Thea schloss kurz die Augen, dann begann sie von Neuem.

      <<Irgendwann hatte Kai damit angefangen, sich zu einem absoluten Kontrollfreak zu entwickeln. Das Schlimme daran war, dass ich so naiv gewesen bin und es nicht bemerkt habe.>>

      <<Wenn man jemanden liebt, bekommt man so vieles nicht mit. Dafür bin ich wohl der beste Beweis>>, sagte Nik voller Ironie und sie musste lächeln.

      <<Das ist wohl so.>>

      <<Und wann hast du bemerkt, dass etwas nicht stimmte?>>

      <<Als ich eines Tages Lydia in der Stadt getroffen habe. Sie war sehr kurz angebunden und schien irgendwie sauer auf mich zu sein. Auf meine Frage hin, ob alles in Ordnung sei, schrie sie mich nur an, warum ich auf keine ihrer Anrufe reagieren würde. Sie hätte mir sogar geschrieben. Ich fiel aus allen Wolken, denn ich hatte überhaupt keine Ahnung, wovon sie sprach. Ich lud sie auf einen Kaffee ein und wie sich herausstellte, hat Kai alle ihre Anrufe entgegen genommen.>>

      <<Und dir nichts davon erzählt.>>

      <<Ja. So wird´s gewesen sein.>>

      <<Und die Briefe?>>

      <<Zerstört? Er hat es nie zugegeben, aber es lag auf der Hand.>>

      <<Aber es muss doch Möglichkeiten gegeben haben, dich irgendwie ohne diesen Kai zu erwischen.>>

      <<Tja. Da kommt meine Naivität ins Spiel. Ich


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