Losing Game. Valuta Tomas

Losing Game - Valuta Tomas


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      »Neve!!«, platzt eine fast brüllende Stimme, abends in ihren Gehörgang und lässt sie aufschrecken. Sie blickt hoch und blickt in das Gesicht von Jessica.

      »Hi«, kriegt sie nur über die Lippen. Verwirrt schaut sie sich im Department um.

      »Was machst du denn hier?«

      »Wo soll ich denn auch hin? Man erreicht dich ja gar nicht. Du wolltest mich letzte Nacht noch anrufen und was war? Nichts. Ich hätte jetzt endlich gerne eine Erklärung von dir, was das letzte Nacht für ein Theater war«, faucht Jessica und ist sichtlich erregt. Noch immer verwirrt, blickt sich Neve erneut im Department um, steht vom Stuhl auf und schiebt Jessica in den Archivraum.

      »Komm, ich zeig dir was«, spricht sie irgendwie abwesend. Sie setzt sich an einen kleinen Tisch, auf dem ein PC mit Drucker steht. Nach ein paar Klicks landet sie auf der Polizeiseite, wo sie sich mit ihren persönlichen Daten einloggt. Sie drückt eine Zeitlang herum, bis Sam auf dem Bildschirm auftaucht.

      »Das habe ich die letzten Stunden gemacht«, klärt sie Jessica auf, die kurz auf den Bildschirm blickt.

      »Das ist doch das Mädel von letzter Nacht, oder?«, fragt sie verwirrt.

      »Ihr habt eine Akte über sie?«, haucht sie offensichtlich von dieser Situation überfordert.

      »Nicht nur das. Sie ist eine Schülerin auf der Schule, an der ich zurzeit unterrichte und sie gehört zu den Five Dogs! Schau dir das an«, klärt Neve ihre Freundin auf und macht eine weisende Kopfbewegung auf den Bildschirm. Nach ein paar Sekunden zieht sich Jessica einen Stuhl heran, um das Vorstrafenregister von Sam zu lesen.

      »Oh mein Gott, hört das auch noch mal auf?«, flüstert sie und liest weiter.

      Als sie irgendwann fertig ist, haucht sie ein niedergeschlagenes »Wow!« und lehnt sich in den Stuhl zurück.

      »Du hast somit echt ein verdammt großes Problem.«

      »Ich? Wieso?«, fragt Neve geplättet.

      »Warte noch die zwei Wochen, wegen der Schule, ab und dann kannst du was mit ihr anfangen.«

      »Was??«, kreischt Neve geschockt, blickt Jessica mit großen Augen an und will anfangen ihre Freundin zur Schnecke zu machen, als diese lässig den Kopf schüttelt.

      »Da brauchst du gar nicht zu widersprechen. Ich kenne dich und deinen Frauengeschmack besser, als du. Und wenn du ehrlich zu dir bist, weißt du, dass du von der kleinsten Haarspitze bis zum Zehennagel in sie verschossen bist.«

      »JESSICA!!«, brüllt Neve fauchend. Aufgebracht springt sie vom Stuhl hoch.

      »Sie ist meine Schülerin!«

      »Wo die Liebe hinfällt.«

      »Sie ist erst einundzwanzig!«

      »Wo die Liebe hinfällt.«

      »Sie ist im höchsten Grade kriminell!«

      »Wo die Liebe hinfällt«, buttert Jessica jeden Widerspruch von Neve gnadenlos unter und steht von ihrem Stuhl auf. Sie drückt ihr einen Kuss auf die Wange und begibt sich zur Tür. Jessica wirft ihrer Freundin noch einen bestimmenden Blick zu.

      »Zwei Wochen Neve, halte noch zwei Wochen deine Finger bei dir und dann kann dir nichts passieren. Ich habe keinen Bock dich irgendwann vor Gericht zu verteidigen, ok?« Neve schaut sie fassungslos an, wird dann aber wütend.

      »Ja verdammt! Ich bin alt genug um zu wissen was ich mache und ich kenne das Gesetz«, faucht sie. Wortlos zieht Jessica die Tür hinter sich zu.

      Geplättet und von Jessicas Worten überrollt, legt Neve ihren Kopf in den Nacken, pustet ein lautes »Oh man.« und nimmt den Kopf wieder nach vorne. Als sie auf den Bildschirm blickt und Sams Foto dort sieht, steigt noch mehr Wut in ihr auf.

      »Du verdammte...!« Den Rest verschluckt sie, weil sie ansonsten etwas sagen würde, was ihr vielleicht irgendwann leidtun könnte.

      Neve rückt mit dem Stuhl näher an den Tisch und beugt sich weit zum Bildschirm vor. Sie betrachtet Sams Foto, das mittlerweile fast zwei Jahre alt ist und gleitet mit ihrem Blick von Pore zu Pore, bis sie plötzlich das Gefühl hat, Sams Parfüm zu riechen. Wieder bekommt sie eine Gänsehaut.

      »Scheiße, verdammt!«, flucht sie und stellt den PC aus.

      Eine Minute später steht sie wütend und wie eine Dampflok pfeifend, vor Jake.

      »Wollten wir heute nicht noch was unternehmen? Fährst du? Ich will mich besaufen«, giftet sie. Ohne auf eine Antwort von ihrem Partner zu warten, stampft sie mit harten Schritten aus dem Department.

      Eine halbe Stunde fährt Jake durch das nächtliche San Francisco, bis er den Wagen in einer Parkbucht hält und Neve erwartungsvoll anblickt. Sie schaut aus dem Fenster und schimpft ein kurzes »Och nö, kein Striplokal. Hier kann man nicht saufen!«.

      »Aber da kannst du ein bisschen runterfahren. Ich weiß ja nicht was bei dir heute so abgelaufen ist, aber so wie du derzeit drauf bist, bekommt es dir sicherlich ganz gut, wenn dir eine schöne Frau fünf Minuten ihren Arsch vor die Nase hält.« Neve atmet tief durch und hebt kampflos die Arme.

      »Ich ergebe mich«, pustet sie und steigt aus. Ihre Augen fallen auf das schwarze Firmenschild mit dem Namen Crazy Horse Gentlemen´s Club. Ok, eine halbe Stunde Arschwackeln hält sie aus, aber dann will sie definitiv etwas Hartes für ihre Leber, sonst überlebt sie die restlichen Schultage nicht.

      Während Jake für beide in der Lobby bezahlt, wandert Neve gelangweilt in den Innenraum. Suchend schaut sie sich um, um einen einigermaßen vernünftigen Platz zu ergattern. Nicht zu dicht an der Bühne. Aber man muss schon was sehen können und sich in dem Stuhl wie zerflossen hinschmeißen können, sonst bringt das alles nichts. Also ab auf die linke Seite, erste Reihe, ganz nach außen. So hat sie alles im Blick, genug Abstand und einen Fluchtweg. Besser geht’s nicht.

      Jake folgt ihr, lässt sich neben ihr auf den Stuhl fallen und muss sofort eine rümpfende Nase von Neve ertragen, als eine Wasserstoffblondine auf der Bühne erscheint und zu der Musik tanzt.

      »Gott, auch wenn ich auf Frauen stehe, aber diese Haarfarbe erzeugt doch Augenkrebs. Das frisst sich brutal von der Hornhaut zum Glaskörper durch und zerfetzt sämtliche Sehnerven«, grinst sie und erntet ein kurzes Schmunzeln von ihrem Kollegen.

      Tänzerin um Tänzerin hält Neve durch, bis sie Jake irgendwann anstubst und um ein Bier bittet, was natürlich darauf hinauslaufen soll, dass sie diese Räumlichkeit verlassen und endlich eine Kneipe aufsuchen.

      »Eine noch, ok? Dann hauen wir ab, versprochen.«

      »Solange die nicht schon wieder wasserstoffblond ist, denn sonst werde ich noch blind«, stöhnt Neve genervt, lehnt sich nach vorne und legt für einen Moment beide Arme über den Kopf, um ihren Rücken ein paar Minuten zu entspannen.

      Sie hört, wie die versammelte Männermannschaft die jetzige Tänzerin mit tosendem Applaus verabschiedet und neue Musik aufgelegt wird. Neue Musik, neue Tänzerin, aber Neve hat nicht wirklich Lust den Kopf zu heben. Es ist derzeit einfach viel zu gemütlich ist. Außerdem ist sie auch in ihren Gedanken an Sam versunken.

      Stimmt es wirklich? Hat Jessica etwa Recht? Hat sie sich tatsächlich in Sam verguckt? In so kurzer Zeit? So schnell? Mit all diesem Hintergrund, den sie mittlerweile von ihr kennt? Das kann nicht sein. Das geht gegen jeglichen vernünftigen Verstand, der hier auf dieser Welt umher kursiert. Und doch weiß sie, dass irgendetwas passiert ist. Ob sie sich wirklich verliebt hat, ist ihr bis jetzt selbst noch nicht richtig klar. Sie will jetzt einfach nur noch in eine Bar und sich zulaufen lassen, mehr will sie gar nicht.

      »Nein, die ist nicht wasserstoffblond, im Gegenteil, die könnte dir sogar gefallen.«, stubst Jake seine Kollegin an, die ihren Kopf hebt und ihn fragend anblickt. Er macht nur eine Bewegung nach vorne. Neve schaut zur Bühne, schreckt dann aber steif gegen die Sitzlehne zurück.

      »Scheiße!!«, flucht sie leise.

      »Was


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