Losing Game. Valuta Tomas

Losing Game - Valuta Tomas


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      Gähnend steuert Neve ihren Wagen in die 11th Street und parkt vor dem Cream Club. Lustlos steigt sie aus, betritt den Club und sieht Jessica auch schon an einem der Tische im hinteren Teil sitzen.

      »Einen doppelten Espresso und ein Bier bitte«, bestellt sie am Tresen auf dem Weg zum Tisch. Dann lässt sich auf einen der Stühle fallen. Sie blickt zu der farbigen Frau hinüber und lächelt vertraut.

      »Hi«, begrüßt sie sie und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.

      »Du siehst müde aus.« Besorgt streicht Jessica ihrer Freundin über den Kopf.

      »War ein langer Tag heute. Ich mache ja im Moment wieder Vertretung in der Schule«, klärt Neve sie auf. Nickend bedankt sich bei der Bedienung, die ihr den rettenden Espresso hinstellt. Ohne zu zögern inhaliert sie diesen.

      In dem Moment, in dem sie die kleine Tasse auf den Tisch zurückstellt, fällt plötzlich jemand neben ihnen auf den freien Stuhl. Neve dreht sich um. Für einen Moment bleibt ihr die Luft weg, als Sam sie mit einem allessagenden Blick frech angrinst. Sie zieht eine Augenbraue kokett hoch. Dieser Hohn, der Bände spricht, frisst sich bis in die kleinste Ecke ihres zarten Gesichts.

      »Du weißt schon, dass dies hier ein lesbischer Club ist?«, fragt sie spottend und wartet keine Antwort von Neve ab.

      »Ich wusste, dass du in denselben Kreisen verkehrst wie ich. Also brauchst du nicht weiter deinen toughen Schein zu wahren, denn dafür ist es jetzt eh zu spät«, lacht Sam unverschämt. Sie blickt zu Jessica, reicht ihr die Hand und stellt sich namentlich vor, was diese ihr etwas überrumpelt gleichmacht. Dann nimmt sie Neves Bierflasche, setzt diese an und trinkt einen großen Schluck.

      »Hast du schon mal was von Benehmen, Anstand und Fragen gehört?«, faucht Neve gereizt.

      »Natürlich habe ich das. Aber ich dachte mir, dass du sicher nichts dagegen hast, weil du mir eh nichts abschlagen kannst«, grinst Sam frech und zwinkert Neve ebenso zu. Sie blickt flüchtig zu Jessica. Fragend schaut sie Neve an, als sie eine weisende Kopfbewegung zu deren Freundin macht.

      »Deine Perle?« Wütend funkelt Neve Sam an und streckt sich in ihrer sitzenden Haltung.

      »Ich wüsste nicht was dich das angeht«, antwortet sie fauchend.

      »Also nicht«, lacht Sam.

      »Sehr schön, dann kann ich ja doch alles von dir für mich beanspruchen. Ich hatte schon für einen kurzen Moment Panik dich teilen zu müssen«, grinst sie noch immer keck und zwinkert Neve gehässig zu.

      Als Neve einen passenden Spruch ablassen will, sieht sie im hinteren Teil des Clubs jemanden, bei dem sie weiß, dass sie Sam auf der Stelle wie eine lästige Zecke loswerden kann.

      »Ich an deiner Stelle würde lieber zu deiner Perle gehen, denn die vernascht gerade eine andere«, reißt sie Sams Aufmerksamkeit von sich. Sam dreht sich auf dem Stuhl etwas um und sieht, wie Laura im Hals einer anderen Frau herumstochert. Sie fängt zu lachen an und schaut Neve fragend an.

      »Du glaubst, dass wir beide zusammen sind?«, lacht sie und schüttelt den Kopf.

      »Bestimmt nicht. Wir vögeln zwar oft miteinander, aber ich würde niemals eine Beziehung mit ihr führen. Laura ist gar nicht fähig zu so etwas. Die treibt es mit jeder, die nicht schnell genug auf den Bäumen ist. Ich hingegen, bin da eher etwas monogam eingestellt. Ich halte mich lieber nur an eine Frau«, lächelt Sam und zwinkert Neve erneut zu. Dieses Mal wirkt es aber vertrauensvoller.

      Sam schnappt sich erneut ihre Bierflasche und trinkt wieder einen großen Schluck. Als Neve sie dafür anschnauzen will, klingelt Sams Handy. Sie zieht es flink aus der Hose und nimmt das Gespräch mit einem kurzen »Ja?« an. Sie horcht angestrengt. Dann blickt sie auf ihre dicke Sportuhr. Genervt verdreht sie die Augen.

      »Heute noch? Kann der sich nicht eine andere aussuchen? Es sind doch genug zur Auswahl da«, grummelt sie wütend. Offensichtlich geschlagen, legt sie den Kopf in den Nacken. Sie springt vom Sessel hoch, läuft zum Tresen und bittet die Bedienung, mit kurzen Handzeichen, um Stift und Papier.

      »Ja ja, immer ich. - Wo und wann? - Nein, nicht A.J., ich nehme Laura mit.« Neve beobachtet Sam, wie sie etwas auf das Papier schreibt und das Gespräch mit einem kurzen »Ja ok, ciao.« beendet. Dann dreht sie sich zur Seite, legt zwei Finger an ihre Lippen und pfeift schrill durch den Club.

      Wie auf Befehl, reißt sich Laura von der fremden Frau los. Wie ein räudiger Hund läuft sie auf Sam zu, die mit dem Zettel in der Luft herumwedelt. Sie liest sich das Geschriebene durch. Wortlos nickt sie. Gleich danach stehen beide bei Neve und Jessica am Tisch. Laura ist sichtlich sarkastisch erfreut, Neve in dieser Räumlichkeit zu sehen. Ihr Blick wandert dann zu Jessica. Scheinbar beeindruckt, zieht sie die Augenbrauen hoch. Sie hatte schon immer eine Schwäche für farbige Frauen.

      Sam reicht Jessica die Hand und verabschiedet sich freundlich von ihr, um dann auch Neve die Hand zu reichen.

      »Bis morgen, Ms. Stewart«, verabschiedet sie sich ungewöhnlich freundlich. Geduldig wartet sie, dass Neve ihre gereichte Hand empfängt. Es dauert etwas, bis sie diese tatsächlich entgegennimmt. Allerdings muss sie gleich darauf diese freundliche Geste als großen Fehler abstempeln. Denn anstatt einfach die Hand zu nehmen, beugt sich Sam etwas herunter, dreht Neves Hand vorsichtig und haucht ihr einen Kuss auf den Rücken. Provokant blickt sie ihr dabei direkt in die Augen.

      Neve reißt ihre Hand weg und wischt den Handrücken angewidert an der Hose ab, was Sam nur belächelt. Sie nimmt zum dritten Mal die Bierflasche, trinkt, stellt sie auf dem Tisch ab und verlässt mit Laura den Club.

      »Wer war das denn?«, fragt Jessica erschlagen und sieht, wie Neve mit einem nachdenklichen Blick und wandernden Augen über den Tisch blickt. Scheinbar in Gedanken vertieft, greift sie nach der Bierflasche. Sie will einen Schluck trinken, als sie die Flasche skeptisch anschaut.

      »Ich fasse es nicht, die hat mir das ganze Bier ausgetrunken«, schimpft sie wütend. Mit einem lauten Knall stellt sie die leere Flasche auf den Tisch zurück.

      »Wer war das?«, fragt Jessica erneut, erreicht Neve aber noch immer nicht. Sie ist wieder in ihren Gedanken vertieft. Plötzlich springt Neve vom Stuhl hoch und geht an den Tresen.

      »Entschuldigen sie bitte!?«, ruft sie die Bedienung zu sich.

      »Könnte ich bitte den Block und einen Stift haben, den die junge Frau eben benutzt hat?« Die Bedienung schaut sie etwas verwirrt und fragend an, reicht ihr dann aber doch beides. Sofort beginnt Neve vorsichtig mit dem Stift auf dem Papier herumzustreichen, bis nach und nach die Adresse sichtbar wird, die Sam dort notiert hat. Neve reißt das Papier vom Block ab, dreht sich um und blickt Jessica bittend an.

      »Bezahlst du für mich mit? Ich bezahle beim nächsten Mal, versprochen. Ich rufe dich später an und erkläre dir alles«, wirft sie ihrer Freundin entgegen und verlässt fluchtartig den Club.

      Mit erhöhtem Tempo fährt sie durch die nächtlichen Straßen, bis sie in der Post Street angekommen ist und die Hausnummer 974 sucht. Schon nach wenigen Minuten ist sie am Ziel angekommen. Sie sieht Sams Chevy vor dem Gebäude stehen. Was zum Teufel läuft hier? Es kommt ihr nicht vor, als würde hier eine Nummer der Five Dogs laufen. Dafür ist die Luft zu sauber. Was suchen Sam und Laura dann also hier?

      Um ihre Neugierde zu befriedigen, steigt Neve aus und läuft auf das Gebäude zu. Erwartungsvoll will sie die Tür zu dem Gebäude öffnen, in dem sie Sam und Laura vermutet. Verschlossen. Wie könnte es auch anders sein?

      »Verdammt«, flucht sie wütend und rüttelt verzweifelt an der Tür.

      »Shit!« Neve geht einige Schritte rückwärts und blickt zum Gebäude hoch. Es sind nur drei Stockwerke. Also kann Sam sich nicht so sehr verstecken, dass Neve sie nicht findet.

      Wirr blickt sie sich um. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich die Jones Memorial United Methodisten Kirche. Sie läuft zu ihrem Wagen zurück und holt ein Fernglas aus dem Kofferraum. Ohne darüber nachzudenken, läuft sie auf die Kirche zu und verschwindet im Hinterhof. Dort vermutet sie einen Aufgang zum


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