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eine Tasse mit einem warmen Getränk vor das Gesicht und blinzelt irgendwie belustigt über den Dampf hinweg zu Ava.

      »Guten Morgen«, brummt die jüngere Frau.

      »Guten Morgen«, erwidert die Doktorin und schaut Ava mehr als eindeutig hinterher.

      Als die Journalistin die Hütte betreten will, bleibt sie abrupt stehen. Sie geht zwei Schritte rückwärts und schaut auf den Tisch neben der Doktorin. Dort steht ein Fernglas.

       Die wird doch nicht etwa … ?

      Ava schaut aus ihrer Position in Richtung Fluss.

       Scheiße! Die konnte mich genau sehen.

      »Was denken Sie sich eigentlich? Haben Sie schon mal etwas von Privatsphäre gehört?«, flucht Ava wütend. Sie kann es nicht fassen. Da hat die Doktorin sie tatsächlich durch so ein beschissenes Fernglas im Fluss beobachtet. Dass sie natürlich splitterfasernackt in dem Gewässer stand, versucht sie zu verdrängen. Sie möchte der Doktorin im Augenblick lediglich den Hals umdrehen.

       Was bildet die sich eigentlich ein?

      Miss Jercy blickt zu Ava hoch. Sie lächelt.

      »Ihre Privatsphäre haben Sie gestern verloren, als Sie mein Haus betraten«, kontert sie gelassen, greift nach einer Schachtel Zigaretten und zündet sich eine an.

      »Was zum Teufel bilden Sie sich eigentlich ein? Wie reden Sie überhaupt mit mir?« Plötzlich hat Ava das Gefühl, dass die Welt stehenbleibt. Irgendwie herrscht mit einem Mal eine ungewöhnliche Stille. Nicht, dass diese sehr ungewöhnlich mitten im Nirgendwo wäre. Aber diese Art der Stille ist anders. Sehr viel anders.

      Langsam dreht die Doktorin den Kopf. In Zeitlupe hebt sie diesen und schaut zu Ava hoch. Sie legt die Zigarette in den Aschenbecher und steht vom Stuhl auf.

       Oh oh, habe ich da etwa einen wunden Punkt getroffen? Bekommst du etwa nicht so oft Konter?

      »Ich, an Ihrer Stelle, würde mir ganz genau überlegen was Sie zu mir sagen. Ich bin Ihnen haushoch überlegen und kann Sie mit nur einem einzigen Satz vernichten.« Miss Jercys Blick liegt unnachgiebig auf Ava. Er ist ruhig, aber bestimmend. Beängstigend und mit einem Hauch Drohung.

      Anstatt sich davon einschüchtern zu lassen, dreht sich Ava zu der Doktorin um. Sie stellt sich ihr gegenüber und presst den Kiefer zusammen.

       Ich lasse mich von dir nicht fertigmachen. Da musst du schon früher aufstehen.

      »Seit ich gestern hier angekommen bin, gehen Sie mich nur an. Ich weiß nicht was ich Ihnen getan habe, aber Ihr Verhalten ist kindisch. Sie sind eine erwachsene und gestandene Frau und gehen mit mir um, als wenn ich Ihnen die Suppe versalzen hätte. Ich will genauso wenig hier sein, wie Sie mich hierhaben wollen. Ich schlage vor, dass wir beide das Beste aus der Situation machen und irgendwie versuchen miteinander auszukommen. Denn je schneller und reibungsloser ich dieses Buch schreiben kann, umso schneller bin ich wieder aus Ihrem Leben verschwunden. Dann können Sie sich jemand anderen suchen, den Sie mit ihren Triaden terrorisieren können.«

      Ausdrucklos schaut die Doktorin Ava an. Die junge Frau kann nichts aus ihrem Gesicht lesen. Es ist wie versteinert und wirkt tot. Kein Muskel bewegt sich, gar nichts.

      In einer überraschend ruhigen Bewegung setzt sich Miss Jercy auf den Stuhl zurück, nimmt die Zigarette und zieht daran.

      »Gehen Sie sich fertigmachen. Sie wollten einkaufen gehen.«

       Damit ist das Thema also für dich abgeschlossen, oder wie? Fällt dir nichts mehr dazu ein? Tja, tschaka.

      Mit erhobenem Haupt und einer ordentlichen Portion Mut, betritt Ava das Haus und steuert auf ihr Zimmer zu.

      Auf halbem Weg hört die Doktorin ihre neue Mitbewohnerin plötzlich lauthals kreischen.

      »Badezimmer? Sie haben ein Badezimmer? Sie haben ein beschissenes Badezimmer?« Nora lehnt sich zur Seite, blinzelt in das Haus und sieht Ava vor einer offenen Tür stehen. Die junge Frau krallt ihren Haufen Klamotten, Handtuch und Kulturbeutel vor die Brust und starrt fassungslos in ein Badezimmer, welches dem normalen Standard entspricht.

      »Natürlich habe ich ein Badezimmer. Glauben Sie allen Ernstes, dass ich so blöd bin und in dem Fluss baden gehe?«

      »Was?« Quietschend wirbelt Ava um die eigene Achse. Ihr brennender Blick durchbohrt die Doktorin, die sich an dem Anblick labt. Wie Ava kochend und pfeifend vor einem zivilisierten Badezimmer steht und nicht weiß wohin mit ihrer Wut.

      »Aber Sie haben gestern doch … .« Nora steht vom Stuhl auf, betritt das Haus und steuert auf Ava zu.

      »Ok, spulen wir auf Anfang zurück und starten von vorne.« Bewusst tritt die ältere Frau vor Ava. Die Journalistin pfeift noch immer wie eine Dampflok und kann nicht glauben, dass ihr die Doktorin das Badezimmer vorenthalten hat.

      »Wir standen gestern hier und ich bin vor Ihnen gelaufen. Folgen Sie mir also.« Wie am Abend zuvor, geht Miss Jercy den Flur entlang und zeigt auf die Zimmertür zu ihrer rechten Seite.

      »Ist das Ihr Zimmer? Nein!« Sie zeigt nach links.

      »Ist das Ihr Zimmer? Nein!« Sie zeigt zum offenen Badezimmer.

      »Ist das Ihr Zimmer? Nein!« Als sie Avas Zimmer betritt, hat die Journalistin den Hauch einer Ahnung worauf die Doktorin hinaus will.

      »Ihr Zimmer.« Sie dreht sich zu Ava um und zeigt ein arrogantes Lächeln.

      »Und Sie dachten, dass diese Zimmer für Sie tabu sind, nur weil ich Nein gesagt habe, nicht wahr?«

       Geh aus meinem Kopf.

      »Und wenn ich mich nicht irre, glauben Sie allen Ernstes, dass es im Haus keinen Strom und kein fließendes Wasser gibt, richtig?« Avas Zähne beginnen zu knirschen, als sie diese hart aufeinanderpresst.

       Geh, verdammt nochmal, aus meinem Kopf.

      »Als ich Ihnen sagte, dass es hier keinen Strom und kein fließendes Wasser gibt, stand ich in diesem Zimmer. Das heißt, dass es hier«, demonstrativ zeigt die Doktorin vor ihre Füße »kein Strom und kein fließendes Wasser gibt. Wenn Sie mir richtig zugehört hätten, wären Sie nicht so dumm gewesen, in den Fluss zu urinieren und dann auch noch dort drinnen zu baden. So viel also zu Ihrer gestrigen Aussage, dass Sie immer zuhören. Vielen Dank, dass Sie mir so reichlich Futter gegeben haben, um Sie verarschen zu können. Es war sehr amüsant. Das habe ich mal wieder gebraucht.«

       Du Schnepfe! Du Miststück! Du Biest! Du Fotze! Du … du … du, ach, ich bringe dich um.

      Lächelnd geht die Doktorin an Ava vorbei, hebt eine Hand und wedelt mit dem Zeigefinger.

      »Oooh, umbringen können Sie mich nach dem einkaufen. Ich warte auf Sie.« Mit einem arroganten zwinkern lässt die Doktorin Ava stehen und verschwindet aus dem Zimmer.

      Vor Wut, Enttäuschung und auch irgendwie Verzweiflung, steigen Ava Tränen in die Augen. Sie ist noch nie in ihrem Leben so beschämend behandelt worden – noch nie so verarscht worden. Wenn das die ganze Zeit so geht, wird sie das nicht überleben, das weiß sie. Egal wie sehr sie eine schützende Mauer um sich zieht, die Doktorin wird diese immer und immer wieder mit beängstigender Leichtigkeit einreißen und Ava piesacken. Sie wird sie fertigmachen und in jeder neuen Wunde herumstochern, bis Ava zusammenbricht.

      »Bis dahin werde ich mich aber wehren.« Ava hebt den Kopf, streckt sich in ihrer Haltung und spricht sich selbst Mut zu. Sie wird das packen – irgendwie.

      ***

      Auf dem Weg aus dem Haus, sieht sie die Doktorin auf der Veranda stehen. Rauchend. Diese blickt zu ihrer Mitbewohnerin zurück, drückt die Zigarette im Aschenbecher aus und folgt ihr mit einem Mal. Ava bleibt stehen und schaut sie fragend an.

      »Wieso folgen Sie mir?«

      »Sie wollen doch einkaufen, oder? Ich begleite Sie.«

      »Wieso


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