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Beine fühlen sich an, als wenn sie jeden Augenblick absterben. Das kalte Flusswasser hat sie innerhalb weniger Minuten völlig unterkühlt. Sie wird Stunden brauchen, bis sie wieder warm ist und etwas von der unteren Partie ihres Körpers spüren kann.

      »Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie nochmal stören muss, aber haben Sie eventuell etwas zu essen für mich? Ich habe nicht damit gerechnet mich selbst versorgen zu müssen. Ich werde morgen früh also als erstes einkaufen gehen.«

      Auch wenn Ava eigentlich keinen Grund weiß, weshalb sie im Augenblick so kuscht, glaubt sie, dass es besser für ihre Gesundheit wäre, den unschuldigen Hund zu mimen. Sie muss erstmal richtig ankommen, sich einrichten, einleben und dann kann sie der Doktorin auch eine andere Seite von sich zeigen. Die Seite die sie ist - die sie ausmacht.

      Mit einer schnellen Bewegung pfeffert die Doktorin ihr Buch zur Seite, steht ruckartig von der Couch auf und geht achtlos an Ava vorbei. Sie beachtet sie nicht einen Augenblick lang.

      Treudoof trottet die Journalistin hinter ihr her und betritt die K… Kü… Küche.

       Ok, damit kommst du auch noch klar.

      Mit rollenden Augen durchquert sie die Räumlichkeit und nimmt alles um sich herum auf. Eine Küchenhexe aus Omas Zeiten dominiert eine Ecke der Küche.

      Ava kann es nicht kontrollieren und schlägt sich eine Hand gegen die Stirn, als sie auf dem Küchenherd einen Wasserkessel aus Messing und zwei Gusseisenpfannen erspäht.

       Die kocht damit doch nicht etwa, oder?

      Die Küchenzeile, mit gut erhaltenen alten rustikalen Hängeschränken, nimmt eine Raumseite ganz für sich ein. Ava kann nicht ein elektronisches Gerät erkennen. Keine Kaffeemaschine, keine Mikrowelle, nichts. Es steht nur ein hölzerner Brotkasten in der Mitte der dicken Arbeitsplatte.

      An diesen tritt die Doktorin heran, öffnet die Klappe und holt ein Körbchen mit Brot heraus. Sie greift über sich, öffnet mit einem quietschen einen Schrank und holt ein Glas heraus. Dieses befüllt sie mit Wasser.

      Als sie den Wasserhahn, der älter als Ava ist, öffnet, glaubt die Journalistin die Wasserleitung gurgeln zu hören.

      Mit dem Glas Wasser und dem Brotkorb in der Hand dreht sich die Doktorin zu ihr um, stellt beides auf den antiken Eiche-Tisch und schaut Ava bestimmend an.

      »Lassen Sie es sich schmecken.«

       Bitte was?

      Das dritte Mal an diesem Abend klappt Ava die Kinnlade herunter. Entgeistert starrt sie auf Wasser und Brot.

       Hat sie vorhin meine Gedanken gehört, oder was? Diese Frau ist unheimlich. Das kann sie doch nicht ernst meinen, verdammt.

      Ohne ein weiteres Wort, lässt die Doktorin Ava in der Küche stehen. Diese blickt noch immer fassungslos auf das Nahrungsmittel, das noch nicht einmal Insassen eines Gefängnisses bekommen würden. Doch, in Korea vielleicht, aber nicht im guten alten Amerika. Den Gefangenen dort geht es besser, als jemandem von der Straße. Sie haben ein Dach über dem Kopf, medizinische Versorgung und drei Mahlzeiten am Tag.

       Wo wir gerade bei Mahlzeiten sind … .

      Entsetzt blickt Ava noch immer auf das Wasser, zieht einen Stuhl vom Tisch und setzt sich. Auf diesen Schock muss sie sich erstmal setzen. Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz. Wie kann diese Frau nur so herablassend sein? Ava kann es ja verstehen, wenn Miss Jercy sie nicht hierhaben will, aber muss das gleich so ausarten? Was hat sich Ava da bloß aufgehalst?

      »Habe ich Ihnen erlaubt sich an meinen Tisch zu setzen?« Miss Jercys scharfe Stimme erwischt Ava so hart, dass sie einfach nur agiert und blitzschnell vom Stuhl aufspringt. Erst ein paar Sekunden später registriert sie die Situation.

       Bist du bescheuert? Was soll der Scheiß?

      Miss Jercys Augen funkeln Ava wütend an. Langsam, ganz langsam wendet sie sich von der Journalistin ab und wandert Richtung Wohnzimmer.

      »Wieso glauben die Menschen immer, das alles selbstverständlich ist? Sie haben keinerlei Respekt mehr dem Eigentum anderer Menschen gegenüber«, hört Ava die Doktorin schimpfen.

       Ich habe mich nur auf einen Stuhl gesetzt. Ich wollte ihn nicht stehlen, Herrgott.

      Ava blickt zu dem Wasser und dem Brot zurück.

       Gut, dann beiße ich mich da jetzt im wahrsten Sinne des Wortes durch. Ich habe zumindest etwas zum Essen und muss nicht mit leerem Magen ins Bett.

      Kaum macht sich Ava mit ihrem 2-Gänge-Menü auf dem Weg aus der Küche, bleibt sie abrupt stehen. Nachdenklich blickt sie zum Wasser hinunter. Sie wendet den Kopf und schaut zum Spülbecken.

       Sagte sie nicht, dass es hier kein fließendes Wasser gibt?

      Misstrauisch hebt Ava das Glas und riecht an dem Wasser. Nichts, es riecht ganz normal. Kein Kloakegeruch oder ähnliches. Das Wasser scheint sauber zu sein. Sauber aus einer Wasserleitung.

       Aha.

      Nachdenklich verkriecht sich Ava in ihr Zimmer, stellt das Essen auf dem kleinen Tisch ab und schiebt die schwere Schreibmaschine zur Seite.

       Ok, du musst dir eine Strategie ausdenken, um das hier zu überstehen. Sie wird dich mit Absicht fertigmachen wollen. Sie will dich nicht hierhaben und scheinbar will sie auch nichts von dem Buch wissen. Also wird sie dich für alles verantwortlich machen und dich bluten lassen. Wappne dich.

      Auf dem trocknen Brot herumkauend schaut sich Ava im Zimmer um. Sie hat bisher nur eine Tasche geöffnet und ein paar Sachen auf der Kommode verteilt. Auf dieser steht eine kleine Vase mit einer einzelnen Wildblume.

       Mit Sicherheit ist die aus Plastik.

      Ava tritt an die Kommode, schiebt die Nase vor und riecht an der Blume. Verwundert schaut sie diese an.

       Wow, die ist ja echt. Hat die Doktorin etwa eine sanfte Seite?

      Ava öffnet eine Seite des großen Schranks, dann die andere. Nichts Besonderes. In den Regalborten liegen einige zusammengefaltete Decken, mehr nicht. Sie hat also genügend Platz um ihre Kleidung zu platzieren.

      Ein kurzer Blick aus dem Fenster wird getan, dann tritt Ava an das Bett heran. Mit vorgeschobener Unterlippe mustert sie das ausrangierte Stück. Niemand in L.A. würde sich so ein Klappergestell ins Schlafzimmer stellen.

       Da kann man es mit Sicherheit nicht hemmungslos drauf treiben. Man muss ja ständig eine Ölkanne bei sich haben.

      Amüsiert über ihre eigenen Gedanken, wandert Ava um das Bett herum, bis ihr bei der Matratze etwas ins Auge sticht. Am Fußende blinzelt etwas hervor.

      »Was bist du denn?« Vorsichtig zieht Ava an einem hellen Stöckchen. Sie zieht es ganz aus der Matratze und schaut es skeptisch an.

      »Stroh? Wieso ist in einer Matratze Stroh?« Mit dem Stück Stroh in der Hand, blickt sie zu dem Bett zurück. Die Zahnrädchen in ihrem Kopf rattern langsamer als sie es gewohnt ist. Daher dauert es etwas, bis der Groschen fällt.

      »Nein!« Atemlos wirft Ava den Strohhalm über die Schulter, stürzt auf die Matratze und zieht den Bezug hoch.

      »NEIN!« Entsetzt starrt sie auf Stroh in neunzig Zentimeter Breite und einsachtzig Meter Länge. Die Matratze, die zum Schlafen da sein soll, besteht zu hundert Prozent aus Stroh.

      »NEIN! NIEMALS!« Schreiend schleudert Ava den Bezug auf das Bett zurück. Wankend taumelt sie einige Schritte rückwärts. Fassungslos schlägt sie sich die Hände vor den Mund. Tränen treten in ihre Augen. Wild beginnt sie den Kopf zu schütteln.

       Du hast nichts gemacht und sie hasst dich jetzt schon. Ich mache das nicht. Mein Boss kann sich morgen was anhören. Der soll sich jemand anderen für diesen Scheiß suchen. Ich bleibe keinen Tag länger bei dieser Psychotussie. Die


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