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Stimme kommt. Auf einem braunen Pferd sitzend, taucht die Doktorin hinter der Hütte auf und hat die Couchdecke gegen eine dicke Jacke und eine blaue Jeans eingetauscht. Ihre Kopfbewegung bedeutet Ava, dass sie ihr zum Wagen folgen soll.

       Geht es vielleicht noch etwas freundlicher? Meine Güte, was hatte die heute zum Frühstück? Saure Milch?

      Auch wenn Ava keinerlei Bedürfnis verspürt, der Psychiaterin zu gehorchen, denkt sie an den Wagen und trottet der erfahrenen Frau hinterher. Als sie diese fast einholt, gibt die Doktorin ihrem Pferd einen Stoß in die Seite und regt es somit zum Galopp an. Ungeachtet lässt sie Ava zurück, die sich mit ihren hochhackigen Schuhen über die Wiese quält.

       Memo an mich selbst: Keine hochhackigen Schuhe bei Wald und Wiese.

      Als sie einige Zeit später schnaufend und abgekämpft bei ihrem Wagen ankommt, macht sich Miss Jercy an dem Abschlepphaken zu schaffen.

      »Der Wagen ist auf neutral gestellt?«, hört Ava sie murmeln, während sie damit beschäftigt ist, ein Seil an den Hacken zu binden.

      »Kleinen Moment. Augenblick.« So schnell, wie Avas Schuhe es zulassen, stolpert sie zur Fahrertür, greift durch das offene Fenster und setzt den Wagen auf die Stellung N.

      »Jetzt.« Die Doktorin schaut sie finster an.

      »Da hätten Sie auch selbst draufkommen können, oder?«

       Hätte ich, ja. Bin ich nach so einem langen Tag aber leider Gottes nicht. Herrgott nochmal. Hoffentlich muss ich nicht allzu lange hierbleiben. Die treibt mich jetzt ja schon in den Wahnsinn.

      Ava beobachtet die Psychiaterin wie sie das andere Ende des Seils um das Sattelhorn bindet und dem Pferd gegen die Seite klopft.

      »Na komm, Süße«, ermutigt sie die Stute, ihre Pferdestärken in Gang zu setzen. Nach wenigen Versuchen, setzt sich Avas Wagen mit Hilfe des Pferdes langsam in Gang. Stück für Stück zieht die Stute das Auto aus dem festgefahrenen Loch.

      Allerdings lässt die Doktorin ihr Pferd das Auto nicht Richtung Hütte ziehen, sondern genau entgegengesetzt. Richtung Straße.

      Ava überkommt das Gefühl lieber nicht zu fragen, weshalb ihr Wagen nicht zur Hütte gezogen wird. Ihr Bauchgefühl hält sie aus Sicherheitsgründen davon ab. Es soll auch nicht allzu lange dauern, bis sich dieses Gefühl begründet.

      Der Wagen ist sogar über die Brücke bis zur Straße zurückgezogen, als die Doktorin das Seil vom Abschlepphaken bindet.

      »Das hast du super gemacht«, klopft sie ihrem Pferd gegen den Hals, blickt flüchtig zu Ava zurück und setzt sich in den Sattel. Die junge Frau schaut ihr entgeistert hinterher, als die Doktorin zur Hütte zurückreitet, ohne ihren Gast oder ein Stück Gepäck mitzunehmen.

      »Wie soll ich denn jetzt zur Hütte gelangen?« ruft Ava der Frau hinterher, die ihr mehr und mehr unsympathisch wird. Die ältere Frau blickt abwertend zu ihr zurück.

      »Sie haben doch zwei gesunde Füße, nicht wahr?«

       Ach und deine fallen gleich ab, oder wie?

      »Geht es eigentlich noch besser?« Fluchend wirbelt Ava herum und beginnt ihr Gepäck aus dem Kofferraum zu rupfen.

      »Weiteres Memo an mich: Nie wieder auf irgendwelche Karrieresprünge hoffen, die einen schon in den ersten zwanzig Minuten in den Wahnsinn treiben. Und …«, Ava blickt in den Kofferraum »nicht so viel Gepäck mitschleppen.«

      Mit jeweils einem Koffer in jeder Hand, zwei Taschen und einer Handtasche, kämpft sich die junge Journalistin über die Wiese zur Hütte zurück. Wie viele Meilen mag sie gelaufen sein? Gefühlte zwanzig?

      Ein kurzer Blick zum Wagen zurück, zeigt Ava, dass dieser vielleicht gerade Mal eine halbe Meile von der Hütte entfernt steht. Dennoch kommt es ihr wie eine halbe Erdumrundung vor.

      »Das wird ordentlich Muskelkater geben.«

      Doch etwas erstaunt, zieht Ava eine Augenbraue hoch, als sie bei der Hütte ankommt und dessen Haustür weit offensteht.

       Wie höflich.

      Ava betritt die Hütte und bleibt abrupt stehen, kaum dass ein durchdringender Blick der Psychiaterin sie eiskalt erwischt. Miss Jercy steht mit verschränkten Armen im … im … ähm, was ist das für ein Raum? Flur?

      »Haben Sie irgendwelche geistigen Einschränkungen?«, bremst die Doktorin Ava aus, die Hütte weiter zu betreten.

       Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Frage sehr ungesund für mich wird.

      »Nein«, antwortet Ava wahrheitsgemäß. Bei ihr sind noch alle Synapsen vorhanden und jedes Zahnrädchen funktioniert einwandfrei.

      »Haben Sie irgendwelche körperlichen Einschränkungen?« Avas Kiefer beginnt zu malen. Hackt diese Frau im Augenblick wirklich auf ihrer Gesundheit herum? Was soll das?

      »Nein, ich bin kerngesund.«

      »Wenn Sie also Ihrem Alter entsprechend«, der Blick der Doktorin wandert flüchtig über Avas Körper »im vollen Besitz Ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten sind, dann sind Sie also einfach nur ignorant und dumm!?«

      »Wie bitte?« Unüberlegt fährt Ava die hoch ausgezeichnete Frau an. Sie kann nicht fassen wie sie sie gerade bezeichnet hat.

       Was fällt dieser Schnepfe ein?

      Miss Jercy zeigt an Ava vorbei nach draußen.

      »Haben Sie draußen auf der Veranda das Schuhregel gesehen?«

      Blitzschnell überlegt Ava. Ja, irgendetwas in der Art hat sie gesehen. Sie nahm es wahr, registrierte es aber nicht wirklich. Jetzt weiß sie jedenfalls worauf die Doktorin hinaus will.

      »Ja, habe ich.«

      »Und weshalb stehen Sie dann mit Straßenschuhen in meinem Haus? Ziehen Sie diese sofort aus! Danach folgen Sie mir.«

      Mit einem lauten rumsen und poltern lässt Ava schlagartig sämtliche Gepäckstücke fallen, was die Doktorin dazu verleitet, sie mit einem bissigen Blick zu bestrafen.

       Was denn? Du wolltest, dass ich die Schuhe ausziehe. Das mache ich sicherlich nicht mit vollen Händen.

      Gehässig in sich hinein grinsend, dreht sich Ava um, zieht draußen ihre Schuhe aus und stellt diese schön brav in das Regal. Danach schnappt sie sich ihr Gepäck, wirft sich jedes einzelne über die Schulter und hofft noch nicht einmal, dass ihr die Doktorin eventuell hilft. Denn diese steht noch immer mit verschränkten Armen vor ihr und beobachtet den Packesel ausdruckslos.

      Stramm wie ein Soldat, steht Ava einige Augenblicke später vor ihr und wartet auf weitere Instruktionen. Die Doktorin mustert sie kurz, dreht sich um und setzt sich in Gang. Sie zeigt nach rechts.

      »Wohnzimmer. Dort dürfen Sie sich aufhalten.« Ein kurzer Blick von Ava wird in den Raum auf der rechten Seite getan. Fassungslos reißt sie die Augen auf. Ihre Kinnlade klappt herunter.

      »Bibliothek trifft es eher«, nuschelt sie baff. Das Wohnzimmer, oder das was es darstellen soll, ist über und über mit Büchern gefüllt. Eine Dreier-Couch, eine Zweier-Couch und ein Sessel dienen als Sitzgelegenheit, wobei nur die Dreier-Couch genutzt werden kann, weil die anderen beiden Möbelstücke mit Büchern überfüllt sind. Nicht ein Zentimeter der Sitzfläche ist noch als solche zu erkennen.

      Vom Boden aus sind im Laufe einiger Jahre unzählige Bücherstapel gewachsen. Man sieht keinen Türrahmen mehr, man sieht kaum noch eine Wand. Irgendwie wuchsen einige Stapel sogar mitten im Weg. Es ist unfassbar. Überall in diesem Raum wuchsen Bücherstapel aus dem Boden, die bis zu einer Höhe von fast ein Meter vierzig gezüchtet wurden.

      Neben dem Kamin, in dem ein wärmendes Feuer lodert, stapeln sich ebenfalls Bücher und wirken wie Säulen.

      »Haben Sie die Bücher etwa alle gelesen?«, stottert Ava erstaunt.

      »Jedes


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