Geschäft ist Krieg. Sven Kyek

Geschäft ist Krieg - Sven Kyek


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sie nach Feierabend und an Wochenenden zusätzlich in einer Diskothek.

      Diese Disko war wohl weit und breit bekannt.

      Sie erzählte mir, daß dort Prominente, aber auch Zuhälter ein- und ausgingen. Auch von „steinreichen Leuten“ bzw. deren Kindern, die dort Partys feierten, als ob es kein Morgen gebe, sprach sie. Aber sie wäre nie involviert gewesen, obwohl sie überall mit dabei gewesen war und alle gekannt habe. Jedenfalls schien sie diese Klientel dergestalt abgeschreckt haben, daß sie etwa ein Anblick wie der meines neuen Autos in solche Rage versetzen konnte. Als ich um diesen Teil ihres Lebens wusste, kam es mir vor, als wäre sie ausgebrannt aus Hamburg nach Perleberg geflüchtet.

      Es war vermutlich auch der Zeit in Hamburg zu schulden, daß sie kein Interesse an Diskothekenbesuchen hatte und keinen Alkohol trank. All das hatte aber auf unsere Beziehung keinen Einfluss, wir verstanden uns toll.

      So verbrachten wir die Abende und Wochenenden zuhause und hatten richtig Spaß. Mir war das nur recht. Im Übrigen teilten wir bald auf das Leidenschaftlichste ein Hobby: Ihr war von Anfang an aufgefallen, daß ich damit beschäftigt war, an der Börse Geld zu „verdienen“. Plötzlich fieberte jemand mit mir, wenn ich bis tief in die Nacht zum Zerreißen gespannt Börsenticker verfolgte.

      Gemeinsam suchten wir im Fernsehen, im Teletext und diversen Zeitschriften nach Anlagemöglichkeiten. Mit Doreen wurde es zur Sucht.

      Aktien und Optionsscheine, die wir beide über das Wochenende auswählten, kaufte ich Monatag früh, um sie freitags mit satten Gewinnen zu verkaufen.

      In der Firma lief alles hervorragend. Meine Arbeitszeit begann nach wie vor um 6.30 Uhr und endete um 18.30 Uhr.

      Mittlerweile hatten wir die ersten Schlosserarbeiten in Hamburg bekommen und so jagte ich von einer Baustelle zur anderen.

      Vormittags Berlin, nachmittags Hamburg und zwischendurch zu den Hochspannungsmasten in Mecklenburg. Die Gewinne wuchsen.

      Zum Sommer 1998 ließ ich für Doreen und mich einen Swimmingpool in den Garten bauen.

      Das war nicht ganz uneigennützig...

      Aber Doreen störte es überhaupt nicht, daß wir unseren 'Sommerurlaub' damit verbrachten, am Pool zu liegen und Wirtschaftsmagazine zu wälzen.

      Auf der Suche nach Penny-Stocks, also Aktien, die im Pfennigbereich dümpelten, kam ich in diesem 'Urlaub' auf Fokker-Aktien.

      Fokker war ein angeschlagener niederländischer Flugzeugbauer. Über Wochen recherchierte ich alle Informationen über Fokker, ich trug wohl mehrere hundert Seiten zusammen.

      Zwischenzeitlich hatte sich eine Gesellschaft in den Niederlanden gegründet, die „Rekkof“, also gewissermaßen „Fokker“ von hinten.

      Ich telefonierte mit deren Geschäftsführer und bekam heraus, daß sie die Baupläne für eine neue Maschine gekauft hatten, vor deren Entwicklungskosten Fokker in die Knie zu gehen drohte.

      Von einem holländischen Gewerkschafter habe ich auch erfahren, daß Fokker kurz vor dem Neustart stehen würde.

      Ich habe die DASA angerufen, mit der Dresdner Bank gesprochen und –ein Parforceritt– nach tagelangen Versuchen sogar den Vorstandsvorsitzenden von Boeing, Phil Condit, ans Telefon bekommen. In meinem von CNN aufgefrischten Schulenglisch und mit der Frechheit, die Erfolge einem verleihen können, habe ich in dem kurzen Gespräch versucht, Condit davon zu überzeugen, daß Boeing sich aufgrund des rasant wachsenden Marktes für Flugzeuge mit ca. 100 Sitzplätzen an Fokker beteiligen müsse.

      Mir ging es natürlich nicht um das Wohl und Wehe Boeings, sondern um die beschleunigte Mehrung der 100.000 Mark, die ich bis dahin bereits in Aktien von Fokker investiert hatte.

      Das war der Stoff, aus dem unsere Träume und die langen Gespräche waren, Doreens und meine.

      Ihr Credo war: „Immer auf der Jagd nach dem Glück. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten!“

      Da ich die ganzen Monate wie immer durch die Firma, nun aber auch durch Doreen voll ausgelastet war, hätte ich bald meinen Rechtsstreit mit der Volks- und Raiffeisenbank vergessen.

      Das Landgericht tagte. Zunächst einmal verabschiedete sich in der Sitzung einer der Richter wegen Befangenheit. Er war der Stiefvater einer meiner Buchhalterinnen.

      Fernsehanwalt Nieding kam mit dem Flieger aus Frankfurt nach Berlin und mit dem Mietwagen weiter zum Landgericht nach Neuruppin.

      Mit den über Monate weiterlaufenden Zinsen für den verspäteten Einkauf der Bremer Vulkanaktien war das Minus auf meinem Anlagekonto bei der Volks- und Raiffeisenbank auf fast 400.000 Mark angewachsen. Es ging also nicht mehr nur um den mir genommenen Gewinn.

      Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich justizerprobt war, konnte ich der Sache nur teilweise folgen. Am Ende hatte ich aber das mulmige Gefühl, daß die Richter der Meinung seien, wer Aktien kaufe, müsse eben auch verlieren können. Als wir einen Monat später zur Urteilsverkündung fuhren, sackten mir bald beim Aufstehen die Beine weg und mir wurde schlecht, als der Richter verlas:

      „Die Klage ist abgewiesen!“

      Jetzt kommen zu den 400.000 noch Prozesskosten, die Kosten der Gegenseite und die üppige Rechnung von Rechtsanwalt Nieding.

      Zwei Tage habe ich gebraucht, um mich zu fangen. Dann habe ich, natürlich mit Doreens Zuspruch, 'entschieden': „Nicht mit mir, nicht mit uns!“

      Über eine Börsenzeitschrift habe ich die Telefonnummer von Dr. Rodloff erhalten. Seine Kanzlei lag am Ku'damm in Berlin. Ich war von ihm ohne Einschränkung begeistert.

      Er hatte zwar keine außergewöhnliche Medienpräsenz, war aber ein außergewöhnlich angenehmender Mensch – extrem sachkundig, zugleich aber sehr ruhig und gelassen.

      Nachdem er sich das Urteil des Landgerichts und die Akten angesehen hatte, erklärte sich Dr. Rodloff bereit, mich in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht in Brandenburg zu

      verteidigen.

      Ich beantragte also Revision und warteten auf einen Termin.

      Weil mir meine Arbeit in den ganzen Jahre wenig Freizeit ließ, pflegte ich auch kaum familiäre Kontakte. Das änderte sich durch Doreen ein wenig.

      Mein Bruder hatte sich mit seiner Frau auf dem Grundstück seiner Schwiegereltern wenige Kilometer vor Perleberg ein Haus gebaut.

      Er hatte einen Groß- und Einzelhandel aufgebaut für alles was man so braucht in der Region...

      Seine Frau fuhr einige Zeit als Betreuerin von Filialen einer Supermarktkette durch die Region und arbeitete später in Schwerin in der Kreditabteilung einer Bank.

      Nach dem Babyjahr verlor sie ihren Job dort, hatte sich jedoch auch zuvor schon mehrfach bei der Volks- und Raiffeisenbank in Perleberg beworben.

      Der Bruder meiner Schwägerin hatte ebenfalls ein Haus auf dem Grundstück seiner Eltern und lebte dort mit seiner Frau, die im Finanzamt Pritzwalk arbeitete.

      Er war damals Prüfer bei der Steuerfahndung, hatte aber nebenher eine Zulassung als Steuerberater erworben und wollte sich in Perleberg selbstständig machen. Wir besuchten die Vier immer häufiger. Es wurde mir somit fast zur Pflicht, dem Schwager meines Bruder zu versprechen: „Wenn Du Dich selbstständig machst, komme ich mit meiner Firma zu Dir“!

      So kam es dann auch. Ich verließ meinen alten Steuerberater. Der Beginn unseres neuen Verhältnisses verlief allerdings chaotisch.

      Denn er machte zunächst gar kein eigenes Büro auf, sondern war in zwei oder drei Kanzleien innerhalb eines Jahres als Büroleiter tätig.

      Jedes Mal schleppten wir unsere gesamten Akten von einem Büro zum anderen, bis er sich dann tatsächlich selbstständig machte.

      Vielen Geschäftsfreunden empfahl ich, ihm ein Beratungsmandat zu erteilen. All dies hatte zur Folge, daß er mir gegenüber zu dieser


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