Kein Mann für eine Nacht. Fae Clarke

Kein Mann für eine Nacht - Fae Clarke


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ich zurück. Ich hatte mich mit Alice in der Stadt getroffen und wir haben uns stundenlang in einem Café unterhalten. Immerhin kann ich das ja jetzt tun, wann immer ich will. Keiner wartet auf mich oder nervt mich andauernd übers Mobiltelefon, wann ich denn endlich nach Hause komme. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen, denn ab und an habe ich auf mein Handy geblickt, um nachzusehen, ob Pete sich nicht schon gemeldet hat.

      Natürlich hatte er mir geschrieben, genauso wie Rob. Beide Nachrichten hatte ich allerdings absichtlich nicht gelesen, ich wollte mir den entspannten Tag nicht vermiesen lassen. Noch im Café aktivierte ich die neue Karte in meinem nagelneuen Smartphone und teilte den Freunden meine neue Nummer mit.

      Auf dem Balkon sitze ich nun dick eingemummelt auf einem der beiden Stühle und starre in den dunklen Himmel hinauf. Aus dem Wohnzimmer dringt leise Musik an mein Ohr, die mich beinahe einlullt. Mein altes Handy leuchtet auf. Oh je, ich habe tatsächlich Rob vergessen. Zögerlich nehme ich es in die Hand und öffne seine Nachrichten. »Hey Schöne. Kein Problem, ich verzeihe dir und mach dir bitte keine Gedanken, wie du reagieren sollst. Ich danke dir für deine ehrliche Antwort. Rob x«

      Das war seine Nachricht von heute Vormittag und soeben kam: »Sorry, ich bekomm dich einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich möchte dich gern kennenlernen, rein freundschaftlich, ehrlich. Ein Vorschlag: Frag mich irgendetwas, egal was, damit du siehst wer oder wie ich bin. Dagegen spricht doch nichts, oder? Sweet dreams x«

      Mir fällt auf, dass ich anfange, Gefühle zu diesem wahrlich reizvollen Fremden zu entwickeln. Aber wie kann das sein? Vor allem nach den wenigen Worten, die wir bisher gewechselt und den wenigen Stunden, die wir uns in der langen Zeit gesehen hatten. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Was soll ich nur tun? Grübelnd zünde ich mir eine Zigarette an und greife nach meinem Weinglas. Allabendliches Weintrinken sollte nicht zur Gewohnheit werden, aber es war eh der letzte Schluck aus der gestrigen Flasche.

      Sofort fallen mir auch einige Fragen ein. Hm, soll ich ihn noch zappeln lassen? Das wäre allerdings gemein, da er bereits den ganzen Tag gewartet hat. Ich würde schon gern einiges über ihn erfahren. Also warum nicht?

      Dann schreibe ich von meinem neuen Handy aus: »Hey Rob. Darin sehe ich kein Problem. Gut, dann frage ich direkt los: Wie alt bist du eigentlich? Darf man das einen Mann überhaupt fragen? Magst du wirklich die schwarze Szene? Ist Rob ein Spitzname? Warum habe ich dich vorher noch nie im Club gesehen (bis auf die beiden Male)? Schlaf gut x

      PS: Das ist übrigens meine neue Nummer. Abby«

      Wieso teile ich ihm eigentlich nicht mit, dass ich mich von Pete getrennt habe? Er hat zwar nicht danach gefragt, aber dann wäre alles etwas einfacher. Auch für ihn, und genau hier liegt wohl mein innerer Konflikt. Da ich es ihn nicht wissen lasse, kann er mir nicht zu nahe kommen. Es ist schlicht und ergreifend die Angst, mich Hals über Kopf zu verlieben. Viel lieber wahre ich weiterhin den respektvollen Abstand zwischen uns.

      Seufzend nehme ich alles an mich und gehe wieder hinein. Da ich die Tür offengelassen hatte, um draußen die Musik zu hören, ist es im Wohnzimmer kalt geworden. Immerhin haben wir Temperaturen um den Gefrierpunkt. Schnell schalte ich alles aus und haste sofort in die Federn. Nach wenigen Minuten ist mir endlich wieder warm und ich krame das neue Buch aus meiner Tasche, die ich nach dem Einkaufen auf das Bett geworfen hatte. Die Nachttischlampe spendet gerade so viel Licht, dass ich die Schrift entziffern kann. Nach wenigen Seiten bin ich allerdings eingeschlafen.

      Mit lauter Musik und vor mich hin summend sortiere ich die letzten Bücher in das Regal ein. Als ich fertig bin, tanze ich laut singend durch das Wohnzimmer. Seit dem Aufwachen fühle ich mich rundum zufrieden und pudelwohl in meiner Haut. Robs Nachricht trug wohl auch einen kleinen Teil dazu bei.

      »Guten Morgen Schöne. Ich heiße Robert, also ist Rob eine Abkürzung. Ich bin 35 und ich würde mich nun nicht unbedingt als Goth bezeichnen, aber ich mag die Szene sehr gern, ebenso wie die verschiedenen Musikstile. Ich schaue lieber zu und beobachte gern die Menschen, bewundere die, die sich so extravagant aufstylen. Also ich bin eher der passive Typ. Du sahst übrigens bezaubernd in deiner Aufmachung aus. Find ich klasse, nicht so zurückhaltend wie ich.

      Ich bin schon seit knapp einem Jahr im Club und war schon einige Male da, aber du leider nicht. Und um gleich eines vorwegzunehmen, ich bin recht glücklicher Single. Darf ich dich auch etwas fragen? x«

      Er scheint mir nicht mit seinen Antworten gefallen zu wollen, sonst hätte er mir wohl, wie Pete vorgemacht, dass er voll und ganz in der schwarzen Szene unterwegs wäre. Kurz schließe ich meine Augen und rufe ihn mir in Erinnerung, als er vor mir getanzt hatte. Schmunzelnd schüttle ich mich, das Kribbeln im Bauch wächst an, das sollte ich auf keinen Fall zulassen. Da fällt mir ein, dass ich ihm ja noch gar nicht geantwortet hatte.

      Schnell zücke ich mein Smartphone und tippe: »Hey Rob. Dankeschön fürs Kompliment. Ich ahnte es, du bist jünger als ich. Geschockt? Hm, war wirklich nicht mehr so oft im Club. So, so, glücklicher Single, gibt es so etwas wirklich? Spaß! Frag mich ruhig, solange es nicht zu persönlich ist, beantworte ich dir auch alles. x«

      Verblüfft stelle ich fest, dass die Konversation zwischen uns vertrauter wird. Aber vormachen sollte ich mir trotzdem nichts, denn wer weiß, welchen Charakter er tatsächlich hat. Schreiben kann er viel, das heißt noch lange nichts. Na ja, zumindest sieht er gut aus und schriftlich ist er auch ganz nett. Hm, wieso habe ich Matt und Frank vorgestern nicht einfach über ihn ausgequetscht? Ach egal. Es kommt wie es kommt und außerdem, ich will ja keine Beziehung, von daher kann es mir gleich sein. Sollte es zumindest.

      Kichernd über meinen Zwiespalt tänzle ich in mein neues Nähzimmer und beginne auch hier auszupacken. Die Stoffe müssen unbedingt aus den Kartons raus. Gut, dass Tom meinen PC bereits angeschlossen hatte, somit kann ich nebenbei E-Mails abrufen. Wieder neue Aufträge! Zwar freue ich mich wahnsinnig darüber, aber ich werde nicht alle schaffen. Darum kümmere ich mich allerdings nachher, denn ich muss nun wirklich die Schränke einräumen.

      Am späten Nachmittag bin ich endlich fertig. Alles ist fein säuberlich in den Regalen verstaut und auch meine Tische sind komplett ausgestattet. Wenn ich wollte, könnte ich auf der Stelle loslegen, aber ich verspüre noch keine Lust. Außerdem sollte ich langsam mal etwas zu mir nehmen, mein Magen knurrt lautstark.

      In der Küche fällt mir ein, dass ich mich nach niemandem mehr richten muss, ich kann essen, was und wann immer ich will. Das Glücksgefühl endet jedoch abrupt, als ich den Kühlschrank öffne. Gähnende Leere. Stimmt, ich konnte ja schlecht die Lebensmittel mitnehmen. Ob Alice morgen mit mir Einkaufen fahren kann?

      Ich sollte mir unbedingt ein kleines Auto zulegen, ohne komme ich gerade bei solchen Großeinkäufen nicht weit. Gut, dass ich gestern noch einige Kleinigkeiten eingekauft hatte, aber an Gewürze und all die wichtigen Dinge hatte ich jedoch nicht mehr gedacht.

      Während die Pizza im Ofen bäckt, schreibe ich eine ellenlange Einkaufsliste. Alice hat vor einigen Minuten zugestimmt, mit mir einkaufen zu fahren. Dafür habe ich Robs Nachricht noch nicht gelesen, denn die lebenswichtigen Sachen haben Priorität. Erst als ich die Liste erneut durchgegangen bin und zufrieden nicke, öffne ich seine Mitteilung, die ebenfalls nicht gerade kurz ist.

      »Hey Abby. Wieso sollte ich geschockt sein? Klar, du siehst jünger aus, darum bin ich erstaunt, aber nicht geschockt, warum auch. Wie alt, sorry, wie jung bis du denn? Darf ich das fragen? Und falls du deine Gedankengänge weiter webst: Nein, es würde mir nichts ausmachen. Ich stehe nicht auf junge Dinger, ist mir schlichtweg zu anstrengend.

      Wie lautet denn dein richtiger Name? Abby klingt definitiv nach einer Abkürzung. Hast du Kinder? Darauf brauchst du nicht zu antworten. Ich will damit nur sagen, dass ich Kinder liebe, wollte allerdings nie selbst welche. Sag mir einfach, wenn es zu persönlich für dich wird!

      Wieso tust du dir das eigentlich an? Wieso trennst du dich nicht? Du leidest, das sieht sogar ein Blinder! Brauchst du das? Die Erniedrigung, meine ich. Sorry, falls ich zu direkt bin. Würdest du mich treffen wollen? In einem Café zum Beispiel, auf neutralem Boden mit vielen Menschen, falls du dich dann wohler fühlst. Ich kann es jederzeit einrichten. Ich freue mich auf deine Antwort. x«

      Der Herd piepst und reißt mich sofort in die Realität zurück.


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