Tödliches Verlangen. Madlen Schaffhauser

Tödliches Verlangen - Madlen Schaffhauser


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nochmals eines seiner bezaubernden Lächeln. Wie versteinert bleibe ich vor meiner Zimmertür stehen und lausche ihren schnellen Schritten, die auf dem Linoleumboden quietschen, bis sie verklingen.

      Etwas gekränkt darüber, dass er sich so schnell von mir verabschiedet hat, gehe ich in mein verlassenes Zimmer und lege mich aufs Bett. Bei den Erinnerungen an an den kurzen Kuss, wird mir ganz warm ums Herz. Dabei streiche ich über meine Lippen, die, wie ich glaube, immer noch nach ihm schmecken. Sofort wünsche ich mir, dass ich ihn bald wieder sehen werde.

      5.

      Wenn mich nicht alles täuscht, ist heute Donnerstag. Ich strecke mich in meinem Bett alle Glieder von mir und fühle mich erstaunlich erholt und entspannt. Obwohl ich mich nicht in meinen eigenen vier Wänden befinde, habe ich letzte Nacht ziemlich gut geschlafen. Das kann ich von den vorherigen Nächten nicht gerade behaupten. Liegt es vielleicht an dem dunkelblonden Alexander? Schon nur bei den Gedanken an ihn, macht mein Herz einige Hüpfer. Ungeachtet der Tatsache, dass ich mir geschworen habe, keinen Mann mehr nahe an mich ran zu lassen und mich keinem mehr zu öffnen, kann ich nichts gegen meine Zuneigung für Alexander unternehmen.

      Aber was sollte ich wiederum gegen einen Flirt haben? In Alexanders Anwesenheit kann ich vor meinen tiefen Verletzungen flüchten. Also gibt es doch nichts besseres, als die paar gemeinsamen Stunden zu geniessen. Wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen bin, trennen sich sowieso unsere Wege.

      Hoffentlich ist Dr. Stevens immer noch der Ansicht, dass ich morgen nach Hause kann. Ich kann es kaum erwarten, von diesem Ort wegzukommen.

      „Guten Morgen Frau Berner. Wie ich sehe, geht es Ihnen schon etwas besser.“ Frau Dr. Christensen reisst mich völlig unerwartet aus meinen Gedanken an gestern Nachmittag. Verdutzt sehe ich sie an.

      „Es ist schön, Sie lächeln zu sehen.“ erwidert sie, sobald sie an meinem Bett steht.

      „Guten Morgen Frau Dr. Christensen.“

      „Haben Sie gut geschlafen?“

      „Ja. Zum ersten Mal seit ich hier bin.“

      „Und wie fühlen Sie sich?“

      „Ziemlich gut.“ für den Moment jedenfalls, füge ich stumm dazu.

      „Das freut mich. Wollen wir gleich beginnen?“ Sie nimmt ihren Laptop zur Hand. „Setzen wir uns doch an den Tisch.“ Mühsam stehe ich auf, um mich gleich darauf auf einen Stuhl zu setzten. Ich sehe die vielen Blumensträusse an, die immer noch unverrückt an ihrem alten Platz stehen. Die einen lassen schon die Köpfe hängen. Was mir nur recht ist, denn die von Noah hätte ich schon längst in den Eimer werfen sollen. Ich setzte mich links von der Ärztin hin. Sie öffnet ihren Laptop und startet ihn.

      „Sind vielleicht schon irgendwelche Erinnerungen zurückgekommen?“

      „Ich... ich...“ Was soll ich sagen? Es war ja klar, dass sie mich so etwas fragen würde. Warum habe ich mir keine plausible Antwort zurechtgelegt.

      „Ja?“

      „Ich habe einige Erinnerungsfetzen, aber ich kann sie noch nicht richtig miteinander verbinden.“ Ich fühle mich äusserst schlecht, meine Ärztin so anlügen zu müssen. Und das alles nur, wegen Noah. Warum mache ich das nur? Wäre es nicht viel einfacher, wenn ich ihn verraten würde? So reite ich mich nur selbst weiter in die Scheisse.

      „Es muss Ihnen auf keinen Fall unangenehm sein. Wir machen jetzt ein paar Übungen. Danach gebe ich Ihnen Aufgaben, die Sie alleine bewältigen und lernen können. Sind Sie bereit?“

      Ich kann nur hoffen, dass sie mir meine innere Unsicherheit und meine Lügen nicht anmerkt. Sie bemüht sich so, mir zu helfen und ich habe nichts besseres zu tun, als ihr etwas vorzuspielen.

      „Okay. Dann legen wir mal los.“ Dr. Christensen dreht ihren Laptop zu mir. Es öffnet sich ein Programm, in dem ich verschiedene Gedankenübungen machen muss. Zwar habe ich meine Erinnerungen zurück, aber diese Übungen lenken mich, sehr zu meinem positiven Erstaunen, von meinen Sorgen und Problemen ab. Nach etwa dreissig Minuten brummt mir der Schädel und wir beenden die Sitzung. Bevor sie sich von mir verabschiedet, hinterlässt sie mir einige Bogen Papier, die ich für das tägliche Training benutzen kann. In einer Woche habe ich wieder einen Termin bei ihr. Dann möchte sie sehen, wie es um mein Erinnerungsvermögen steht.

      Gerade als ich dabei bin die Blumensträusse, die von Noah stammen, in den Eimer zu werfen, erscheint mein Vater in der Tür.

      „Hallo meine Kleine.“

      Wie sehr ich seine warme Stimme vermisst habe. Ich bin so froh, dass er endlich Zeit gefunden hat, um mich zu besuchen. Unfähig irgendwas zu erwidern, schmiege ich mich in seine Umarmung.

      „Wie fühlst du dich? Du siehst jedenfalls viel besser aus, als noch vor drei Tagen. Bin ich froh, dass du wieder bei Bewusstsein bist.“

      „Danke. Es geht mir schon viel. Ich freue mich, dass du hier bist. Wo bist du gewesen?“

      „Ich musste geschäftlich nach London. Ich habe alles versucht, den Termin zu verschieben, um so schnell wie möglich bei dir vorbeizukommen. Aber es war viel zu kurzfristig. Da gerade Ferienzeit ist, fehlen viele Mitarbeiter und so blieb mir nichts anderes übrig, als selbst zu gehen.“

      „Paps. Natürlich habe ich dich vermisst und gehofft, dass du dich blicken lässt. Aber ich wusste auch, dass du so schnell wie möglich hierher kommst, sobald es dir geht. Mach dir deshalb keine Sorgen. Schliesslich bin ich kein kleines Kind mehr. Ich hatte jeden Tag genug Besuch und jetzt bist du ja hier.“

      „Du wirst immer mein kleines Mädchen bleiben.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sieht mich dann eindringlich an. Mir scheint, als würde er jeden Zentimeter von mir abchecken.

      „Und wie geht es dir wirklich?“

      „Gut. Warum?“

      „Warum wirfst du all die Blumen weg?“ Er deutet auf die Sträusse, deren Blüten noch in voller Pracht leuchten.

      „Ach die. Ich will sie nicht mehr ansehen müssen.“

      „Und warum? Die sind doch von Noah? Habt ihr euch gestritten?“

      „Nicht wirklich. Aber ich habe mich von ihm getrennt und das will er offenbar nicht wahr haben.“

      „Ach Kleine. Irgendwann findest du auch deinen Märchenprinzen.“

      „Da wäre ich nicht so sicher.“ Ich kämpfe gegen die plötzlich aufkeimenden Tränen an. Ich dachte, ich hätte das Schlimmste überwunden, aber sobald ich mir eine Zukunft neben einem Mann vorstelle, bleibe ich ständig alleine stehen, da ich keine Kinder mehr bekommen kann.

      „Jetzt mach dich nicht verrückt. Du bist noch ziemlich jung und bist wunderschön. Du machst eine schlimme Zeit durch, aber auch die vergeht irgendwann. Wir sind immer für dich da.“

      „Ich weiss. Danke.“ Ich schmiege mich wieder an ihn und trauere still um mein ungeborenes Baby.

      Mein Vater drückt mich an den Schultern von sich weg und sieht mich ernsthaft an. „Was verschweigst du mir?“ In seiner Stimme klingt eine gewisse Härte mit.

      „N...Nichts.“ Ich wende meinen Blick von ihm weg und schaue aus dem Fenster. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen und ihn dabei belügen.

      „Was hat er dir angetan?“ Nun klingt er gar nicht mehr so heiter, wie vor wenigen Minuten und zwingt mich ihn anzusehen. Ich habe ihn noch nie so ausser sich gesehen. Hat ihm Valerie erzählt, dass ich schwanger war? Oder war Pam bei meinen Eltern und hat sie über alles informiert, was mir zugestossen ist? Ich vertraue meiner Schwester, wie auch meiner besten Freundin. Ich würde ihnen nie unterstellen, dass sie mir in den Rücken fallen würden, aber warum ist mein Dad plötzlich so aufgewühlt?

      „Er war nur etwas zerknirscht, als ich Schluss gemacht habe. Das ist alles. Ich habe gehofft, dass wir uns in aller Freundschaft trennen können.“ Es tut mir in der Seele weh, dass ich


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