Tödliches Verlangen. Madlen Schaffhauser

Tödliches Verlangen - Madlen Schaffhauser


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und hinter ihnen erkenne ich die beiden Herren, die am vergangenem Tag ebenfalls anwesend waren.

      Er würdigt mich keines Blickes, worüber ich ein wenig enttäuscht zu sein scheine. Warum nur muss ich bloss ständig zu ihm hinübersehen? Aber ich muss mir eingestehen, dass ich lieber diesen schönen Mann mit seinen kurzen, dunkelblonden Haaren betrachte, als mich meiner jüngsten Vergangenheit ergebe.

      Als ich gerade wieder einen Blick zu ihm werfe, stelle ich fest, dass er mich ansieht. Wow, diese Augen. Ich habe das Gefühl, als würde ich mich in diesem olivgrün verlieren. Gerade in dem Moment bemerke ich, dass mich die Frau, die neben ihm sitzt, beobachtet. Gleich darauf wendet sie ihren Kopf zu Alexander und flüstert ihm irgendwas zu, worauf er sich von mir abwendet und seine Tischnachbarin ansieht und beide zu lächeln beginnen. Ich möchte es mir nicht eingestehen, aber dieser Anblick versetzt mir einen ziemlichen Stich in mein Herz. Warum plagt mich das so? Habe ich nicht genug mit meiner Misshandlung von Noah zu ertragen? Machen sie sich vielleicht über mich lustig?

      Eilig packe ich meine Sachen zusammen und gehe, so schnell es mein Körper zulässt, Richtung Fahrstuhl. Ich möchte nur noch in mein Zimmer. Diese Demütigung brauche ich nicht länger hinzunehmen. Ich drücke auf den Knopf und warte ungeduldig, bis die Aufzugtüren sich endlich öffnen.

      „Hallo Zoe. Ich habe gehofft Sie wiederzusehen.“

      Mich überrieselt ein wohliger Schauer, als ich die unverkennbare, tiefe, sanfte Stimme hinter mir wahrnehme und drehe mich im selben Moment um. Obwohl ich mich darüber freue, dass er mich angesprochen hat, bin ich zu keiner Erwiderung fähig und bleibe stocksteif stehen. Diese olivgrünen Augen ziehen mich vollends in seinen Bann.

      In einem kleinen Abstand sehe ich die beiden Männer, die vorhin mit Alexander an den Tisch traten und immer wieder verstohlene Blicke auf uns zuwerfen. Warum sind die hier und beobachten uns? Obwohl ich keine Gefahr von Alexander befürchte, wird es mir etwas unheimlich.

      „Wie fühlen Sie sich heute?“ reisst er mich aus meiner Starre.

      „Hallo... Alexander. Gut... danke.“ stammle ich verlegen herum.

      „Wollen Sie schon wieder in Ihr Zimmer?“

      „Mein Mittagessen wird sicher gleich gebracht. Ich sollte dann mal weiter.“ Obwohl ich kein Verlangen nach Essen verspüre bin ich heilfroh, auf mein Zimmer fliehen zu können. Nur vor was will ich mich in Sicherheit bringen? Etwa vor den wirren Gefühlen, die dieser attraktive Mann in mir auslöst? Ein leichtes Ziehen in meiner Magengrube lässt mich leicht erröten. Ich wünsche mir, dass Alexander das nicht sieht.

      „Schade. Ich habe mir gewünscht, Sie zum Essen einladen zu können.“

      „Vielleicht ein ander Mal.“ Als ich mich umdrehen möchte, fasst plötzlich eine Hand nach meinem Arm. Ich kann nichts dafür, aber ich zucke sofort zusammen und eine beklemmende Angst ergreift mich. Ich wage kaum zu atmen und sehe Alexander mit weit aufgerissenen Augen direkt an. Mein Blick muss ihn so erschüttern, dass er seine Hand von meinem Arm nimmt und sich bei mir entschuldigt.

      „Habe ich Ihnen wehgetan?“ fragt er mich mit seiner charmanten Stimme.

      „Nein.“ Sie nicht, aber jemand anders, fährt es durch meine Gedanken. Ich brauche meine ganze Kraft, nicht in Tränen auszubrechen.

      Soll das jetzt immer so weitergehen? Habe ich von jetzt an ständig Angst, wenn mich jemand berührt?

      „Was machen die beiden Herren dort in der Ecke? Warum beobachten die uns?“

      Er sieht über seine Schulter und nickt den beiden zu. Diese jedoch machen keine einzige Bewegung. Alexander blickt wieder zu mir und schenkt mir seine Aufmerksamkeit.

      „Ach die. Die sind nur für meine Sicherheit zuständig.“

      „Für Ihre Sicherheit?“

      Fast lautlos öffnen sich hinter mir die Aufzugtüren und eine Frau in einem weissen Kittel tritt neben mich. Erst als sie auf meiner Höhe stehen bleibt, wird mir bewusst, dass sie mit mir gesprochen hat. Aber ich habe keine Ahnung, was sie von mir will.

      „Frau Berner? Ist alles in Ordnung?“ fragend blickt sie mich an.

      „Ja.“

      „Sind Sie sich auch sicher?“

      „Ich habe sie nur nicht gehört. Das ist alles.“ Sie sieht mich mit einem Ausdruck an, der mir beweist, dass sie nicht überzeugt davon ist, dass alles gut ist.

      „Herr Dr. Stevens sucht Sie. Könnten Sie mir bitte folgen?“

      „Natürlich.“ Ich wende mich an Alexander, der immer noch vor mir steht. „Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.“

      „Darf ich Sie heute Abend zum Essen einladen? Auch wenn es nur in der Kantine von diesem Krankenhaus ist?“

      Ich fühle mich geschmeichelt, von diesem bezaubernden Mann zum Essen eingeladen zu werden. Aber was ist mit der Frau, die im Café auf ihn wartet?“

      „Ich würde Ihre Einladung gerne annehmen, wenn nicht schon eine Frau im Café auf Sie warten würde. Machen Sie es gut, Alexander.“

      Er zieht seine Stirn in Falten und überlegt angestrengt, was ich wohl damit gemeint haben könnte. Ich stehe schon im Fahrstuhl und die Türen schliessen sich langsam, als er zu verstehen glaubt.

      „Sie ist nicht meine Freundin oder Frau, wenn Sie das denken.“

      Ich trete auf den siebten Stock hinaus. Warum habe ich ihm keine Gelegenheit gegeben, um alles erklären zu können? Vielleicht ist es ja seine Schwester oder Cousine? Wer weiss. Warum bin ich einfach davon ausgegangen, dass es seine Partnerin sein müsse? Umso näher ich meinem Zimmer komme, umso wütender bin ich auf mich selbst. Wiederum habe ich für eine Zeit lang genug von dem männlichen Geschlecht. Zuerst muss ich mit dem umgehen können, was mir Noah angetan hat. Ich habe ihm vertraut und ihn einst geliebt. Nie hätte ich geglaubt, dass er mir so etwas schreckliches, wie vor ein paar Tagen, antun könnte. Wie soll ich je wieder das Vertrauen in einen anderen Mann gewinnen?

      „Einen sehr attraktiven Mann haben Sie da kennengelernt.“

      „Wie?“

      Die etwa fünfzigjährige Krankenschwester, die neben mir hergeht, sieht mich mit einem verschmitzten Lächeln an. „Der Mann von vorhin.“

      „Ach so. Ja das ist er.“

      „Warum wollen Sie dann die Einladung nicht annehmen?“

      Musste diese Schwester alles mit anhören? „Ich bin noch nicht bereit dazu.“ Jetzt ist es die Frau im weissen Kittel, die mich verdutzt ansieht.

      „Es geht mich zwar nichts an,...“ Da hat sie verdammt noch mal Recht. „...aber lassen Sie ihn nicht zu lange warten. Es gibt zu viele andere Frauen auf dieser Welt, die diesen Schönling sicherlich auch interessant finden.“

      Dann soll doch jemand anderes ihn schnappen. Auch wenn sie es nur gut mit mir meint, gehen mir ihre Ratschläge langsam auf die Nerven. Ich habe momentan weiss Gott genug andere Unannehmlichkeiten zu verdauen, als dass ich mich gleich dem erstbesten Mann an den Hals werfen möchte. Schweigsam gehe ich weiter auf mein Zimmer.

      „Frau Berner, wie geht es Ihnen heute?“

      „Den Umständen entsprechend.“

      Dr. Stevens tritt zu mir und nimmt ein Gerät nach dem Anderen aus seiner Kitteltasche, um mich zu untersuchen. „Soweit ich es äusserlich beurteilen kann, sind sie auf dem besten Weg zur Besserung.“ Er greift nach meiner linken Hand und nimmt die Bandage ab, um sie sorgfältig abzutasten. „Die sieht auch schon ganz gut aus. Ich denke, wir können den Verband weglassen. Wie kommen Sie mit der Krücke zurecht?“

      „Mit jedem Spaziergang besser.“

      „Es ist nur förderlich, dass Sie sich etwas Bewegung gönnen, aber bitte belasten Sie noch nicht allzu sehr Ihre Beine. Jetzt würde ich gerne noch die gebrochenen Rippen abtasten. Bitte legen Sie sich kurz auf den Rücken.“


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