Tödliches Verlangen. Madlen Schaffhauser

Tödliches Verlangen - Madlen Schaffhauser


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ich kann dich nicht dazu zwingen mir deine Sorgen mitzuteilen, wenn du nicht bereit dazu bist. Also werde ich dich auch nicht länger bedrängen. Wenn du es dir anders überlegst und dich mir anvertrauen willst, weisst du hoffentlich, dass ich für dich da sein werde. Immer.“

      Froh darüber, dass er nicht mehr länger nachzubohren versucht, drücke ich ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich hab dich lieb, Dad.“

      „Ich dich auch, mein Schatz.“

      Wir verfallen beide in ein unangenehmes Schweigen. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach. Ich versuche verzweifelt ein anderes Thema anzuschneiden. Mir fällt aber nichts Passendes ein, um ein Gespräch zu beginnen und bin noch so froh, dass er die Stille durchbricht.

      „Kannst du morgen nach Hause?“

      „Ich denke schon. Mein Arzt wird heute noch vorbeikommen. Dann weiss ich mehr.“

      „Holt dich jemand ab?

      „Janosch hat versprochen, dass er mich fährt.“

      „Gut.“

      Ich sehe meinem Vater nach, wie er mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern das Zimmer verlässt. Ihn so zu sehen, gibt mir noch mehr Schuldgefühle, als dass ich sowieso schon habe.

      Mein iPhone, das neben mir auf dem Beistelltisch liegt, piepst vor sich hin. Es ist eine Nachricht von Janosch darauf eingegangen.

       Liebes Schwesterherz, Sorry, aber ich schaffe es heute nicht mehr. Glaub mir, ich wäre jetzt viel lieber bei dir, als hier, wo ich mich in diesem Augenblick befinde. Ich stecke vor Bern im Stau und wie es aussieht, werde ich das noch in der nächsten Stunde sein. Gib mir Bescheid, wann ich dich Morgen abholen kann. Ich drück dich ganz fest. Janosch.

      Als ich ihm eine kurze Antwort schreibe, bemerke ich erst, wie spät es schon ist.

      Schockiert stelle ich fest, dass ich fast den ganzen Nachmittag im Internet gesirft habe, nachdem ich meinem Chef eine Nachricht geschickt habe. Ich war heute noch keinen Moment draussen. Das werde ich jetzt gleich ändern. Nach einer kurzen Dusche föhne ich mir noch schnell die Haare.

      Ich bleibe, wie von einer Tarantel gestochen, stehen, als ich ins Zimmer trete. Mir weicht alle Farbe aus dem Gesicht. So fühlt es sich jedenfalls an.

      „Was machst du hier!“ schreie ich Noah an, der seelenruhig auf der Bettkante sitzt und mich mit einem ausdruckslosen Gesicht mustert.

      „Für wen machst du dich schön?“

      „Für mich. Und ausserdem geht dich das nichts an. Schon vergessen?“

      „Ich habe doch gesagt, dass wir noch nicht fertig miteinander sind.“

      „Und ich habe dir gesagt, dass ich zur Polizei gehe, wenn du mich nicht in Ruhe lässt!“ Allmählich bekomme ich Angst vor ihm. Mir ist übel und mein Körper bebt vor einer gewissen Wut.

      „Du brauchst nicht so laut zu werden.“

      Ich habe gar nicht registriert, dass ich angefangen habe ihn anzuschreien. Humpelnd gehe ich ums Bett und lasse mich auf einem Stuhl am Fenster nieder. Ich versuche so viel Abstand wie nur möglich zwischen uns zu erhalten. Doch kaum bin ich auf der anderen Seite des Raums, steht er auf und kommt auf mich zu.

      „Wie ich sehe, hast du schon etwas weggeräumt.“

      Ich schaue ihn fragend an, denn mir will nicht in den Sinn kommen, was er damit meint. Aber als er auf die noch blühenden Sträusse deutet, fällt mir sogleich der Groschen.

      „Ich konnte sie nicht mehr ertragen. So wie ich dich nicht mehr ertrage. Bitte verlass endlich dieses Zimmer und komm nie mehr zurück!“ Ich drehe mich von ihm weg und hoffe, dass er ohne weiteres geht. Zwar fühle ich mich überhaupt nicht wohl, ihn in meinem Rücken zu wissen, trotzdem bleibe ich beharrlich so stehen und schaue den Rotkehlchen zu, wie sie von einem Baum zum anderen fliegen.

      Ich zucke so fest zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre, dass ich fast zu Boden falle. Er dreht mich mit einem eisernen Griff um und die Bilder vom vergangenem Freitag steigen in mir hoch. Ich habe grosse Mühe auf den Füssen stehen zu bleiben.

      „Wenn du auch nur ein Sterbenswörtchen erzählst, bist du dran.“

      „Verschwinde!“ Mein Körper zittert heftig und die Angst steigert sich ins Unermessliche.

      „Zoe, ist alles in Ordnung?“

      Völlig erschrocken sehe ich hinter Noah hervor. Ich habe seine Stimme sofort erkannt, aber bin dennoch erstaunt, Alexander in der Öffnung der Tür zu sehen. Noch nie war ich so froh ihn hier zu sehen. Unsere Blicke senken sich ineinander und lassen uns nicht mehr los. Er kommt mit schnellen Schritten auf uns zu und stellt sich zwischen mich und Noah. Ich kann endlich wieder aufatmen und die Angst die ich vorhin noch verspürt habe, verfliegt in einem Flug.

      „Es ist alles okay.“

      „Wenn du meinst.“ Er dreht sich zu Noah um, der ihn mit einem finsteren Blick mustert. „Darf ich fragen, wer Sie sind?“

      „Das geht Sie rein gar nichts an. Und tun Sie nicht so, als ob ich nicht wüsste, wer Sie sind.“ gibt Noah sarkastisch zurück. „Nur frage ich mich, was Sie hier wollen.“

      Noahs Augen wandern meinen Körper auf und ab. „Das ist er also, nicht wahr?“

      „Was soll er sein?“

      „Der Grund dass du mit mir Schluss gemacht hast. Gibs zu! Hat er dich schon ran genommen und dich so richtig durchgefickt?“

      „Hör auf! Du bist ein verdammter Mistkerl. Geh!“

      „Damit du dich mit ihm vergnügen kannst?“ Noah sieht mich mit einem herablassendem Grinsen an. Mir wird es ganz elend davon. Wie kann er nur plötzlich so grausam sein? Wie konnte ich ihn nur jemals lieben? Verzweifelt versuche ich gegen die Tränen anzukämpfen, die in meinen Augen brennen.

      „Verschwinden Sie auf der Stelle aus diesem Zimmer.“

      „Sie haben mir überhaupt nichts zu sagen.“

      „Kuhn.“ Alexander winkt seinen Leibwächtern. „Dieser Herr hier möchte uns verlassen. Führen Sie ihn hinaus und sehen Sie zu, dass er auch wirklich in sein Auto steigt und sich von diesem Areal entfernt.

      Einer der Bodyguards kommt auf uns zu und packt Noah an seinem Arm. „Kommen Sie doch bitte mit uns.“

      Noah schüttelt den Leibwächter wie ein lästiges Insekt ab. „Ich kann alleine gehen.“ und sieht mich mit einem eisigen Blick an, der mich zu Tode erschrecken würde, wenn Alexander nicht neben mir stehen würde. Mit ausgestrecktem Finger zeigt Noah auf mich. „Versteck dich nur hinter diesem Angeber, du elende Heuchlerin. Aber ich schwöre dir, er wird dich nicht immer beschützen können und dann erwische ich dich.“

      Bevor er mich mit seinen Beleidigungen noch mehr erniedrigen und verletzen kann, greift der Leibwächter nach ihm und führt ihn weg.

      Ich kann sein Fluchen und sein kaltblütiges Lachen, das im Flur widerhallt, noch weit hören, aber sobald Noah aus meiner Bildfläche verschwunden ist, kann ich mich nicht mehr länger beherrschen und lasse mich gegen Alexanders Brust fallen, der mich sofort in eine starke Umarmung schliesst. Hilflos klammere ich mich an ihm fest. Die Tränen, die ich vorhin noch mühsam verdrängt habe, laufen mir bereits über die Wange und ich weine unkontrolliert an seiner Brust. Es bricht einfach alles aus mir heraus. Alles, was ich in den letzten Tagen versucht habe zu unterdrücken, die Angst, die Wut, die Hilflosigkeit, selbst das Verlorene, steigt in mir auf.

      Alexanders Hand streicht behutsam über meinen Kopf und hält mich in seinen Armen, bis ich mich von Noahs groben Worten erholt habe. Erst als ich mich von ihm löse, sieht er mich besorgt an. In seinem Gesicht lese ich deutlich, dass ihm viele Fragen auf der Zunge brennen, auf die er gerne Antworten hätte, aber sich eisern zurückhält.

      Er führt mich zu meinem Bett, woraufhin ich mich völlig ermattet darauf lege. Zu meinem Erstaunen setzt sich Alexander nicht auf einen


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