Sea and Fall. Svea Dunnabey

Sea and Fall - Svea Dunnabey


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es gut, wenn die Presse uns in Ruhe lassen würde und wir denen egal wären, aber du sollst dich nicht von Ethan trennen. Ich mag ihn.<< sagte er kleinlaut, was meine Entscheidung nicht wirklich einfacher machte.

      >> Beides geht leider nicht.<<

      >> Dann halte ich das aus. Seitdem Dad hier war, ist es ja auch alles wieder ok.<<

      >> Bist du dir da sicher?<< hakte ich noch einmal nach und hörte schon das Signal des Telefons im Hintergrund, was bedeutete, dass gleich das Geld alle wäre.

      >> Ja.<<

      >> Gut. Dann wünsche ich euch jetzt noch mal einen schönen Urlaub und wir sehen uns im neuen Jahr. Ich habe euch lieb.<<

      >> Wir dich auch.<< sagten beide noch einmal, als die Verbindung auch schon getrennt wurde und ich den Hörer wieder in die Gabel hing.

      Ich seufzte noch mal kurz, bevor ich tief durchatmete und schließlich loslief, um endlich einen freien Kopf zu bekommen. Die ersten Meter dachte ich vor allem an das Telefongespräch von grade nach. Darüber, dass meine Kinder für Ethan plädiert hatten, wobei Ben zugegeben hatte, dass ihm die Entscheidung schwer fiel. Ich wusste, dass er Ethan mochte und deshalb hin und her gerissen war, so wie ich. Letztlich musste ich die Entscheidung treffen und das war, weiß Gott, keine einfache.

      Ich rannte meine gewohnte Strecke, die ich in den letzten Wochen jeden Tag gerannt war, während ich über alle Probleme nachgedacht hatte, was ich auch jetzt wieder tat. Meine Gedanken waren immer noch bei Emma und Ben und beim Gespräch, das ich heute Nachmittag mit ihnen geführt hatte. Natürlich litten sie unter den vielen Berichten und dem Foto, da sie bisher nie erfahren hatten, was ich als Kind durchgemacht hatte. Ich würde mit meinen Brüdern noch ein ernstes Wort reden müssen, da sie mich nicht gefragt hatten, bevor sie es veröffentlicht hatten und ich es sicherlich nicht erlaubt hätte.

      Ich wollte nicht, das alle mich so sahen. Sahen, wie ich früher misshandelt worden war, wie dreckig und ungepflegt ich gewesen war. Es war mir peinlich und viel zu intim, um es mit Millionen von Menschen zu teilen.

      Ich dachte über noch so vieles nach, während ich über umgestürzte Baumstämme im unwegsamen Gelände sprang. Die letzten Tage hatte ich mir endlich mal die Zeit genommen über den Absturz, über Jody als Ethans Freundin, über Nick und auch über meine berufliche Situation nachzudenken und all das zu verarbeiten. Mir darüber Gedanken zu machen, wie ich mit all dem klar kommen könnte, was sehr lange gedauert hatte, da es so viele Baustellen waren.

      Am schnellsten hatte ich das mit meinem Job abgehakt, da ich für das nächste Semester bereits wieder einen Vertrag unterschrieben hatte und es somit nur eine Frage der Zeit war, bis ich beruflich wieder Boden unter den Füßen hätte.

      Anders sah es da schon beim Absturz aus. Immer wieder hatte ich darüber nachgedacht, warum gerade ich es noch aus dem Flugzeug geschafft hatte, während andere ertrunken waren. Warum ich? Warum nicht Heather? Und wieso hatte überhaupt unser Flugzeug abstürzen müssen? Nach etlichen Tagen mit sehr, sehr vielen Tränen, kam ich zu dem Schluss, dass ich noch eine Aufgabe hatte und deswegen nicht ertrunken wäre, da ich noch meine Kinder aufwachsen sehen müsse. Sie auf ihrem Weg unterstützen müsse, damit es ihnen nicht so erging wie mir. Kinder brauchten einfach beide Eltern. Das war auf jeden Fall ein Grund, den ich akzeptieren konnte.

      Die Flugangst war jedoch etwas, dass ich mir auch mit allen rationalen Gründen, die es reichlich gab, nicht ausreden konnte, weswegen ich dieses Problem auf weitere Sitzungen mit Dr. Lloyd verlegte.

      Ebenso war Jody ein Thema, dass ich nicht akzeptieren konnte. Immer wieder hatte ich überlegt, wie ich sie dulden und ertragen könnte, doch gerade nach den letzten Tagen und Wochen mit den ganzen Interviews, die sie gegeben hatte, machte sie es mir nicht wirklich leichter.

      Doch Ethan hatte schon den Kontakt mit ihr abgebrochen, sodass dieses Thema hoffentlich auch abgehakt wäre. Ich hoffte nur, dass die Rechnung aufgehen würde und sie mich nun wirklich in Ruhe ließ. Wobei ich mich ja an Andrej wenden sollte, falls etwas mit ihr wäre. Hieß das, dass sie mich nun wirklich in Ruhe lassen würde? Ich nichts mehr bei ihr zu befürchten hatte? So zuversichtlich Andrej eben auch gewesen war, ich traute dem Ganzen noch nicht. Dafür war definitiv zu viel vorgefallen.

      Das mit Nick war ebenfalls eine Sache, die ich schnell verarbeiten konnte, da ich nichts weiter mit ihm zu tun hatte und Ethan ihn wirklich ziemlich heftig zusammengeschlagen hatte, sodass er die Schmerzen noch lange spüren würde. Es würde zu einer Gerichtsverhandlung kommen, bei der ich ihn noch einmal wiedersehen müsste, aber damit hatte es sich dann auch. Er war nicht wie Jody ein Teil meines, oder Ethans Leben, sodass ich mich nicht mit ihm belasten musste. Außerdem hatte er es nicht geschafft mich zu vergewaltigen, sonst hätte die Situation vollkommen anders ausgesehen.

      Ich seufzte und sprang grade über einige Felsen, als mich plötzlich ein Donnergräueln aus den Gedanken riss. Erst jetzt bemerkte ich, dass es schon vollkommen dunkel geworden war und ein Unwetter heraufzog. Blitze jagten über den Himmel, es regnete und Wind zog auf, der die Bäume in die Knie zwang.

      Hastig lief ich weiter und sprang über den kleinen Bach. Es regnete immer heftiger, doch das merkte ich schon überhaupt nicht mehr, da ich eh bis auf die Knochen durchnässt war.

      Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es schon fast zehn Uhr abends war und ich somit drei Stunden hier draußen gewesen sein musste. Die Zeit verging hier einfach wesentlich schneller, vor allem wenn man über so vieles nachdachte, wie ich es tat.

      Ich lief gerade aus dem Wald heraus zum Kiosk, da ich mir noch schnell eine Flasche Wasser kaufen wollte, als mich schon der Besitzer begrüßte. Peter war schon älter, an die 70 schätzte ich, aber überaus freundlich und hilfsbereit. Er hatte natürlich sofort gesehen, wer ich war, aber das war auch nicht weiter schwer gewesen, da ich auf sämtlichen Zeitschriften in seinem Kiosk abgebildet war.

      >> Guten Abend.<< begrüßte ich ihn, als ich in den Kiosk trat und ihn anlächelte.

      >> Ah, guten Abend!<<

      Ich nickte und durchsuchte einige Tageszeitungen, bei denen ich nur noch auf den hinteren Seiten zu sehen war, während die Klatschblätter mich noch nach vorne packten.

      >> Lassen die Sie immer noch nicht in Ruhe?<<

      >> Wie es scheint nicht.<<

      >> Sollte einer von diesen Aßgeiern hier auftauchen, werde ich ihn mit dieser hier verscheuchen.<<

      Ich blickte zu ihm herüber und sah seine Schrotflinte, die er demonstrativ hochhielt.

      >> Meinen Sie, die schrecken solche Leute ab?<<

      >> Die werden schon merken, wie gut ich zielen kann.<<

      Bei dieser Bemerkung musste ich schmunzeln, was in letzter Zeit nur selten der Fall gewesen war.

      >> Haben Sie gedient?<< fragte ich ihn und ging weiter zu ihm, um mich besser mit ihm unterhalten zu können.

      >> In der Australien Imperial Force.<< sagte er stolz und fing sofort an mir seine Geschichte zu erzählen. Ich fand es angenehm ihm zuzuhören, da es mich von dem Chaos in meinem Kopf ablenkte und er gut erzählen konnte. Außerdem hätte ich es unhöflich gefunden, ihn abzuweisen, da er schon älter war und sicher gerne von alten Zeiten berichtete.

      Wir tranken einen Kaffee zusammen, während er mir von seiner Zeit bei der Armee berichtete, was wirklich interessant war.

      >>... aber dann habe ich 1980 diesen Kiosk übernommen und seitdem bin ich hier.<<

      >> Und auch das machen Sie mit voller Überzeugung und mit viel Talent.<<

      >> Danke. Trotzdem habe ich nicht verlernt zu schießen und zu treffen. Ich bin jede Woche auf dem Schießstand.<<

      >> Ich werde es mir merken.<<

      Ich stand vom Stuhl auf, den er mir zwischendurch hingeschoben hatte und ging zu einer Zeitschrift, die mein Interesse geweckt hatte.


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