Damian - Falsche Hoffnung. Madlen Schaffhauser
gerade mein bester Freund, aber Damians und aus diesem Grund versuche ich ihn zu respektieren. Aber es gelingt mir nicht immer. So wie in diesem Moment.“ Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, was mich sofort etwas aufmuntert. „Also, was hat er getan?“ möchte sie von mir wissen, als sich die Aufzugtüren geschlossen haben und wir nach oben fahren.
Während der starke Kaffee, der mir Rose offeriert hat, wohltuend meine Kehle hinunter rinnt, erkläre ich ihr alles. Von meinen Entdeckungen über die Buchungen, die ich nirgends zuordnen kann, bis hin zu meiner Unterredung mit Mr. Baker. Dabei steigt meine Wut wieder in mir hoch. Nicht nur auf den Mann, der mir vor wenigen Minuten klargemacht hat, wer hier das sagen hat, sondern auch auf jene Person, von der ich geglaubt habe, er wäre mein Freund.
Als ich schliesslich mit meiner Erzählung ende, nickt sie nachdenklich und mitfühlend mit dem Kopf und tätschelt liebevoll meine Hand. „Er ist nun mal dein direkter Vorgesetzter.“
Rose schenkt mir eine weitere Tasse Kaffee ein. Und während ich an meinem heissen Getränk nippe, wandern meine Augen verstohlen auf die verschlossene Tür, hinter der sich Damians Büro befindet.
„Und jetzt möchte ich wissen, was dich sonst noch bedrückt.“
„Das habe ich dir doch soeben erzählt?“ Obwohl ich ganz genau weiss, von was sie redet, spiele ich die Unwissende.
„Du hast mir erklärt, warum du wütend bist.“ Sie senkt ihre Stimme zu einem fürsorglichen Flüstern. „Aber nicht warum du dich betrogen und verletzt fühlst.“ Sie nimmt meine Hand in ihre und hält sie umschlossen, wie es eine liebevolle Mutter tun würde.
Ihre aufmerksamen Blicke und ihr stummes Verständnis treiben mir fast die Tränen in die Augen. Nur mit grosser Willenskraft kann ich sie zurücktreiben.
„Ich habe dich gesehen, als du aus Damians Büro gestürmt bist. Zwar konnte ich nicht direkt in dein Gesicht schauen, weil du kein einziges Mal zu mir blicken wolltest, als du auf den Aufzug gewartet hast, aber mir war sofort klar, dass etwas nicht stimmte.“ Wieder tätschelt sie aufmunternd meine Hand. „Ich bin eine gute Zuhöherin, weisst du? Was ist da drin passiert?“ Mit einem Kopfnicken deutet sie auf Damians Tür.
Verloren senke ich meinen Kopf und bewege ihn langsam hin und her. Dabei atme ich tief ein und aus. „Es ist nichts passiert.“
„Und warum siehst du mich dann nicht an?“
„Weil du mir dann nicht glauben würdest.“
„Weisst du,“ beginnt sie einfühlsam. „Damian ist auch nur ein Mensch. Du musst ihm nur etwas Zeit geben.“
„Zeit wofür?“ Ich hebe meinen Kopf und sehe in die grauen Augen der älteren Frau, die mir zärtlich zulächelt.
„Damit er mit seinem ganzen Herzen für dich frei sein kann.“
„Warum sagst du das?“
„Ich kenne ihn gut genug, um zu sehen, dass er genauso durcheinander ist wie du.“
Tränen rollen über meine Wangen. Tränen die ich nicht mehr aufhalten konnte und noch bevor ich sie abwischen kann, ertönt ein Gong, der die Ankunft des Fahrstuhls anmeldet.
Eine äusserst attraktive, junge Frau mit blonden Haaren, die zu einem kurzen Bob geschnitten sind, tritt in den Empfangsbereich und begrüsst Rose, dann mich mit einem Akzent, der mich an meinen eigenen erinnert.
„Hallo Susanne.“ begrüsst Rose sie. „Damian wird gleich bei dir sein. Ich werde ihn sofort über dein Erscheinen informieren.“
„Gut. Ich werde einfach so lange warten.“ Sie setzt sich auf einen der grossen, weichen Sessel auf denen ich erst vor wenigen Wochen auf Damian gewartet habe und nimmt sich ein Magazin zur Hand.
Ich nehme nur am äussersten Rand wahr, wie Rose die Besucherin bei Damian anmeldet. Viel zu sehr werde ich durch das Aussehen dieser Frau in den Bann gezogen. Etliche Fragen huschen durch meinen Kopf, während ich ihre manikürten Fingernägel, ihr dezent geschminktes Gesicht und ihre wohlgeformte Figur betrachte.
Ein heftiger Schmerz durchzuckt mein Herz, als ich seine kraftvolle Stimme höre. Wie gefühlvoll er sie anspricht und zärtlich anlächelt. Sie, nicht mich. Mich hat er nicht einmal zur Kenntnis genommen.
„Hallo Susanne.“ Er geht auf die Frau zu, die im Vorraum wartet und die er auf Schweizerdeutsch anspricht. Dicht vor ihr bleibt er stehen, bevor er sie fest in die Arme nimmt und einen Moment, der sich mir anfühlt wie eine Ewigkeit, umschlungen hält.
„Überrascht?“
„Nein. Ich habe dich nur nicht so früh erwartet. Schön dich zu sehen. Wie war dein Flug?“
„Hätte nicht besser sein können. Danke, dass du mir deinen Jet zur Verfügung gestellt hast.“ Dabei streicht sie sanft über seine Arme.
Ich kann den Blick einfach nicht von ihnen lösen. Von jenen beiden, die so vertraut und selbstverständlich miteinander umgehen, dass es keinen Zweifel gibt, dass sie sich schon seit langer Zeit kennen.
Die Tränen die ich eben noch angestrengt zurückgedrängt habe, stehen schon wieder in meinen Augen. Ich drehe mich niedergeschlagen um, um den Anblick, den sie mir bieten nicht mehr mitansehen zu müssen.
„Haben Sie nichts zu tun?“ Damian reisst mich aus meiner Starre und ich zucke augenblicklich unter seinem herrischen Tonfall zusammen. Ich blinzle schnell die Tränen weg, die noch immer verräterisch in meinen Augen stehen und drehe mich zu ihm um. Sein schonungsloser Blick ist geradewegs auf mich gerichtet. Sein Mund ist zu einem schmalen Strich gezogen, während sein Gast triumphierend lächelt.
Verlegen stottere ich herum: „Äh, i...ich habe nur eine kurze Pause gemacht.“ Meine Augen huschen von Damian zu seiner Blondine, weiter zu Rose, die mich mitfühlend betrachtet.
Er wirft einen Blick auf seine Rolex. „Die ist bestimmt schon längstens vorbei.“
„Ja.“ antworte ich kurz.
„Rose bringst du uns bitte einen Kaffee?“ Er legt seine Hand auf den Rücken seiner Besucherin, führt sie sanft in sein Büro und schliesst die Tür hinter ihnen.
„Ich werde dann mal wieder an die Arbeit gehen.“
„Es tut mir leid.“
„Dir braucht gar nichts leid zu tun. So ist es nun mal, oder? Schliesslich ist er ein sympathischer, verführerischer junger Mann, der weiss, wie er mit seinem Charme die Frauenwelt erobern kann. Er hat Geld, Macht und kann alles bekommen, was er will.“
„So ist er nicht.“
„Nein?“ frage ich sie mit hochgezogenen Brauen und steige in den Aufzug ohne mir ihren Einwand anzuhören.
7.
In meiner Mittagspause war ich solange durch die belebten Londoner Strassen marschiert, wie mich meine Füsse auf meinen hochhackigen Stiefeln tragen konnten. Die kalte Luft brannte schmerzhaft in meiner Lunge. Aber diese Folter hiess ich herzlich willkommen, sowie die stechenden Füsse nach meinem langen Marsch. Es lenkte mich von meinen niederschmetternden Gedanken und Gefühlen ab, die in meinem Herzen wüteten, seit ich die oberste Etage von Meyer Enterprises verlassen habe.
Als ich dann wieder an meinem Arbeitsplatz sass, war ich selbst überrascht, wie gut sich meine Psyche von den Erniedrigungen, die ich heute Morgen über mich ergehen lassen musste, erholt hatte. Ich konzentrierte mich völlig auf meine Aufgaben und kam erstaunlich gut voran. Erst als das Tageslicht schon längst der Dunkelheit gewichen ist, fuhr ich meinen Computer hinunter, schnappte mir meine Sachen und ging nach unten ins Erdgeschoss. Ich wollte mich gerade auf den Weg zur nächste U-Bahn Station machen, da hörte ich hinter mir, wie jemand meinen Namen rief. Es war Mira mit einer Gruppe Mitarbeiter von Meyer Enterprises, die auf mich zukamen und mich dazu ermunterten, mit ihnen durch die Clubs zu ziehen. Zuerst hatte ich Einwände, doch schliesslich gewannen ihre Überredungskünste. Und ich war froh, dass sie es