Internationales Franchise-Recht. Dagmar Gesmann-Nuissl
zu beschaffen. Der Franchise-Geber hat dieses Betreiben allenfalls – d.h. sofern nötig – zu unterstützen.
(b) Vertragliche Anforderungen
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Die französische Gesetzgebung sieht keine speziellen formalen Vorgaben für den Franchisevertrag vor. Insbesondere ist grundsätzlich keine Schriftform erforderlich, selbst wenn ein Teil der Literatur eine solche aus Art. L 330-3 Abs. 4 Code de Commerce herauslesen will. Die Schriftform wird dort aber nur für den Fall angeordnet, dass der Franchise-Nehmer für das Reservieren von Vertriebsgebieten bereits Zahlungen vor Vertragsschluss erbringen soll. Ein allgemeines Schriftformerfordernis wird hierdurch gerade nicht geschaffen.
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Die Schriftform des Franchisevertrags wird dagegen erforderlich, wenn der Franchisevertrag eine Markenlizenz enthält, die im nationalen Markenregister (Registre national des marques), das vom nationalen Institut für gewerblichen Rechtsschutz (Institut National de la Propriété Industrielle) geführt wird, publiziert werden soll. In diesem Fall muss dem Markenregister ein schriftlicher Vertrag vorgelegt werden, um die Eintragung der Marke zu bewirken. Letzteres wiederum ist erforderlich, damit der Franchise-Nehmer die Marke auch Dritten gegenüber nutzen kann – andernfalls besäße er zwar ein Recht, könnte es jedoch nicht ausüben.
(2) Materielle Anforderungen
(a) Vorvertragliche Anforderungen
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In allen Vertragsphasen – und damit auch in der vorvertraglichen – gilt der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 1104, 1112 Code Civil). Beide Verhandlungspartner müssen redlich, wahrheitsgemäß und vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Art. 1104 Code Civil
Verträge müssen in gutem Glauben verhandelt, vereinbart und ausgeführt werden. […]
Art. 1112 Code Civil
Die Aufnahme, der Ablauf und der Abbruch von Vertragsverhandlungen sind frei. Der Grundsatz von Treu und Glauben muss beachtet werden. Soweit einer Partei im Rahmen von Vertragsverhandlungen eine Pflichtverletzung vorwerfbar ist, haftet sie nicht auf Entschädigung derjenigen Vorteile, die sich die andere Partei von dem nicht geschlossenen Vertrag erwartet hat.
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Nach allgemeinen französischen Grundsätzen ist der Franchise-Geber darüber hinaus verpflichtet, seine Franchise-Nehmer nach objektiven Kriterien auszuwählen. Der Franchise-Nehmer sollte dem Vertragsverhältnis gewachsen sein. Welche Kriterien das sind, erläutert die AFNOR-Norm Z 20-000. Danach muss der Franchise-Geber z.B. berücksichtigen, dass der potenzielle Franchise-Nehmer persönliche und sachliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit im Rahmen des Franchisesystems vorhält. Auf der Grundlage dieser Kriterien kann allerdings auch die Verweigerung des Vertragsabschlusses seitens des Franchise-Gebers gerechtfertigt sein. Dies wurde beispielsweise für zulässig erachtet, wenn das Franchisesystem z.B. ausschließliche Gebietszuweisungen vorsieht, die unter Beachtung aller wirtschaftlichen Auswirkungen als gerechtfertigt angesehen wurden. Demgegenüber kann sich ein Franchise-Geber schadensersatzpflichtig machen, wenn er einen Franchise-Nehmer in ungerechtfertigter Weise nicht zu dem Franchisesystem zulässt.
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Nach Art. L 330-1 i.V.m. Art. R 330-1 Code de Commerce werden dem Franchise-Geber vorvertragliche Informations- und Aufklärungspflichten auferlegt. Diese werden nicht im Rahmen der allgemeinen Rechtsgrundlagen des Franchise betrachtet, sondern ihr Inhalt wird unter einem eigenständigen Gliederungspunkt vorgestellt.29
(b) Vertragliche Anforderungen
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Die materiellen vertraglichen Anforderungen beschränken sich auf die Angaben zu den im Synallagma stehenden Pflichten im Franchisevertrag. Weitere gesetzliche Anforderungen, über die recht abstrakte Vorschrift des Art. L 330-3 Code de Commerce und die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen hinaus, existieren in Frankreich nicht.
dd) Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
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Die originären Rechte und Pflichten des Franchiseverhältnisses ergeben sich aus Art. L 330-3 Abs. 1 Code de Commerce i.V.m. den Rechtsgrundlagen, die zum Verständnis des französischen Franchisevertrags-Begriffs beitragen.
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Außerdem können im Franchisevertrag die Rechte und Pflichten der Vertragspartner nach allgemeinem französischen Zivil- und Handelsrecht weiter ausgestaltet werden (Grundsatz der Vertragsautonomie), sofern der vereinbarte Inhalt nicht das Franchiseverhältnis als solches ad absurdum führt, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder sich als sittlich anstößig erweist (Art. 1162, 1179 Code Civil). Insofern lässt sich beispielsweise eine einseitige Bezugsverpflichtung – wie im Franchisevertrag üblich – zwischen den Vertragsparteien vereinbaren, sie kann zum Betreiben eines einheitlichen Franchisesystems sogar erforderlich sein. Allerdings muss der Franchise-Geber die unternehmerische Selbstständigkeit des Franchise-Nehmers akzeptieren30 und darf diese nicht durch ein einseitiges Bestimmungsrecht betreffend die Qualität, Quantität oder den Preis der bezogenen Waren auch im Weitervertrieb ad absurdum führen.31 Eine solche Vertragsklausel würde die unternehmerische Freiheit des Franchise-Nehmers zu sehr eingrenzen und obendrein ein Verstoß gegen wettbewerbs- und kartellrechtliche Bestimmungen bedeuten. Solche Vertragsklauseln wären unwirksam. Ferner stünde zu befürchten, dass der Franchisevertrag seinen Charakter einbüßen würde und als verdecktes Arbeitsverhältnis qualifiziert werden müsste.
(1) Franchise-Geber
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Nach Art. L 330-3 Abs. 1 Code de Commerce hat der Franchise-Geber die Pflicht, dem Franchise-Nehmer seinen Handelsnamen, eine Marke oder eine Geschäfts- beziehungsweise Firmenbezeichnung sowie das Know-how zur Verfügung zu stellen und ihn beim Vertrieb der Waren oder Dienstleistungen zu unterstützen. Diese Pflicht des Franchise-Gebers wird zwar nicht unmittelbar als solche von Art. L 330-3 Code de Commerce aufgezeigt, ergibt sich aber mittelbar aus der dort vorgetragenen Legaldefinition.
(2) Franchise-Nehmer
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Als Gegenleistung hat der Franchise-Nehmer die Vorgaben des Franchise-Gebers umzusetzen und sie im Falle einer Änderung anzupassen. Er muss den Handelsnamen, die Marke und sonstige eingeräumte Rechte für den Gegenstand des Franchisesystems verwenden, sich an Fortbildungsveranstaltungen beteiligen und angemessene Kontrollen des Franchise-Gebers dulden. Der Franchise-Nehmer hat überdies für die Geheimhaltung des überlassenen Know-hows zu sorgen und darf es nicht – es sei denn, es liegt eine anderslautende vertragliche Gestattung vor – außerhalb des Franchisesystems nutzen.
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Außerdem muss der Franchise-Nehmer seine Zahlungsverpflichtung erfüllen. In Frankreich ist dies zumeist eine einmalige Einstandszahlung, mit der die Leistungen des Franchise-Gebers beim Ingangsetzen des Franchiseunternehmens sowie die Überlassung der Marke abgegolten werden. Fortlaufend hat der Franchise-Nehmer eine Franchisegebühr zu entrichten, die während der Laufzeit des Vertrages in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes seines Umsatzes als Gegenleistung für die Leistungen des Franchise-Gebers anfällt.
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Überdies wird in Frankreich die Frage diskutiert, ob der Franchise-Nehmer verpflichtet ist, auferlegte Gebietsbeschränkungen in örtlicher Hinsicht einzuhalten, mit der Folge, Waren nur an Kunden in dem ihm zugewiesenen Gebiet verkaufen zu dürfen.32 Diese Frage wird nicht nur generell, sondern auch im Zusammenhang mit dem Online-Handel des Franchise-Nehmers aufgeworfen. Eine allumfassende Antwort kann es hierzu jedoch nicht geben. Vielmehr hängt die Zulässigkeit beschränkender Vertragsregelungen von den Umständen des Einzelfalles