Compliance Management im Unternehmen. Martin R. Schulz
berücksichtigen ist allerdings auch hier, dass eine solche Genehmigung nur dann wirksam ist, wenn die vorgesetzte Stelle sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse erteilt hat, diese also auch materiell rechtmäßig ist. Es ist mithin darauf zu achten, dass nicht nur die tatsächlich zuständige Behörde85 die Genehmigung erteilt, sondern auch dass diese sich im Rahmen der jeweiligen Genehmigungsgrenzen bewegt, die sich etwa aus den einschlägigen Beamtengesetzen sowie Verwaltungsvorschriften ergeben. Sehen die jeweiligen Vorschriften hier in einem geringeren Bereich von etwa bis zu 25,00 EUR eine stillschweigend erteilte Zustimmung vor, so sind Zuwendungen im höheren vierstelligen Bereich sicherlich nicht mehr genehmigungsfähig. Auch hier ist im Einzelfall sorgfältig nicht nur die Zuständigkeit, sondern auch die Grenze der Genehmigungsfähigkeit zu ermitteln, um zu verhindern, dass ein zu leichtfertiger Umgang mit einer vermeintlich wirksamen Genehmigung doch zu einer Strafbarkeit des Mitarbeiters führt.
b) Bestechung (§ 334 StGB)
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Wegen Bestechung gemäß § 334 StGB macht sich strafbar, wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger oder einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass dieser eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornimmt und dadurch seine Dienstpflicht verletzt hat oder noch verletzen würde. Die Bestechung stellt damit einen Qualifikationstatbestand zu dem Grundtatbestand der Vorteilsgewährung dar. Über die bereits oben dargestellte Vorteilsgewährung muss der Vorteil hier als Gegenleistung für eine bestimmte pflichtwidrige Diensthandlung angeboten, versprochen oder gewährt worden sein, es muss also eine (Unrechts-)Vereinbarung zwischen dem Zuwendendem oder dem Amtsträger geschlossen worden sein, nach der der Amtsträger seine Dienstpflichten unter dem Einfluss der gewährten oder versprochenen Zuwendung verletzt. Als pflichtwidrige Diensthandlungen in Betracht kommen hier bspw. die rechtswidrige Erteilung einer Genehmigung (Baugenehmigung, Fahrerlaubnis pp.), die unrechtmäßige Bewilligung einer Leistung (Subventionen pp.) oder auch die fehlerhafte Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO.86
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Hinsichtlich der (Grund-)Tatbestandsmerkmale der Amtsträgereigenschaft sowie des Vorteils kann auf die obigen Ausführungen unter a) verwiesen werden. Auch im Hinblick auf die hier erforderliche konkrete Unrechtsvereinbarung ist die Rechtsprechung jedoch „großzügig“. An die Konkretisierung der künftigen pflichtwidrigen Diensthandlung innerhalb der Unrechtsvereinbarung sind „keine übertriebenen Anforderungen“ zu stellen,87 die einvernehmlich ins Auge gefassten (pflichtwidrigen) Diensthandlungen brauchen ihrem sachlichen Gehalt nach nur in groben Umrissen erkennbar und festgelegt zu sein.88 Insoweit ist es sogar unerheblich, ob die entsprechende pflichtwidrige Diensthandlung tatsächlich vorgenommen wird.89 Ebenso unerheblich ist es, dass sich der Täter insgeheim vorbehält, später sachgerecht zu verfahren. Entscheidend ist der von dem Amtsträger nach außen erweckte Eindruck.90 Zeigt sich der Täter zunächst bereit, später seine Pflichten zu verletzen (ob er dies wirklich vor hat oder nicht), so liegt bereits Strafbarkeit vor.91
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Ein besonderes Compliance-Risiko besteht im Falle des Versuchs der Einflussnahme auf eine Ermessensentscheidung des Amtsträgers. Kommt diesem ein Ermessensspielraum zu, handelt er nämlich nach der Rechtsprechung bereits dann pflichtwidrig, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich auch durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also lediglich „mit in die Waagschale legt“92 und zwar selbst dann, wenn die Entscheidung selbst letztlich sachlich gerechtfertigt ist. Eine solche Feststellung ist nachvollziehbarer Weise schnell getroffen.
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Eine Strafbarkeit wegen (vollendeter) Bestechung liegt gem. § 334 Abs. 3 StGB auch bereits vor, wenn der Täter den Amtsträger zu bestimmen versucht, dass dieser als gebundener Beamter durch die Diensthandlung seine Pflichten verletzt (Nr. 1) oder sich als Ermessensbeamter bei der Ermessensausübung durch den Vorteil beeinflussen lässt. Es reicht aus, dass der Amtsträger dieses Angebot zur Kenntnis nimmt.
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Bei der Bestechung sieht das Gesetz zudem eine Strafschärfung für besonders schwere Fälle vor. Gem. § 335 StGB ist der Strafrahmen hier auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren erhöht. Ein besonders schwerer Fall der Bestechung wird von der Rechtsprechung bereits dann angenommen, wenn die Zuwendung ihrem Umfang nach deutlich aus dem Rahmen durchschnittlicher Fälle herausragt.93 Die Literatur zieht die Grenze für einen besonders schweren Fall (großes Ausmaß) bei einem Schadensvolumen zwischen 10.000,00 und 25.000,00 EUR.94 Ein besonders schwerer Fall liegt auch bei der gewerbs- und bandenmäßigen Begehung vor, die bereits bei deutlich kleineren Beträgen in Betracht kommt. Heikel ist insoweit, dass nach der Rechtsprechung eine Bande bereits beim Zusammenschluss von mehr als zwei Personen angenommen wird, hier also bereits bei einem bestechlichen Amtsträger und zwei Vorteilsgebern vorliegen kann,95 was gerade im unternehmerischen Umfeld nicht die Ausnahme sein dürfte.
c) Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e StGB)
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Bis in das Jahr 2014 war der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung gem. § 108e StGB a.F. ein „stumpfes Schwert“, das nur bestimmte ausgewählte Handlungen erfasste, deshalb so gut wie nicht zur Anwendung gelangte und daher kein großes Compliance-Risiko darstellte. Obwohl sich Deutschland durch die Unterzeichnung des Strafrechtsübereinkommens des Europarates über Korruption vom 27.1.199996 sowie etwa der UN-Konvention gegen Korruption vom 31.10.2003 (UNCAC)97 bereits längst verpflichtet hatte, eine angemessene Strafdrohung auch für die Korruption von Mandatsträgern einzuführen, ist dies jedoch erst zum 1.9.201498 erfolgt. Die aktuelle Regelung des § 108e StGB, nunmehr „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“, erweitert die Strafbarkeit für die betroffenen Mandatsträger im Vergleich zur alten Regelung zwar erheblich, erfüllt allerdings lediglich die Minimalanforderungen der Konvention, erforderlich für die Strafbarkeit ist der Nachweis einer konkreten Unrechtsvereinbarung, die schlichte Vorteilsannahme wird weiterhin nicht erfasst.
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Die Neuregelung des § 108e StGB entspricht der Systematik des Tatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB. Die passive Bestechlichkeit von Mandatsträgern ist in § 108e Abs. 1 StGB geregelt, die aktive Bestechung von Mandatsträgern in § 108e Abs. 2 StGB. Nach der Neuregelung des § 108e Abs. 2 StGB macht sich wegen der Bestechung von Mandatsträgern strafbar, wer einem „Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder“ einen „ungerechtfertigten Vorteil“ für diesen oder einen Dritten „als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt“, dass er „bei Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse“. Der Tatbestand definiert damit einen neuen, von dem der Amtsträgerkorruption abweichenden Vorteilsbegriff, von der Strafdrohung erfasst wird lediglich ein „ungerechtfertigter Vorteil“, der allerdings gerade nicht vorliegt, wenn etwa die Annahme des Vorteils „im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht“.
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Ein Compliance-Risiko stellt der Tatbestand aufgrund der Weite des Empfängerbegriffs dar. Mandatsträger i.S.d. § 108e Abs. 1 und Abs. 2 StGB ist zwar zunächst einmal nur das „Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder“, mithin des Bundestages, der Landtage, des Abgeordnetenhauses in Berlin sowie der Hamburgischen und Bremischen Bürgerschaft. Gem. § 108e Abs. 3 StGB stehen diesen jedoch die Mitglieder zahlreicher anderer Institutionen gleich. Dies sind Mitglieder einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft (Nr. 1), Mitglieder eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit (Nr. 2), Mitglieder der Bundesversammlung