Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente. Thomas Weck
Rechtsveränderung kommt (z.B. ABS) sollen im folgenden Abschnitt D (S. 49) behandelt werden.
1. Eigenkapitalinstrumente
Eigenkapitalinstrumente gewähren nach wertpapierrechtlichem Verständnis Mitgliedschaftsrechte am Emittenten. Das internationale Bilanzrecht setzt bei Eigenkapitalinstrumente einen ähnlichen Inhalt voraus, denn danach handelt es sich um Instrumente, die einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Abzug aller dazugehörigen Schulden ausweisen, während finanzielle Schulden des Emittenten durch Fremdkapitalinstrumente repräsentiert werden.119
Aus Sicht eines Investors ist den Eigenkapitalinstrumenten gemeinsam, dass sie auf dem so genannten Primärmarkt normalerweise eine dauerhafte Anlage darstellen. Das eingesetzte Kapital wird vom Investor also der Gesellschaft, welche Instrumente in Form von Anteilen am Gesellschaftskapital (z.B. Aktien) ausgegeben hat, dauerhaft zur Verfügung gestellt. Entsprechendes gilt für die durch einen Fondsorganismus ausgegebenen Anteile. Das schließt nicht aus, dass auf dem so genannten Sekundärmarkt mit den betreffenden Instrumenten120 gehandelt wird. Ein weiteres Merkmal von Eigenkapitalinstrumenten ist aus Investorensicht, dass sie keinen Anspruch auf eine feste Verzinsung vermitteln, sondern dass eine Kapitalverzinsung nur dann erfolgt, wenn ausreichende Gewinne erwirtschaftet worden sind (sog. Dividende).121
Die Eigenkapitalinstrumente, die am deutschen Finanzmarkt gehandelt werden, sind zumeist als Wertpapiere nach deutschem Recht strukturiert (insbesondere börsengehandelte Eigenkapitalinstrumente).122
2. Fremdkapitalinstrumente
Fremdkapitalinstrumente (Alternativbegriff: Anleihen) verkörpern nach wertpapierrechtlichem Verständnis typischerweise einen Anspruch gegen den Emittenten (i.d.R. einen Zahlungsanspruch) und nach dem internationalen Bilanzrecht finanzielle Schulden des Emittenten.123
Aus Sicht eines Investors weisen Fremdkapitalinstrumente diverse Unterschiede gegenüber Eigenkapitalinstrumenten auf. Insbesondere haben sie ab ihrer Ausgabe üblicherweise eine bestimmte Laufzeit und sind während dieser Laufzeit auf vorab definierte Weise verzinst. Eine nicht verzinsliche Variante zu diesen im abendländischen Rechtskreis üblichen Fremdkapitalinstrumenten sind die sukuk des islamischen Rechtskreises, die nach hiesigem Rechtsverständnis allerdings eine Hybridstruktur aufweisen.124 Fremdkapitalinstrumente werden häufig ebenfalls auf Sekundärmärkten gehandelt.125
Ein weiterer und insbesondere aus aufsichtsrechtlicher Sicht relevanter Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten liegt in der Hebelwirkung von (typischen wie auch atypischen) Fremdkapitalinstrumenten.126 Fremdkapital kann eingesetzt werden, um die Eigenkapitalrentabilität im Verhältnis zur Gesamtrentabilität zu erhöhen. Voraussetzung ist, dass der Investor Fremdkapital zu betragsmäßig günstigeren Konditionen als der Gesamtkapitalrentabilität aufnehmen kann, die sich mit seiner Investition erzielen lässt.127 Das mag anhand eines einfachen Beispiels erklärt werden:
So mag ein Investor erkennen, dass ein Gut für EUR 150/Stk. erhältlich ist, aber für EUR 200/Stk. weiterverkauft werden kann. Wenn der Investor Eigenkapital i.H.v. EUR 300 hat und einen Kredit über EUR 100 zu einem Zins von EUR 20 aufnimmt, kann er statt 1 Stk. des Gutes 2 Stk. erwerben und mit einem Gewinn pro Stück i.H.v. EUR 40 weiterverkaufen.
In ähnlicher Weise kann ein Anleiheemittent Fremdkapital aufnehmen, um das Kapital in für ihn rentable Geschäfte zu reinvestieren.
Es ist zu vermuten, dass die am deutschen Finanzmarkt gehandelten Fremdkapitalinstrumente in der Mehrzahl der Fälle ebenfalls nach deutschem Recht strukturiert sind, jedoch mag hier der außerbörsliche Handel eine größere Rolle spielen als bei Eigenkapitalinstrumenten.
3. Hybride Instrumente
Eine Reihe von Finanzinstrumenten lässt sich nicht eindeutig kategorisieren, weil sie über eine hybride Struktur verfügen und Merkmale sowohl von Eigenkapitalinstrumenten als auch von Fremdkapitalinstrumenten aufweisen. Dies betrifft insbesondere stille Beteiligungen und Genussrechte.
Stille Beteiligungen sind Eigenkapitalinstrumente, und Genussrechte sind Fremdkapitalinstrumente, bei denen der Investor auf die mit einer gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitalbeteiligung üblicherweise verbundenen Mitgliedschaftsrechte verzichtet.128 Im Gegenzug erhält er – insoweit ähnlich wie ein (sonstiger) Fremdkapitalgeber – eine erhöhte Verzinsung. Er haftet allerdings – insoweit ähnlich wie ein (sonstiger) Eigenkapitalgeber – auch bei Verlusten.129 Hinsichtlich des Einsatzes eines Kredithebels gibt es keine Besonderheiten. Stille Beteiligungen nutzen keinen Kredithebel, denn das vom Investor eingebrachte Kapital haftet als Eigenkapital. Eine solche Haftung gibt es bei Genussrechten nicht.
Eine weitere Gruppe hybrider Finanzinstrumente bildet das so genannte Mezzanine-Kapital. Hierbei handelt es sich um eher eigen- oder eher fremdkapitalnah strukturierte Finanzinstrumente, die typischerweise eine befristete Laufzeit haben, gegenüber dem gesamten oder einem Teil des Fremdkapitals nachrangig und als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig sind. Die Verzinsung erfolgt laufend, mit Endfälligkeit sowie über einen so genannten kicker am Laufzeitende.130 In die Produkte können über den kicker – anders als beim zuvor beschriebenen hybriden Kapital – Wandlungsrechte hineinstrukturiert sein. Auf solche strukturierten Finanzinstrumente ist weiter unten noch einzugehen.131
Zu den hybriden Instrumenten sind auch die schon erwähnten sukuk zu zählen. Bei diesen werden mit den Geldern des Emittenten Waren oder Rechte auf Dienste erworben. Der Emittent erhält (anstelle einer Verzinsung) ein in dem sukuk verbrieftes Recht an den Erträgen, die mit den Waren oder Dienstrechten oder ihrer Bereitstellung verbunden sind.132
4. Übertragbarkeit im Handel
Zu den Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten einschließlich der hybriden Instrumente zählt eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzinstrumente. Davon ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings nur eine Teilgruppe relevant, da nicht alle Eigen- und Fremdkapitalinstrumente an den Finanzmärkten (Geld- und Kapitalmärkten) gehandelt werden bzw. werden können.
Bei kapital- oder geldmarktgehandelten Finanzinstrumenten handelt es sich grundsätzlich um Wertpapiere in der Form von Inhaberpapieren oder indossablen Orderpapieren (deutsches Recht) oder vergleichbaren Wertrechten (ausländisches Recht), die entweder Mitgliedschaftsrechte oder einen Anspruch auf Geld- oder vertretbare Sachleistungen (Lieferung von Wertpapieren, Strom u.Ä.) verbriefen (Fungibilität).133 Als Beispiele für Eigenkapitalinstrumente dieser Art lassen sich Inhaberaktien (Inhaberpapiere) oder Namensaktien (Orderpapiere) anführen. Daneben können zu den hier relevanten Eigenkapitalinstrumenten auch Zwischenscheine gerechnet werden, die als temporärer Anteilsschein den Aktionären vor der Ausgabe von Aktien zugeteilt werden.134 Weitere relevante Instrumente sind Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine, die Gewinnanteilsrechte bzw. Nebenforderungen verbriefen. Ein Beispiel für hier relevante Fremdkapitalinstrumente sind vor allem Anleihen (im deutschen Recht: Schuldverschreibungen).135 Dabei handelt es sich um Finanzinstrumente, die ein Zahlungsversprechen verbriefen (z.B. aus Kredit).136 Zu diesen Instrumenten zählen sowohl Inhaberschuldverschreibungen (z.B. Gewinn- oder Wandelschuldverschreibungen137) als auch im deutschen Recht die kaufmännischen Papiere nach § 363 HGB, sofern sie mit einer Orderklausel versehen sind (indossable Schuldverschreibungen). Genussrechte gibt es ebenfalls in verbriefter Form (Genussscheine), und zwar auch als Inhaberpapiere. Das Emittenteninteresse liegt bei allen diesen Papieren darin, Eigen- oder Fremdkapital zu Finanzierungszwecken zu erhalten.
Im Unterschied zu den vorgenannten Instrumenten sind so genannte Namenspapiere im vorliegenden Zusammenhang nur ausnahmsweise relevant, nämlich allenfalls dann, wenn sie einen Anspruch auf eine Geldleistung verbriefen (z.B. Anweisungen138). Denn Namenspapiere sind auf einen bestimmten Erwerber ausgestellt und nur sehr eingeschränkt verkehrsfähig (im deutschen Recht: mangels Orderklausel).139 Das deutsche Wertpapierhandelsgesetz erfasst