Wirtschaftsvölkerrecht. Markus Krajewski
Transaktionen bereithalten.[3] Die jeweiligen Abkommen sind ihrer Natur nach Völkerrecht, so dass sich ihre Anwendung nach den allgemeinen Regeln für die Anwendung von Völkerrecht richtet.[4] Die Abkommen enthalten jedoch nicht in erster Linie Regeln für das Verhalten der Staaten, sondern für den Rechtsverkehr privater Wirtschaftssubjekte untereinander. Das Einheitsrecht umfasst sowohl völkerrechtliche Verträge, die das internationale Privatrecht vereinheitlichen (Einheitskollisionsrecht) als auch Verträge, die materielle oder prozessuale Regeln für verschiedene Privatrechtsverhältnisse enthalten. Für das Einheitsrecht ist die Vorrangklausel des Art. 3 Abs. 2 EGBGB einschlägig: Einheitsrecht hat danach Vorrang vor den Verweisungsvorschriften des internationalen Privatrechts. Eine entsprechende Norm findet sich auch in Art. 25 Abs. 1 Rom I-Verordnung.
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Ein für den internationalen Wirtschaftsverkehr praktisch bedeutsames Beispiel des materiellen Einheitsrechts ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf von 1980 (Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG), das auch als UN-Kaufrecht bezeichnet wird.[5] Es handelt sich um Regeln des Kaufrechts, die in den Vertragsstaaten des CISG auf internationale Warenkäufe Anwendung finden. Das CISG enthält z.B. Regeln über den Abschluss von Verträgen (Art. 14 ff. CISG), Käufer- und Verkäuferpflichten (Art. 30 ff. und 53 ff. CISG), die Vertragsmäßigkeit der Ware (Art. 35 ff. CISG), Rechtsbehelfe des Käufers und Verkäufers (Art. 45 ff. und Art. 61 ff. CISG), Gefahrtragung (Art. 66 ff. CISG) und Schadensersatz (Art. 74 ff. CISG).
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Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem Wirtschaftsprivatrecht durch völkerrechtliche Verträge vereinheitlicht wird, ist das Transportrecht.[6] So enthält z.B. das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr von 1956 (Convention relative au contrat de transport international de merchandises par route, CMR) einheitliche Regeln für den Transport im Straßenverkehr.[7] In prozessualer Hinsicht sind vor allem das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958[8] und das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen von 1970[9] bedeutsam.
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Ansätze zur Rechtsvereinheitlichung finden sich teilweise auch im Wirtschaftsvölkerrecht, z.B. im Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS).[10] In diesem Abkommen werden Mindeststandards für verschiedene Schutzrechte des Immaterialgüterschutzes (Patente, Marken, Urheberrecht) festgelegt.
Anmerkungen
Zum Völkerrecht allgemein unten Rn. 39 ff.
Zu den Materien des Wirtschaftsvölkerrechts, siehe unten Rn. 35.
Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 12. Aufl., 2020, § 14, Rn. 5; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., 2015, Rn. 2 f.
Dazu unten Rn. 107 ff.
BGBl. 1989 II, S 588, ber. BGBl. 1990 II, S. 1699 = Sartorius II, Nr. 465. Dazu Schlechtriem, Internationales UN-Kaufrecht, 6. Aufl., 2016 und Horn, Das UN-Kaufrecht im System des deutschen Rechts, JA 2000, 421.
Siehe Kronke/Melis/Kuhn (Hrsg.), Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 2017, Teil E.
Dazu Otte, Internationales Transportrecht, in: Tietje (Hrsg.), Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 2015, § 7, Rn. 36 ff.
Dazu Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 12. Aufl., 2020, § 9 Rn. 11.
Dazu Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 12. Aufl., 2020, § 9 Rn. 38.
Dazu Teil 2 Rn. 497 ff.
c) Europäisches Wirtschaftsrecht
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Sowohl der Wirtschaftsverkehr der Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander als auch der Wirtschaftsverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten und sog. Drittstaaten wird in weiten Teilen durch das EU-Recht geregelt. Den innerunionalen Wirtschaftsverkehr betreffen vor allem die Grundfreiheiten des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs, das harmonisierte Binnenmarktrecht und das EU-Wettbewerbsrecht (Art. 101 ff. AEUV).
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Für die Beziehungen zu Drittstaaten sind das EU-Zoll- und Außenwirtschaftsrecht[1] von zentraler Bedeutung. Da die EU in diesen Bereichen weitgehend über ausschließliche Kompetenzen verfügt (vgl. Art. 28 ff. und 207 ff. AEUV), kann sie nach außen einheitlich auftreten. Das EU-Zoll- und Außenwirtschaftsrecht ist seinem Wesen nach daher auch eher mit nationalem Wirtschaftsrecht als mit Wirtschaftsvölkerrecht vergleichbar. Allerdings beruht auch das „autonome“ EU-Außenwirtschaftsrecht auf völkerrechtlichen Grundlagen.
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Seit dem Vertrag von Lissabon verfügt die Europäische Union über die ausschließliche Kompetenz im Bereich der Außenhandelsbeziehungen.[2] Dazu zählen laut Art. 207 AEUV der Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen und handelsbezogenen Aspekten des geistigen Eigentums erfassen. Hinzu treten Regeln über die Ein- und Ausfuhrpolitik sowie handelspolitische Schutzmaßnahmen. Ausländische Direktinvestitionen werden ebenfalls von der EU-Kompetenz erfasst. Auf dieser Grundlage hat die EU zahlreiche Vorschriften in den Außenwirtschaftsbeziehungen erlassen.
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Zu den zollrechtlichen Vorschriften der EU zählen die Verordnung 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif. In dieser Verordnung wird die zolltarifliche und statistische Nomenklatur der EU geregelt. Der Gemeinsame Zolltarif ist der gemeinsame EU-Außenzoll, der auf in die EU importierte Waren erhoben wird. Hinzu tritt die Verordnung (EU) 952/2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, in der das Zollverfahren geregelt wird.
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Im Bereich des Ein- und Ausfuhrrechts sind Verordnung