Wirtschaftsvölkerrecht. Markus Krajewski

Wirtschaftsvölkerrecht - Markus Krajewski


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      Da das Wirtschaftsvölkerrecht Teilgebiet des Völkerrechts ist, gilt das allgemeine Völkerrecht auch in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Die Grundzüge des allgemeinen Völkerrechts, soweit sie für das Wirtschaftsvölkerrecht relevant sind, sollen daher im Folgenden überblicksartig dargestellt werden. Für eine vertiefte Befassung muss auf die völkerrechtliche Lehrbuchliteratur verwiesen werden.

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      Die Grundlagen des Völkerrechts erschließen sich am besten, wenn man zunächst die Subjekte des Völkerrechts und seine Rechtsquellen und danach einige zentrale Rechtsprinzipien des Völkerrechts betrachtet. Zu klären ist schließlich auch das Verhältnis des Völkerrechts zum innerstaatlichen Recht.

      Teil 1 GrundlagenII. Völkerrechtliche Grundlagen des Wirtschaftsvölkerrechts › 1. Völkerrechtssubjekte

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      Wie jede Rechtsordnung muss das Völkerrecht die Frage beantworten, welche Personen von der Rechtsordnung als Subjekte anerkannt werden. Die Völkerrechtssubjektivität bestimmt sich dabei nicht danach, welche Institutionen und Personen in den internationalen Beziehungen tatsächlich eine Rolle spielen. Vielmehr kommt es darauf an, dass einer Person oder Institution durch die Völkerrechtsordnung die Fähigkeit zuerkannt wird, Träger von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten zu sein. Völkerrechtssubjekte sind Subjekte, deren Verhalten unmittelbar durch das Völkerrecht geregelt werden kann.

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      Völkerrechtssubjekte sind nicht identisch mit den Akteuren der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Unter Akteuren der internationalen Wirtschaftsbeziehungen sind alle Institutionen und Personen zu verstehen, deren Verhalten sich auf den internationalen Austausch von Gütern, Kapital und Arbeitskraft bezieht. Dazu zählen neben den Staaten und internationalen Organisationen vor allem die natürlichen und juristischen Personen, die an diesem Austausch direkt beteiligt sind, insbesondere die international tätigen Unternehmen.

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      Auch wenn in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Globalisierung staatliche Grenzen an Bedeutung verlieren und staatliche Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten verschwinden, gehören Staaten weiterhin zu den zentralen Akteuren der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Staaten spielen für das Wirtschaftsvölkerrecht eine doppelte Rolle: Zum einen wirken sie durch die innerstaatliche und völkerrechtliche Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung und durch die Beachtung bzw. Verletzung der rechtlichen Regeln auf die Rahmenbedingungen internationaler Wirtschaftsbeziehungen ein (Rolle als Rechtssubjekt). Zum anderen beteiligen sie sich auch selbst am wirtschaftlichen Austausch, etwa durch die Ausbeutung und den Verkauf von Rohstoffen durch staatliche Monopole oder Staatsunternehmen (Rolle als Wirtschaftssubjekt). Die Rolle des Staats als Wirtschaftssubjekt ist jedoch durch den Bedeutungsverlust planwirtschaftlicher Modelle und im Zuge der weltweiten Privatisierung von Staatsunternehmen deutlich zurückgegangen.

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      Da das Völkerrecht als „zwischenstaatliches“ Recht verstanden wird, setzt es die Völkerrechtssubjektivität der Staaten notwendig voraus. Staaten leiten ihre Völkerrechtssubjektivität von keinen anderen Rechtssubjekten ab: Sie sind originäre (oder „geborene“) Völkerrechtssubjekte. Ihre Völkerrechtssubjektivität ist nicht auf bestimmte Materien beschränkt (absolute Völkerrechtssubjektivität) und gilt gegenüber allen anderen Völkerrechtssubjekten (generelle Völkerrechtssubjektivität).

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      Ein Staat definiert sich im Völkerrecht auf der Grundlage der von Georg Jellinek begründeten Drei-Elemente-Lehre durch ein abgegrenztes Territorium (Staatsgebiet), eine ständige Bevölkerung (Staatsvolk) und eine effektive, dauerhafte Regierung (Staatsgewalt). Als viertes Element wird z.T. die Fähigkeit, mit anderen Staaten Beziehungen aufnehmen zu können genannt, die jedoch regelmäßig bei Vorhandensein einer effektiven und dauerhaften Regierung gegeben sein wird. Der Anerkennung eines Staats durch andere Staaten oder internationale Organisationen kommt keine konstitutive, sondern nur eine deklaratorische Bedeutung zu.

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      Die Grenzen des Territoriums eines Staats müssen im Wesentlichen feststehen, d.h. der Staat muss über ein anerkanntes Kerngebiet verfügen. Das Territorium bedarf keiner Mindestgröße. Auch sog. Klein- oder Mikrostaaten sind Staaten i.S. des Völkerrechts. Das Staatsgebiet muss Teil der (natürlichen) Erdoberfläche sein; eine Bohrinsel kann also kein Staatsgebiet sein. Es umfasst in räumlicher Hinsicht neben dem Landgebiet (einschließlich der Binnengewässer) auch das Erdreich unter dem Landgebiet und den Luftraum über dem Staatsgebiet. Auf dem Meer wird das Küstenmeer bis zu einer Entfernung von 12 Seemeilen von der Küste hinzugezählt. Die sog. Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), die bis zu 200 Seemeilen ab der Küste umfassen kann, ist nicht Teil des Staatsgebiets. Der Staat verfügt hier jedoch über das ausschließliche Recht der wirtschaftlichen Nutzung (vor allem Fischerei-Rechte).

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      Von zentraler Bedeutung für die Staatsqualität ist die Ausübung einer effektiven und dauerhaften Staatsgewalt. Dazu zählt die Fähigkeit einer Regierung, das Staatsgebiet und die Bevölkerung nach innen effektiv und dauerhaft zu kontrollieren und die staatliche Ordnung zu organisieren (innere Souveränität). Zum anderen ist erforderlich, dass der Staat unabhängig von anderen Staaten oder internationalen Organisationen nach außen selbstständig handeln kann (äußere Souveränität).

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      Wird in einem Staat insgesamt keine effektive Staatsgewalt mehr ausgeübt, spricht man von einem „failed state“. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich in einem Staat mehrere rivalisierende Gruppen bekämpfen und öffentliche Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden (Bsp. Somalia nach 1991). Der „failed state“ bleibt jedoch weiterhin Völkerrechtssubjekt; ihm fehlt allerdings die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit.

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      Hat sich auf einem Territorium eine neue Herrschaftsgewalt etabliert, deren Dauerhaftigkeit noch nicht sicher ist, kann man von einem stabilisierten (lokalen) de facto-Regime sprechen. Ein Gebiet, auf dem ein de facto-Regime etabliert ist, hat noch keine Staatseigenschaften. Das de facto-Regime wird aber als partielles Völkerrechtssubjekt anerkannt, so dass es etwa den Schutz des eigenen Territoriums beanspruchen kann. Das Regime der Taliban, das zwischen 1996 und 2001 über wesentliche Teile des Gebiets von Afghanistan herrschte, wurde als de facto-Regime bezeichnet.

      Anmerkungen

       [1]

      Dazu unten Rn. 105 f.


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