Wirtschaftsvölkerrecht. Markus Krajewski
Wirtschaftsvölkerrecht als Teil des internationalen Wirtschaftsrechts › 2. Abgrenzung des Wirtschaftsvölkerrechts von anderen Elementen des internationalen Wirtschaftsrechts
2. Abgrenzung des Wirtschaftsvölkerrechts von anderen Elementen des internationalen Wirtschaftsrechts
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Die verschiedenen Elemente des internationalen Wirtschaftsrechts stehen nicht losgelöst nebeneinander. Vielmehr bestehen vielfach wechselseitige Abhängigkeiten, Überschneidungen und Durchdringungen. Einige sind bereits angeklungen: Völkerrechtliche Regeln beeinflussen nationales und europäisches Recht. Normen, die zunächst unverbindlich sind, können in verbindliches Recht transformiert werden. Ebenso lassen sich die Rechtsgebiete nicht immer trennscharf unterscheiden, das gilt vor allem für die Trennung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Materien und die Abgrenzung von Rechtsregeln und internationalen unverbindlichen Standards. Aus diesen Gründen wird die strikte Trennung von nationalem und internationalem Recht bzw. öffentlichem Recht und Privatrecht in der rechtswissenschaftlichen Literatur teilweise als unangemessen für das Verständnis des internationalen Wirtschaftsrechts angesehen.
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Trotz der unbestreitbaren Verknüpfungen und wechselseitigen Bezüge der verschiedenen Materien des internationalen Wirtschaftsrechts unterscheiden sich die einzelnen Elemente jedoch erheblich mit Blick auf ihre Rechtsetzung, Anwendung und Durchsetzung und bezüglich der zu regelnden Rechtsbeziehungen. So lässt sich das Wirtschaftsvölkerrecht von den anderen Materien des internationalen Wirtschaftsrechts zum einen durch seine Rechtsnatur (Völkerrecht) und zum anderen durch die zu regelnden Rechtsverhältnisse (öffentlich-rechtliche Verhältnisse) abgrenzen.
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Durch seine völkerrechtliche Qualität unterscheidet sich das Wirtschaftsvölkerrecht vom nationalen und europäischen Außenwirtschaftsrecht und internationalen Privatrecht. Diese Abgrenzung ist sinnvoll, da die völkerrechtliche Rechtsetzung, Interpretation und Durchsetzung anderen Regeln folgen als die innerstaatliche Rechtsetzung. Außerdem unterscheiden sich die Rechtssubjekte des Völkerrechts von denjenigen des innerstaatlichen Rechts.[1] Auch wenn sich z.B. das WTO-Recht und das nationale Außenwirtschaftsrecht z.T. auf die gleichen Rechtsmaterien beziehen (Zölle, Einfuhrregelungen, handelspolitische Abwehrmaßnahmen), sind die Materien theoretisch und praktisch zu trennen.
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Von den völkerrechtlichen Grundlagen des Einheitsrechts kann das Wirtschaftsvölkerrecht durch seinen Bezug auf öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse abgegrenzt werden. Diese Trennung ist für eine Rechtsordnung, die zwischen öffentlichem und privatem Recht unterscheidet, zweckmäßig. Außerdem verfolgen öffentliches und privates internationales Wirtschaftsrecht unterschiedliche Ziele bzw. müssen unterschiedlichen Interessen gerecht werden. Für das internationale private Wirtschaftsrecht steht – ähnlich wie im nationalen Recht – der Gedanke der Parteiautonomie und der effizienten Regelung von Wirtschaftsbeziehungen im Vordergrund, während das öffentliche internationale Wirtschaftsrecht öffentlichen Zwecken dient und auch die Regulierung der Wirtschaft zur Verfolgung externer Ziele (Verbraucherschutz, Umweltschutz, etc.) betreffen kann.
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Zusammenfassend stellt Figur 1 das Wirtschaftsvölkerrecht im System der Elemente des internationalen Wirtschaftsrechts dar. Da sich nationales und supranationales Recht (EU-Recht) aus Sicht des Völkerrechts zunehmend angleichen und ähnliche Funktionen übernehmen, werden beide Rechtskreise auf einer Ebene dargestellt.
Figur 1:
Wirtschaftsvölkerrecht im System des internationalen Wirtschaftsrechts
Anmerkungen
Siehe dazu im Überblick unten Rn. 41 ff.
Teil 1 Grundlagen › I. Wirtschaftsvölkerrecht als Teil des internationalen Wirtschaftsrechts › 3. Gegenstand dieses Lehrbuchs
3. Gegenstand dieses Lehrbuchs
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Während sich das Wirtschaftsvölkerrecht zwar von den anderen Materien des internationalen Wirtschaftsrechts theoretisch abgrenzen lässt, besteht über seinen genauen Umfang und über die Materien, die zum Wirtschaftsvölkerrecht zu zählen sind, in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Ausbildungspraxis keine vollständige Einigkeit. Die in diesem Lehrbuch behandelten Materien des Wirtschaftsvölkerrechts orientieren sich an dem klassischen Kanon des sog. „International Economic Law“, wie es in Großbritannien und den USA gelehrt wird[1] bzw. des „Droit international économique“ im französischen Verständnis.[2] Dieser Kanon umfasst auch das, was an den meisten deutschen Fakultäten unter Wirtschaftsvölkerrecht verstanden und gelehrt wird. Damit wird zugleich der völkerrechtliche Teil von Lehrveranstaltungen abgedeckt, die sich mit dem internationalen Wirtschaftsrecht allgemein befassen.
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Zum Kern des Wirtschaftsvölkerrechts zählen drei Rechtsgebiete:
– | Das Recht des Welthandels, vor allem in seiner Kodifikation durch das Recht der Welthandelsorganisation (WTO). Dazu gehören die institutionellen Regeln, insbesondere das Recht der Streitbeilegung in der WTO und das materielle Recht des Warenhandels, des Dienstleistungshandels und der handelsbezogenen Aspekte des geistigen Eigentums. |
– | Das Recht der ausländischen Investitionen. Dazu zählen die völkergewohnheitsrechtlichen und vertraglichen Regeln zum Investitionsschutz (z.B. Schutz vor Enteignungen), zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten und Investoren und zur Absicherung des wirtschaftlichen Werts einer Investition durch Investitionsgarantien. Ebenfalls zu diesem Bereich werden in diesem Buch Ansätze zur Regulierung multinationaler Unternehmen gezählt. |
– | Das Recht des internationalen Währungs- und Finanzverkehrs. Hierunter wird das internationale Währungs- und Finanzsystem verstanden, wie es in den sog. Abkommen von Bretton Woods zur Gründung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank materiell (z.B. flexible Wechselkurse) und institutionell (z.B. durch Vergabe von Krediten an Staaten zur Überbrückung von Zahlungsbilanzschwierigkeiten) ausgestaltet wird. |
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Getrennt von diesen drei Kerngebieten behandelt das Lehrbuch das Entwicklungsvölkerrecht, das Internationale Wettbewerbsrecht sowie das Recht der außereuropäischen regionalen Wirtschaftsintegration (NAFTA, Mercosur, etc.), da es sich um Sondermaterien des Wirtschaftsvölkerrechts handelt, die handels-, investitions- und finanzrechtliche Aspekte enthalten, sich jedoch besser als geschlossene Materien darstellen lassen.
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Das vorliegende Lehrbuch befasst sich nicht mit dem internationalen Steuerrecht[3], obwohl es nach der hier entwickelten Definition