Handbuch Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

Handbuch Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin


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anwesend sei, als wäre die Wählerschaft das „Volk“ und als wäre das Referendum nicht ein komplexes Verfahrenskonstrukt, das dem „Volk“ ermögliche, durch die Wählerschaft eine Entscheidung unter Einwirkung des Rechts zu treffen. Das Urteil ist Teil einer Mythologie der Volkssouveränität, die in Frankreich im Grunde seit der Revolution gepflegt wird.

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      General de Gaulle hat ein zweites Mal auf das von Art. 11 CF vorgesehene Referendum zurückgegriffen, um eine Verfassungsreform in die Wege zu leiten. Das Referendum vom 27. April 1969 stellte sich als Fehlschlag heraus und hatte de Gaulles sofortigen Rücktritt von seinem Amt zur Folge. Die bisweilen vertretene Ansicht, wonach diese beiden Erfahrungen einen Verfassungsbrauch hervorgebracht hätten, der die Anwendung des Art. 11 CF zu Zwecken der Verfassungsänderung gestatten würde, scheint nicht haltbar. Zum einen gibt es nur zwei Präzedenzfälle, zum anderen stimmen die beiden Fälle nicht überein; schließlich setzt oben genannte Ansicht auch die Möglichkeit voraus, dass sich Verfassungsgewohnheitsrecht contra constitutionem herausbildet. Aus diesem Grund ist es wohl richtig, sich mit der Feststellung zu begnügen, dass der Conseil constitutionnel nach gegenwärtiger Rechtsprechungslage den Weg zu verfassungswidrigen Verfassungsänderungen offen lässt.

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      § 2 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Frankreich › III. Die Struktur des Verfassungssystems

      § 2 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Frankreich › III. Die Struktur des Verfassungssystems › 1. Die Verfassungsgewalten

1. Die Verfassungsgewalten

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      Die Wahl. Seit dem Verfassungsgesetz vom 6. November 1962 wird der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt. Dieses Wahlverfahren soll der Legitimität eines aktiven Staatschefs dienen. Diesem Ziel entsprechend wurde das aus zwei Wahlgängen zusammengesetzte Wahlverfahren in einer Form ausgestaltet, die garantieren soll, dass der Präsident mit absoluter Mehrheit bestimmt wird. Am zweiten Wahlgang nehmen die zwei nach dem ersten Wahlgang bestplatzierten Kandidaten teil. In Hinblick auf die hierdurch bezweckte Legitimation ist das System allerdings nur bedingt befriedigend. In der Tat ist auch das Ergebnis des ersten Wahlgangs für die Legitimation des gewählten Präsidenten von großer Bedeutung. Die Legitimität eines Präsidenten, der in diesem ersten Wahlgang nur eine dürftige Zahl an Stimmen erlangen konnte, ist selbst dann nicht hinreichend sichergestellt, wenn er am Ende mit absoluter Mehrheit gewählt wird. Die Wahl von 2002 statuierte in dieser Hinsicht ein Exempel. Dem Wahlsieger kam die abgrundtiefe Ablehnung zugute, mit der die Öffentlichkeit seinem rechtsradikalen Konkurrenten begegnete; etwa 82% der Stimmen konnte er auf seinen Namen vereinigen. Allerdings zeugt ein solches Votum der Wählerschaft nicht eben von Zustimmung zum politischen Programm eines Kandidaten, der im ersten Wahlgang weniger als 20% der abgegebenen Stimmen (i.e. weniger als 14% der Wahlberechtigten) auf sich vereinigen konnte.

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      Seit 1988 unterliegt die Wahlkampffinanzierung gesetzlichen Rahmenvorschriften. Die Ausgaben der Kandidaten sind begrenzt und werden – wie die Einnahmen auch – auf ihre Herkunft geprüft. Alle Kandidaten erhalten einen staatlichen Zuschuss und ein Teil der darüber hinausgehenden Wahlkampfkosten wird je nach Ergebnis des Kandidaten vom Staat zurückerstattet. Auch müssen alle Kandidaten alle den Wahlkampf betreffenden Finanzbewegungen in einem Budget darlegen und Rechenschaft vor dem Conseil constitutionnel ablegen. Dieser kann im Falle unrichtiger Informationen das Budget ablehnen, was zur Folge hat, dass die Wahlkampfkosten dem Betroffenen nicht erstattet


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