Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
ausgegangen werden, wobei die beruflichen Interessen des anderen Ehegatten nicht vorrangig sein dürfen. Ist die Mitarbeit des Ehegatten als Beitrag zur Unterhaltspflicht geschuldet, besteht kein Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten.[19]
g) Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten
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Für eine darüberhinausgehend geleistete Mitarbeit des Ehegatten kann dagegen ein Vergütungsanspruch bestehen. Völlig unproblematisch ist dies, wenn die Ehegatten hinsichtlich der Mitarbeit einen Arbeits-, Dienst-, Werk- oder Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Probleme ergeben sich indes dann, wenn ein Ehegatte jahrelang in dem Betrieb oder Geschäft des andern Ehegatten mitgearbeitet hat, ohne dass eine vertragliche Regelung getroffen worden ist. Im Fall einer Scheidung kann zwar ein Ausgleich für die in dem Betrieb geleistete Arbeitsleistung unter Umständen im Rahmen eines Zugewinnausgleichs verlangt werden. Das setzt allerdings voraus, dass die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.
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Schwierig wird es dann, wenn die Ehegatten Gütertrennung vereinbart hatten. Für diese Fälle hat die Rechtsprechung[20] die Ehegatteninnengesellschaft entwickelt. Eine solche Gesellschaft kann allerdings nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden, da das eheliche Zusammenleben als solches kein gemeinsamer Zweck i.S.v. § 705 darstellt. Eine Ehegatteninnengesellschaft liegt nur vor, wenn die Ehegatten sich in den Dienst einer gemeinsamen Aufgabe gestellt haben, die über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. Dazu ist eine planvolle und zielstrebige Zusammenarbeit während der Ehe zur Schaffung eines erheblichen gemeinsamen Vermögenswertes erforderlich.[21]
Die Ehegatteninnengesellschaft ist eine BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. ohne Gesamthandsvermögen und ohne Außenwirkung. Mit der Trennung bzw. mit der Scheidung wird die Gesellschaft aufgelöst. Für die von dem mitarbeitenden Ehegatten erbrachten Arbeitsleistungen (§ 706 Abs. 2) ist nach § 733 Abs. 2 Wertersatz zu leisten, wobei sich die Dienste als bleibender Wert im Gesellschaftsvermögen niedergeschlagen haben müssen.[22] Die Höhe des Ausgleichs beträgt nach § 722 Abs. 1 die Hälfte des Wertes.
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Fehlen ausreichende Indizien für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft kann sich ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage eines familienrechtlichen Vertrags sui generis ergeben.[23] Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage eines solchen Vertrags kann nur ausgegangen werden, wenn für den Ehegatten, der die Arbeitsleistungen erbracht hat, der Fortbestand der Ehe die Grundlage für seine Mitarbeit war und er die Dienste nicht erbracht hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Ehe scheitert. Die Mitarbeit muss auch von einer gewissen Dauer und Regelmäßigkeit gewesen sein und die Beschäftigung eine Arbeitskraft erspart haben. Für den anderen Ehegatten, der die Arbeitsleistung angenommen hat, muss diese Absicht erkennbar gewesen sein, so dass er sich redlicherweise auf die Vereinbarung einer Vergütung hätte einlassen müssen. Weiter wird für den Ausgleichsanspruch vorausgesetzt, dass ein Festhalten an den Rechtsfolgen des ehelichen Güterstands für den mitarbeitenden Ehegatten völlig unzumutbar ist. Für die Höhe des Ausgleichanspruchs sind die Umstände des Einzelfalls maßgebend, insbesondere die Dauer der Ehe, das Alter der Ehegatten, Art und Umfang der erbrachten Arbeitsleistungen, die Höhe der dadurch entstandenen Vermögensmehrung und die sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute.
JURIQ-Klausurtipp
In einer Klausur sollte zunächst geprüft werden, ob die Mitarbeit des Ehegatten i.S.v. §§ 1360, 1356 Abs. 2, 1353 Abs. 1 gesetzlich geschuldet war. Ist dies der Fall, ist ein Vergütungsanspruch ausgeschlossen. Wird eine gesetzliche Unterhaltspflicht zur Mitarbeit verneint, hat der Bearbeiter zu untersuchen, ob die Ehegatten ausdrücklich oder konkludent einen Vertrag über die Erbringung der Arbeitsleistungen geschlossen haben. Kommen vertragliche Ansprüche nicht in Betracht, scheiden auch Bereicherungsansprüche nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 aus, da Rechtsgrund für die Leistung die Ehe war. Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 scheidet ebenfalls dann aus, wenn der Zweck der Mitarbeit des Ehegatten der Aufbau des Geschäftes oder Betriebes des anderen Ehegatten war. Der Fortbestand der Ehe war zwar in diesem Fall ein Beweggrund für die Arbeitsleistungen, nicht jedoch Zweck der Mitarbeit. Erst nach dieser Prüfung sollten Ansprüche aus der Ehegatteninnengesellschaft bzw. wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines familienrechtlichen Vertrags sui generis angesprochen werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage erst nach der Ablehnung einer Ehegatteninnengesellschaft zu prüfen ist.
2. Schutz der ehelichen Lebensgemeinschaft
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Die sich aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ergebenden Pflichten können auch einklagbare Ansprüche begründen.
a) Ansprüche gegen den Ehegatten
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Die Erhebung einer Leistungsklage auf Erfüllung der sich aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ergebenden Pflichten (Eheherstellungsklage) ist seit dem Inkrafttreten des FamFG entfallen, § 120 Abs. 3 FamFG. Ein darauf gerichtetes Urteil war aber schon früher nach § 888 Abs. 3 ZPO a.F. nicht vollstreckbar, soweit es höchstpersönliche Ansprüche betraf. Das Recht der Ehegatten auf Trennung kann indes Gegenstand einer Feststellungsklage sein (negative Herstellungsklage).
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Betrifft die Herstellung und die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dagegen nicht höchstpersönliche Ansprüche, sondern vermögensrechtliche Ansprüche, kommt sowohl ein darauf gerichteter Schadensersatzanspruch als auch eine Vollstreckung z.B. wegen der Mitwirkung bei einer Steuererklärung[24] nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 888 Abs. 1 ZPO in Betracht.
Beispiel
Abgabe einer Willenserklärung zur gemeinsamen Veranlagung in einer Steuererklärung, wenn dadurch die Steuerschuld des Ehegatten, der die gemeinsame Veranlagung wünscht, verringert und die Steuerschuld des anderen nicht erhöht wird.
aa) Unterlassungsansprüche
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Bei einem ehewidrigen Verhalten eines Ehegatten hat der andere Ehegatte einen Unterlassungsanspruch aus § 1353, der allerdings nach § 120 Abs. 1, Abs. 3 FamFG nicht vollstreckbar ist. Eine Beeinträchtigung des ungestörten Fortbestands der Ehe kann auch quasi-negatorische Unterlassungsansprüche nach §§ 823, 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1, 812 S. 1 analog begründen. Solche Ansprüche sind indes ebenfalls eine Familiensache i.S.v. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, die dem Vollstreckungsverbot des § 120 Abs. 3 FamFG unterliegen.
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Vor Inkrafttreten des FamFG wurde die Vollstreckung eines quasi-negatorischen Unterlassungsanspruches überwiegend wegen des Vollstreckungsverbots des § 888 Abs. 3 ZPO a.F. abgelehnt.[25] Der BGH[26] hat allerdings im Gegensatz zum RG[27] einen im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Anspruch auf Beseitigung der Störung und Unterlassung künftiger Störungen gegen den anderen Ehegatten gewährt, wenn der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe durch ein ehebrecherisches Verhältnis des anderen Ehegatten beeinträchtigt wird. Es handelte sich dabei um die Fälle, in denen der Ehegatte seine Geliebte in die Wohnung mit aufgenommen hatte. Der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe wurde auch auf Geschäftsräume ausgedehnt, wenn sie ähnlich wie die Ehewohnung zu einem Teil des äußeren gegenständlichen Bereichs der Ehe geworden waren.[28]
bb) Schadensersatzansprüche
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