Bankrott und strafrechtliche Organhaftung. Jörg Habetha

Bankrott und strafrechtliche Organhaftung - Jörg Habetha


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2 Bankgeschäft und Insolvenz – zivil- und insolvenzrechtliche Grundlagen, wirtschaftliche Zusammenhänge

      Inhaltsverzeichnis

       A. Kreditgeschäft der Banken und Gründe der Insolvenz

       B. Kenntnis der Bankverantwortlichen vom Eintritt der Krise als Grundlage der Kreditentscheidung

       C. Kündigungsrecht der Banken in der Krise als Voraussetzung der Kreditrückführung

       D. Zusammenfassung

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      Die Beurteilung bankrottstrafrechtlicher Verantwortung von Bankmitarbeitern im Kontext der Kreditrückführung in der Krise des Bankkunden erfordert zunächst die Untersuchung des wirtschaftlichen (tatsächlichen) Zusammenhangs zwischen dem Kreditgeschäft der Banken und den Gründen wirtschaftlicher Krise und Insolvenz betroffener Unternehmen. Die rechtlichen Anforderungen an die Eröffnung und Durchführung eines Insolvenzverfahrens sind dabei ebenfalls mit in den Blick zu nehmen (sogleich unten Rn. 8 ff.).

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      Für die strafrechtliche Würdigung ist von Bedeutung, ob und in welchem Umfang den Bankverantwortlichen (erste) Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise zur Kenntnis gelangen. Zeitpunkt und Ausmaß des Einblicks in die aktuelle wirtschaftliche Lage des Kreditkunden, den Bankmitarbeiter in erster Linie aus der Geschäftsverbindung heraus gewinnen oder gewinnen können, betreffen nicht allein die Feststellung und Beurteilung subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen. Ein möglicher zeitlicher oder qualitativer Informationsvorsprung gegenüber den übrigen Gläubigern versetzte die Bankverantwortlichen faktisch nicht selten überhaupt in die Lage, im Rahmen der Kreditrückführung Insolvenzstraftaten zum Nachteil der Gläubigerschaft des Bankkunden zu begehen (unten Rn. 50 ff.).

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      Voraussetzung einer vorzeitigen Kreditrückführung ist ein entsprechender schuldrechtlicher Anspruch des Kreditinstituts gegen den betroffenen Bankkunden. Die Existenz eines derartigen Anspruchs bzw. die Prüfung, ob ein solcher Anspruch durch Bankmitarbeiter in der Krise des Bankkunden wirksam begründet werden kann, ist zur Beurteilung bankrottstrafrechtlicher Risiken als rechtliche Vorfrage relevant, daher ebenfalls vorab zu erörtern. Die Untersuchung ist dabei auf Kündigungsrechte im Kontext der wirtschaftlichen Krise des Bankkunden sowie auf mögliche Beschränkungen des Gestaltungsrechts speziell in dieser Konstellation fokussiert (unten Rn. 62 ff.).

      Anmerkungen

       [1]

      Die Begriffe Bank, Bankbetrieb, Kreditinstitut bzw. Geldinstitut werden in Schrifttum und Rechtsprechung – so auch in vorliegender Arbeit – synonym verwendet, vgl. etwa Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 1 Rn. 1. Zur wirtschaftswissenschaftlichen Begriffbestimmung des traditionellen (technischen) Bankbegriffs sowie seiner funktionsorientierten Herleitung vgl. Eilenberger Bankwirtschaftslehre, S. 10 ff.; Büschgen/Börner Bankbetriebslehre, S. 17 ff.; Büschgen Bankbetriebslehre, S. 33. Eine Legaldefinition des Terminus „Kreditinstitut“ enthält das öffentliche Bankaufsichtsrecht (§ 1 Abs. 1 KWG).

       [2]

      Das Risiko folgt aus dem „Auseinanderfallen“ der Fälligkeit der Leistungspflichten zwischen Darlehensgeber (als „Vorleistendem“) und Darlehensnehmer, MK-BGB-K.P. Berger vor § 488 Rn. 7 und 39 m.w.N.

       [3]

      Das Kreditausfallrisiko ist das größte unternehmerische Risiko der Kreditinstitute, insbesondere im Fall der Kumulierung von Großengagements auf wenige Kreditnehmer sowie im Fall einseitiger Risikostrukturen, vgl. R. Fischer in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 130 Rn. 1.

       [4]

      Dies belegen verschiedene historische Beispiele, etwa die Bankenkrise 1931, die zur Einführung eines staatlichen Bankaufsichtsrechts auf dem Gebiet des damaligen Deutschen Reichs durch Gesetz aus dem Jahr 1934 (RGBl. I, S. 1203 ff.) führte (zum Zusammenbruch der „Darmstädter und Nationalbank“ Ende Juli 1931 ausführlich R. Fischer, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 125 Rn. 27; ders. in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Einf KWG Rn. 4; vgl. auch Claussen Bank- und Börsenrecht, § 1 Rn. 102, 105; ebenso BT-Drucks. III, 2563, 2, sog. „Ruland-Bericht“). Der Zusammenbruch einzelner Banken hatte bereits im Jahr 1923 zu panikartigen Reaktionen der Bankkunden, dem sog. „run auf die Bankschalter“, geführt. Ursache war ein allgemeiner Vertrauensverlust der Bankkundschaft auch in die wirtschaftliche Konstitution solcher Kreditinstitute, denen eine wirtschaftliche Krise nicht drohte. In der weiteren Folge gerieten durch diese Entwicklung ebenfalls wirtschaftlich „gesunde“ Kreditinstitute in die Krise, was schwerwiegende volkswirtschaftliche Verwerfungen bewirkte.

      Teil 2 Bankgeschäft und Insolvenz – zivil- und insolvenzrechtliche Grundlagen, wirtschaftliche Zusammenhänge › A. Kreditgeschäft der Banken und Gründe der Insolvenz

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