Handbuch des Strafrechts. Jan C. Joerden

Handbuch des Strafrechts - Jan C. Joerden


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und daher nicht durch eine Persönlichkeitsäußerung herbeigeführt waren.

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      Man wird hier eher von einer triebhaften Affektreaktion sprechen müssen. Solche Taten beruhen kaum auf bewusster Überlegung. Das schließt aber ihre Handlungsqualität nicht aus, weil Verhaltensweisen, die der Triebbefriedigung oder, wie oft bei Tötungen in rasender Wut, der Aggressionsentladung dienen, auf eine Rechtsgutsverletzung gerichtet, also Persönlichkeitsäußerungen und keine blinden Kausalprozesse sind. Die Problematik der Affekttaten liegt im Schuld-, nicht im Handlungsbereich.

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      6. Abschnitt: Die Straftat§ 28 Handlung › E. Fazit

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      Der Begriff der Handlung ist als Persönlichkeitsäußerung zu verstehen. Er hat – entgegen den Prämissen der kausalen und der finalen Handlungslehre – keine Bedeutung für den Aufbau des Strafrechtssystems. Doch dient er als gemeinsamer Oberbegriff und Anknüpfungspunkt für alle Erscheinungsformen strafrechtlich relevanten Verhaltens. Er ist den strafrechtlichen Bewertungskategorien (Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld und Verantwortlichkeit) grundsätzlich vorgelagert, verbindet sie aber, indem er auf jeder Deliktsstufe durch zusätzliche Wertprädikate bereichert wird. Nur in Sonderfällen macht erst ein gesetzliches Gebot ein Untätigbleiben zur Handlung. Der Begriff der Persönlichkeitsäußerung wird dem Sinngehalt strafrechtsrelevanten Verhaltens durch seine normative Struktur besser gerecht als rein deskriptive ontische Kriterien.

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      Der Handlungsbegriff erfüllt neben der Anknüpfungsfunktion auch eine Filterfunktion, indem er Nichthandlungen von vornherein aus der strafrechtlichen Prüfung ausschließt. Auch insoweit ermöglicht das Kriterium der Persönlichkeitsäußerung präzisere Ergebnisse als andere Handlungsbegriffe.

      6. Abschnitt: Die Straftat§ 28 Handlung › Ausgewählte Literatur

Behrendt, Hans-Joachim Die Unterlassung im Strafrecht. Entwurf eines negativen Handlungsbegriffs auf psychoanalytischer Grundlage, 1979.
Behrendt, Hans-Joachim Das Prinzip der Vermeidbarkeit im Strafrecht, FS Jescheck, S. 303 ff.
v. Beling, Ernst Die Lehre vom Verbrechen, 1906.
v. Bubnoff, Hans-Jürgen Die Entwicklung des strafrechtlichen Handlungsbegriffes von Feuerbach bis Liszt unter besonderer Berücksichtigung der Hegelschule, 1966.
Engisch, Karl Vom Weltbild des Juristen, 2. Aufl. 1965.
Gimbernat, Enrique Beiträge zur Strafrechtswissenschaft. Handlung, Kausalität, Unterlassung, 2013.
Heinrich, Manfred Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, 2002.
Herzberg, Rolf Dietrich Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip, 1972.
Jakobs, Günther Der strafrechtliche Handlungsbegriff, 1992.
Jakobs, Günther Vermeidbares Verhalten und Strafrechtssystem, FS Welzel, S. 307 ff.
Kahrs, Hans Jürgen Das Vermeidbarkeitsprinzip und die conditio-sine-qua-non-Formel im Strafrecht, 1968.
Kaufmann, Arthur Die ontologische Struktur der Handlung, Skizze einer personalen Handlungslehre, FS Mayer, S. 79 ff.
Krümpelmann, Justus Motivation und Handlung im Affekt, FS Welzel, S. 327 ff.
Maihofer, Werner Der Handlungsbegriff im Verbrechenssystem, 1953.
Maihofer, Werner Der soziale Handlungsbegriff, FS Eb.
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