Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
abstellen, können – mangels Strafmündigkeit – Straftaten vor Vollendung des 14. Lebensjahres als Grund für eine Aufenthaltsbeendigung nicht herangezogen werden.[3]
Anmerkungen
BVerwG InfAuslR 1997, 390; vgl. auch Bergmann/Dienelt-Bauer § 55 AufenthG Rn. 18.
Vgl. Bergmann/Dienelt-Bauer Vorb §§ 53–56 AufenthG Rn. 14.
BVerwG NVwZ 2003, 217, 219 – „Fall Mehmet“.
Teil 1 Verteidigung und Ausländerrecht › II. Verteidigungsstrategien zur Vermeidung der Ausweisung › 4. EU-Ausländer
4. EU-Ausländer
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Das AuslRÄndG sowie die Umsetzung von Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG haben zu einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung geführt. Freizügigkeitsberechtigte EU-Ausländer können nicht mehr ausgewiesen werden; eine Anwendung der im Aufenthaltsgesetz geregelten Ausweisungsgründe ist ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. § 11 FreizügG/EU). Der „Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt“ ist nunmehr abschließend in § 6 FreizügG/EU geregelt; nur unter der dort genannten Voraussetzung ist eine Aberkennung bestehender Aufenthaltsrechte zulässig[1].
Hinweis
Das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts bedarf der Feststellung durch die Ausländerbehörde, wobei eine Vermutung für das Vorliegen der Freizügigkeit gilt; ist das Nichtbestehen festgestellt, ist das AufenthG insgesamt anwendbar, d.h. auch die Ausweisungssystematik[2] (vgl. 11.2.1 Anwendungshinweise zum FreizügG/EU).
Die Bestimmungen des FreizügG/EU finden in erster Linie auf Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten Anwendung. Darüber hinaus werden aber auch Staatsangehörige der dem EWR-Abkommen beigetretenen EFTA-Staaten[3] erfasst (vgl. § 12 FreizügG/EU); für Staatsangehörige der Schweiz gilt das Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU, wonach diese EU-Ausländern weitgehend gleichgestellt sind (vgl. 12.2 Anwendungshinweise zum FreizügG/EU). Die bislang geltenden Einschränkungen für Staatsangehörige der Tschechischen Republik, Republik Estland, Republik Zypern, Republik Lettland, Republik Litauen, Republik Ungarn, Republik Malta, Republik Polen, Republik Slowenien und der Slowakischen Republik, welche zum 1.5.2004 Mitglieder der Europäischen Union geworden sind (vgl. § 13 FreizügG/EU), sind mit Wirkung zum 1.5.2011 entfallen, so dass diese den übrigen EU-Ausländern gleichstehen[4] (13.0 Anwendungshinweise zum FreizügG/EU); Angehörige von Staaten, die mit der EWG lediglich assoziiert sind, genießen schließlich nur dann die Vorzüge des FreizügG/EU, wenn sie als Familienangehörige eines privilegierten Ausländers in den Anwendungsbereich der Norm fallen[5]. Bei Nicht-EU-Ausländern ist daher stets zu prüfen, ob diese hinsichtlich der Geltung des FreizügG/EU den EU-Ausländern gleichgestellt sind.
a) Verlustgründe
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Hinsichtlich der Geltung und Reichweite der Verlustgründe ist also danach zu differenzieren, ob der betroffene EU-Ausländer ein Aufenthaltsrecht oder ein Daueraufenthaltsrecht genießt, oder sich in den letzten 10 Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hat bzw. minderjährig ist.
aa) Freizügigkeitsberechtigte Ausländer
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Einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger kann sein Aufenthaltsrecht nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aberkannt werden.
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Freizügigkeit genießen EU-Ausländer, die
• | sich als Arbeitnehmer zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU), |
• | zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige) (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU)[6], |
• | ohne sich dort niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen i.S.d. Art. 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU), |
• | Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU), |
• | Verbleibeberechtigte i.S.d. Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG Nr. L 142 S. 24, 1975 Nr. L 324 S. 31) und der Richtlinie 75/34/EWG des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates nach der Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu verbleiben (ABl. EG 1975 Nr. L 14 S. 10) (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU), |
• | nichterwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU). |
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Freizügigkeit genießen auch Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1–5 FreizügG/EU genannten Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit[7]; Familienangehörige im Sinne des FreizügG/EU sind
• | der Ehegatte und die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU), |
• | die Verwandten in aufsteigender Linie und in absteigender Linie der in Absatz 1 genannten Personen oder ihrer Ehegatten, denen diese Personen oder ihre Ehegatten Unterhalt gewähren (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU). |
• | Ehegatten, die nicht Unionsbürger sind, behalten bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe ein Aufenthaltsrecht, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1–3 oder Nr. 5 erfüllen und wenn |
• | die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (§ 3 Abs. 5 Nr. 1 FreizügG/EU), |
• | ihnen durch Vereinbarung der Ehegatten oder durch gerichtliche Entscheidung die elterliche Sorge für die Kinder des Unionsbürgers übertragen wurde (§ 3 Abs. 5 Nr. 2 FreizügG/EU), |
• | es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange ein Festhalten an der Ehe nicht zugemutet werden konnte (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 FreizügG/EU) oder |