Unternehmenssanierung, eBook. Guido Koch

Unternehmenssanierung, eBook - Guido Koch


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dem grundsätzlichen Prozess und meist auch mit den beteiligten Institutionen vertraut. Sie verhalten sich professionell und unterstehen sowohl internen als auch externen Regularien, welche zu geringen Freiheitsgraden bei Verhandlungen führen können.[25] Innerhalb des Bankenkonsortiums verteilen sich die Machtverhältnisse meist nach ausgelegter Kreditsumme und Sicherheitenposition. Trotzdem sind sinnvolle Kompromisse möglich, da sich die verschiedenen Banken immer wieder bei anderen Sanierungen mit unterschiedlichen Machtverhältnissen begegnen und aufeinander angewiesen sind, um erfolgreiche Lösungen zu implementieren. Klassischerweise vereinbart man regelmäßige Steering Committee bzw. Ausschuss-Treffen, um die Bankenvertreter über die aktuelle Liquiditätssituation und den Planungsstand zu informieren und in die Restrukturierung einzubinden.

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      Nach den Kreditgebern müssen zeitnah die anderen Stakeholder gemäß Plan involviert werden, da ein Unterschätzen oder Nicht-Informieren den Prozess stören oder sogar stoppen kann. Dies wird im Folgenden anhand von ausgewählten Beispielen aus der Praxis verdeutlicht.

a. Kunden: Falls in der Krisensituation die Kundenzufriedenheit leidet oder Kunden nicht rechtzeitig und pro-aktiv vor allem im Fall von negativen Marktgerüchten informiert werden, besteht die Gefahr, dass diese das Vertrauen in die zukünftige Lieferfähigkeit bzw. die Verfügbarkeit von Ersatzteilen/Reparaturen/Updates verlieren und daher den Lieferanten wechseln.
b. Kreditversicherer: Diese gehören zu einer häufig unterschätzten Stakeholder-Gruppe. Sie sind aber in Verbindung mit Lieferanten von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Restrukturierung, da ihnen aufgrund der vereinbarten Zahlungsziele und Kreditlinien eine Fremdkapitalgeber-Funktion zukommt. Eine verzögerte bzw. nicht vorhandene Kommunikation bzgl. Finanzdaten wirkt sich meist negativ auf die Bonitätsbewertung aus. Dies könnte den Kreditversicherer dazu veranlassen, dem Lieferanten zu empfehlen, kein zusätzliches Lieferrisiko einzugehen. Falls daraufhin Lieferanten nur noch gegen Vorkasse liefern sollten, wirkt sich dies stark nachteilig auf die Liquiditätssituation des zu sanierenden Unternehmens aus.
c. Mitarbeiter: Diese Stakeholder-Gruppe hat einen schwierigen Zugang zu aktuellen und aussagekräftigen Informationen. Allerdings sind sie bei einer Restrukturierung meist persönlich betroffen, sorgen sich um ihre Einkommensquelle und haben deshalb Existenzängste, was sich negativ auf Produktivität und Qualität auswirkt. Weitere Folgen und Risiken sind der Abgang von Leistungsträgern und mögliche Streiks. Diesen kann mit gezielter Information über die jeweiligen Arbeitnehmervertreter vorgebeugt werden. Inhalte gilt es hier sorgfältig zu wählen, da Kommunikation an die Belegschaft als öffentliche Information verstanden werden kann.
d. Öffentlichkeit/Politik: Diese sitzen zumeist nicht am Verhandlungstisch – außer im Fall einer direkten Beteiligung als Bürge, Fördermittel-, EK- oder FK-Geber – wollen aber auch informiert sein bzw. hätten gern ein Mitspracherecht im Sanierungsprozess, was eine herausfordernde Aufgabe darstellen kann. Politische Einflussnahme auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene darf nicht unterschätzt werden, da diese den Restrukturierungsprozess stark beeinflussen oder auch unter Druck setzen kann (wie z.B. Bundeskanzler Schröder im Fall der Philipp Holzmann AG oder Bundeskanzlerin Merkel im Fall der Adam Opel AG).

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      Trotz genauer Planung und aktiver Kommunikation mit allen Stakeholdern kann es passieren, dass sich einzelne Parteien individuell optimieren wollen, indem sie etwa eine Beteiligung an den Sanierungsbeiträgen verweigern oder Entscheidungen blockieren. Solche auch als „Akkordstörer“ bezeichneten Gruppen können sich beispielsweise auf Seiten der Distressed-Debt-Investoren finden, die auf die Interessen anderer Stakeholder wenig Rücksicht nehmen. Die Handlungsoptionen gegenüber nicht konsensorientierten Gruppen sind situationsabhängig. Aber selbst, wenn Mittel gegen „Akkordstörer“ aus juristischen Gründen nicht zur Verfügung stehen, ist dies kein Showstopper der Sanierung. Erfolgskritisch ist vielmehr die zeitige Einbindung der Mehrheit der wesentlichen Stakeholder und deren absolutes Bekenntnis zum gemeinsam ausgearbeiteten Restrukturierungskonzept.

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      In den vorangegangenen Abschnitten wurde dargelegt, dass Stakeholder-Management eine zentrale Bedeutung für den Erfolg von Restrukturierungen hat. Als Katalysator für die Umsetzung des Restrukturierungsprogramms schafft die finanzielle Schräglage des Unternehmens eine „Burning Platform“ – im Angesicht einer schier aussichtslosen Situation werden dann auch schmerzhafte und unkonventionelle Maßnahmen ergriffen, um das Überleben zu sichern.[26] Die in der Sanierungssituation relativ offensichtliche „Burning Platform“ ermöglicht es insolvenznahen Unternehmen, tiefgreifende Veränderungen in Ausmaß und Geschwindigkeit durchzusetzen, die im Regelbetrieb in den seltensten Fällen erreicht werden.

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      Genau diese Dynamik möchten sich seit einigen Jahren auch (noch) gesunde Unternehmen zu Nutze machen. Die betreffenden Firmen befinden sich in keiner Ertrags- oder Liquiditätskrise, wohl aber in einer strategischen Krise. Das Management möchte im Sinne der Prävention eine Negativspirale verhindern und die sich abzeichnende Zuspitzung proaktiv angehen. Diese Interventionsform wird im Gegensatz zur Sanierung/Restrukturierung als Turnaround bezeichnet. Genau wie bei der Sanierung geht es auch beim Turnaround darum, alle Stakeholder für die Transformation zu gewinnen. Da jedoch die offensichtliche „Burning Platform“ in der strategischen Krise (noch) nicht existiert, muss sich die Stakeholder-Kommunikation auf positive Ergebnisse konzentrieren, welche für die jeweiligen Gruppen durch den Turnaround erzielt werden.

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      Um in einem Turnaround ein erfolgreiches Stakeholder-Management betreiben zu können, sind sowohl der Zeitpunkt als auch der Turnaround-Ansatz zu beachten.

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      Zur Bestimmung des richtigen Zeitpunkts, sind die Faktoren Marktliquidität, Wettbewerb und Unternehmensprofitabilität maßgeblich:

- Marktliquidität: Die Marktliquidität hat einen direkten Einfluss auf die Refinanzierbarkeit von Unternehmen. In liquiden Märkten können Unternehmen leichter Investitionen tätigen, was Wachstum begünstigt.
- Wettbewerb: Die Anzahl und Stärke von Wettbewerbern beeinflussen die Wettbewerbsintensität in einem Sektor. Verliert ein Unternehmen in einem Segment mit hoher Wettbewerbsintensität Marktanteile an Konkurrenten, kann dies ein wichtiger Indikator für eine Turnaround-Notwendigkeit sein.
- Unternehmensprofitabilität: Generell ist ein Turnaround dann erforderlich, wenn das Ergebnis des Unternehmens nicht mehr den Erwartungen entspricht. Hierbei geht es nicht darum, dass Ergebnis, Cashflow und/oder Eigenkapital negativ sind. Vielmehr ist es dem Unternehmen nicht mehr möglich, das um Einmaleffekte bereinigte Ergebnis (EBITDA, EBIT, EBT) zu steigern. Dieser Zustand ist oft schwer zu erkennen, da das Management die Erfüllung der Erwartungen für mehrere Jahre durch Einmaleffekte suggerieren kann (Reality-Gap).[27] Durch diese Strategie werden Probleme oft „auf die lange Bank geschoben“ bis keine Einmaleffekte mehr zu realisieren sind, sodass die Krise dann schnell eintreten kann.

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      In Situationen mit hoher Marktliquidität, sinkenden Marktanteilen und einer stagnierenden Unternehmensprofitabilität, ist ein Turnaround notwendig, um Schlimmeres zu verhindern. Die Konstellation dieser drei Faktoren


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