Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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Aufwendungsersatz oder Kostenvorschuss verjähren normal nach §§ 195, 199. Anders als das Kauf- und Werkvertragsrecht kennt das Mietrecht keine spezielle Verjährung der Mängelansprüche.

9. Kapitel Die Ansprüche des Vermieters auf Unterlassung, Duldung und Schadensersatz

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      Der Unterlassungsanspruch des Vermieters aus § 541 (vollstreckbar nach § 890 ZPO) hat drei Voraussetzungen: einen vertragswidrigen Gebrauch des Mieters, eine Abmahnung des Vermieters und die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs.

      Vertragswidrig ist jeder Gebrauch, den der Mietvertrag nicht erlaubt, auch ein vom Mieter verursachter vertragswidriger Zustand[328].

      Beispiele

- Übermäßige Abnutzung und unerlaubte Haustierhaltung;
- eigenmächtige Änderung und Erweiterung des vereinbarten Gebrauchs (BGH LM § 550 Nr. 1: Charakter einer Gaststätte; LM § 550 Nr. 2: Ausschank von Alkohol in Milchbar; NJW 2019, 1062: Wohnen im Anwaltsbüro);
- bauliche Veränderung (BGH NJW 74, 1463: Fassade; LG Braunschweig NJW 86, 322: gefährliche Deckenplatten);
- unerlaubte Installation einer Parabolantenne (BGH NJW 2008, 216);
- fahrlässige Verursachung eines Wohnungsbrandes; wenn aber der Mieter anteilig die Prämie für die Gebäudeversicherung bezahlt, ist der Vermieter vertraglich verpflichtet, die Versicherung in Anspruch zu nehmen oder den Brandschaden nach § 535 I 2 zu beseitigen (BGH NJW 2007, 292; 2015, 699).
- starkes Rauchen, das die Wohnung nicht nur verunreinigt, sondern beschädigt (BGH NJW 2008, 1439);
- Missbrauch der Wohnungsfenster zur Wahlwerbung oder politischen Agitation (BVerfG NJW 58, 259; LG Tübingen NJW 86, 321; a.A. LG Hamburg NJW 86, 320).

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      Die Abmahnung des Vermieters besteht aus der dringenden Aufforderung an den Mieter, eine bestimmte Vertragsverletzung zu unterlassen[329]. Wie die Mahnung ist sie eine empfangsbedürftige (§ 130) geschäftsähnliche Handlung (RN 2017) und ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Mieter die Unterlassung bereits hartnäckig verweigert[330] oder schon eine frühere Abmahnung überhört hat. Der Mieter setzt den vertragswidrigen Gebrauch nur dann „ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters fort“, wenn er sie kennt. Die Verjährung der Dauerpflicht aus § 541 kann während der Mietdauer nicht beginnen[331].

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      Daneben hat der Vermieter weitere Rechte: Er darf nach § 543 oder § 569 fristlos kündigen und nach § 280 I 1 wegen Vertragsverletzung Schadensersatz verlangen. Die Folgen eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache hat der Mieter nach § 538 stets zu vertreten[332]. Ansprüche aus § 1004 I schließt der speziellere § 541 aus[333].

      Streiten die Parteien darüber, ob die Mietsache durch vertragsmäßigen oder vertragswidrigen Gebrauch gelitten habe, muss der Vermieter beweisen, dass ein bestimmter Mietgebrauch des Mieters den Vertrag verletzt und den Schaden verursacht habe, die Schadensursache also im Obhutsbereich des Mieters liege. Erst wenn dies feststeht, muss der Mieter sich nach § 280 I 2 entlasten[334].

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      Das Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.3.2013 hat zum 1.5.2013 den § 554 durch die §§ 555a-555f ersetzt[335] und nach dem bewährten Rechtsgrundsatz, dass ein geändertes Gesetz nicht dünner werden dürfe, sondern stets dicker werden müsse, eine wundersame Gesetzesvermehrung produziert, obwohl sich in der Substanz so viel nicht geändert hat.

      Nach wie vor hat der Wohnraumvermieter das Recht, den vermieteten Wohnraum zu erhalten sowie in bestimmtem Umfang zu verbessern und zu modernisieren. Und was der Vermieter tun darf, soll der Mieter dulden. Der Vermieter klagt auf Duldung einer bestimmten Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme (vollsteckbar nach § 890 ZPO).

      Der Wohnungsmieter ist nach § 555a verpflichtet, alle Maßnahmen zu dulden, die erforderlich sind, die Mietsache instandzuhalten oder instandzusetzen (I), nachdem sie ihm rechtzeitig angekündigt worden oder aber geringfügig oder zwingend erforderlich sind (II), und er hat Anspruch auf Vorschuss und auf angemessenen Ersatz der Aufwendungen, die ihm durch die Erhaltungsmaßnahme entstehen (III). Soweit er durch sie im Mietgebrauch gestört wird, hat er die Rechte aus §§ 536, 536a[336].

      Nach § 555d I hat der Mieter auch Maßnahmen der Modernisierung zu dulden, die der Katalog des § 555b in sieben Ziffern beschreibt, nachdem sie ihm gemäß § 555c rechtzeitig angekündigt worden oder geringfügig sind[337].

      Modernisierung bedeutet hier: Energie und Wasser sparen, den Gebrauchswert der Mietsache erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse verbessern, neuen Wohnraum schaffen[338], aber auch die Erfüllung öffentlicher Pflichten, die dem Vermieter aufgezwungen sind und die er nicht zu vertreten hat.

      Nach § 555d II 1 ist der Mieter zur Duldung ausnahmsweise nicht verpflichtet, wenn die Modernisierung für ihn, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine unbillige Härte bedeuten würde[339]. Dies erfordert eine Interessenabwägung zwischen Vermieter, Mieter und Umwelt[340]. Die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses und der Betriebskosten ist nach § 555d II 2 bei dieser ersten Härteprüfung noch nicht zu berücksichtigen, denn ob und wieweit eine Modernisierung die Miete erhöhe, ist erst durch eine zweite Härteprüfung nach § 559 IV, V zu bestimmen. Der Härteeinwand des Mieters ist nach § 555d III (Ausnahme in IV) befristet.

      Nach § 555d VI mit § 555a III hat der Mieter Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, die ihm durch die Modernisierung entstehen[341]. Jedoch darf er nach § 536 I a für die Dauer von drei Monaten den Mietzins nicht mindern, wenn ihn eine Modernisierung nach § 555b Nr. 1 im Gebrauch stört.

      § 555e berechtigt den Mieter, binnen eines Monats nach Zugang der Ankündigung einer Modernisierung zum Ablauf des übernächsten Monats außerordentlich zu kündigen (I), es sei denn, die Modernisierung belaste ihn nur unerheblich (II).

      § 555f erlaubt den Vertragspartnern, Maßnahmen der Erhaltung und Modernisierung zu vereinbaren, denn im Schuldrecht herrscht Vertragsfreiheit, wenn die gesetzliche Regelung nicht ausnahmsweise unabdingbar ist.

       Nach §§ 555a IV, 555c V, 555d VII, 555e III aber sind abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters unwirksam.

      Nach § 578 II 1 gelten die §§ 555a-555f zum größten Teil entsprechend für Mietverhältnisse über andere Räume, sind aber nicht zwingend[342].

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      Der


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