Handbuch Arzthaftungsrecht. Alexander Raleigh Walter
des Haushaltsführungsschadens (§§ 843, 844 BGB).
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Ist die fehlerhafte Leistung des Arztes für den Patienten völlig unbrauchbar und demzufolge ohne Interesse, besteht der (Mindest-)Schaden des Patienten darin, dass er für eine im Ergebnis unbrauchbare ärztliche Behandlung eine Vergütung zahlen soll. In diesem Fall ist der Schadensersatzanspruch unmittelbar auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist, wenn weder der Patient noch seine Versicherung bereits bezahlt haben[189].
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Mittelbar Geschädigte können, wie bereits erwähnt, eigene Ansprüche aus den §§ 823 ff. BGB i.V.m. §§ 844, 845 BGB herleiten. So können beispielsweise Ansprüche auf Ersatz der Beerdigungskosten oder Ersatzansprüche für Unterhaltsverluste und entgangene Dienste bei Tod des Patienten (§§ 844, 845 BGB) ersetzt werden. Bleibt ein dauernder Schaden, so kommt insoweit auch eine Rente in Betracht.[190]
b) Immaterieller Schaden[191]
100
Vgl. hierzu 1. Teil, 7. Kap.
101
Unter dem Begriff des immateriellen Schadens sind alle körperlichen und seelischen Belastungen oder Nachteile zu fassen, welche im strengen Sinne monetär nicht messbar sind.[192]
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Dem Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens kommt nach ständiger Judikatur eine Doppelfunktion zu: Der Geschädigte soll für außerhalb der Vermögenssphäre liegende Unbill, etwa für körperliche Schmerzen oder seelische Leiden, für die Einbuße an physischen oder psychischen Funktionen trotz der Inkommensurabilität dieser Nachteile mit Geld einen Ersatz erhalten. Neben dieser vorwiegenden Ausgleichsfunktion steht vornehmlich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die ergänzende Genugtuungsfunktion, nach welcher der Schädiger den Verletzten durch Sühnung der Tat zu besänftigen hat.[193] Der Schmerzensgeldanspruch geht nicht auf den Sozialversicherungsträger über, ist jedoch übertrag- und vererbbar. Die Reform des Schadensrechts hat daran nichts geändert.[194] Insbesondere ist an der bisherigen Spruchpraxis[195] zur notwendigen Überschreitung der Bagatellgrenze festzuhalten, unterhalb derer ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu verneinen ist und deren Umfang die Gerichte auch zukünftig anhand der Formulierung „billige Entschädigung“ festzusetzen haben.[196] Der Anspruch umfasst auch Schmerzen, die im weiteren Verlauf der durch den schuldhaften Arztfehler ausgelösten Verletzungen auftreten.[197]
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Die Schmerzensgeldbeträge unterscheiden sich je nach Umfang der Verletzung und können sechsstellige Summen erreichen.[198] Bei schweren Dauerschäden kommt neben dem Kapitalbetrag aber auch eine Rente in Betracht.[199] Das gilt insbesondere auch beim totalen Ausfall aller geistigen Fähigkeiten und Sinnesempfindungen, obwohl insoweit beide Funktionen des Schmerzensgeldes nicht greifen.[200] Diese Rechtsprechung dürfte durch das neue Hinterbliebenengeld nicht obsolet werden, obwohl das sachgerecht wäre[201].
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Von größter Bedeutung für das Arzthaftungsrecht wird das sogenannte Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB sein. Ein Hinterbliebener, „der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand“, kann für das ihm „zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld“ verlangen. „Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“ Für weitere nahestehende Personen ist das Näheverhältnis zu beweisen. Zu den Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang sei auf § 8 TPG verwiesen. Der Umfang soll sich an der Rechtsprechung zu den Schockschäden orientieren. Ein gesundheitlicher Schaden beim Anspruchsberechtigten ist allerdings nicht Voraussetzung[202].
III. Mitverschulden
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Das oben genannte Prinzip der Totalreparation kann durch die Norm des § 254 BGB durchbrochen werden und erlaubt eine Schadensabwägung. Die Haftung des Arztes kann sich im Einzelfall mindern oder ganz entfallen, wenn den Patienten an der Entstehung oder am Umfang des Schadens ein Mitverschulden trifft.[203] „Ein solches Mitverschulden liegt vor, wenn der Patient diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.“[204] Ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung gemäß § 254 Abs. 1 BGB kommt beispielsweise in Betracht, wenn der Patient es unterlassen hat, den Arzt auf besondere, für die Behandlung wesentliche und ihm bekannte Umstände hinzuweisen und diese für den Schaden ursächlich sind[205], der Patient den ärztlichen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Kontrolluntersuchung nicht beachtet[206], die ärztlichen Therapie- und Kontrollanweisungen nicht befolgt[207] oder die ihm obliegende Mitwirkung an den Heilungsbemühungen unterlässt[208].
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Die bisherige außerordentlich zurückhaltende Rechtsprechung bei der Feststellung eines Mitverschuldens des Patienten, weil die Expertenkenntnis der Ärzte überwiege[209], scheint im Rückzug begriffen. Das OLG Frankfurt entschied, dass die Arztseite bei absprachewidriger Entfernung aus Krankenhaus nicht haftet[210].
I. Allgemeines
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Im Überblick und ohne Berücksichtigung der vielfältigen Einzelprobleme sollen noch die spezialgesetzlichen Regelungen des AMG, MPG, und des OEG vorgestellt werden.
108
In Bezug auf die Arznei- und die Medizinproduktehaftung sei dabei explizit darauf hingewiesen, dass es sich um eine Haftung für fehlerhafte Produkte handelt. Diese Art der Produkthaftung, für die der pharmazeutische Unternehmer bzw. der Hersteller des Medizinproduktes, einzustehen hat, ist von der Haftung des Arztes zu unterscheiden, der das Arzneimittel oder das Medizinprodukt anwendet. Der Arzt haftet, ohne das weitere Umstände i.S. eines eigenen Fehlverhaltens hinzutreten, nicht für die Anwendung des fehlerhaften Arzneimittels oder Medizinproduktes. Haftet der Arzt selbst, so kommt immer eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Arzneimittelhersteller oder dem Medizinproduktehersteller in Betracht[211].
II. Haftung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG)
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Vgl. hierzu auch 1. Teil, 3. Kap., Rn. 498.
110
Neben einer zivilrechtlichen Haftung[212] kommt eine Haftung für Schäden im Kontext mit der Anwendung von Arzneimitteln aufgrund der des § 84 AMG in Betracht. In § 84 Abs. 1 S. 1 AMG werden dabei die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers aufgestellt. Abs. 1 S. 2 stellt in seinen Nummern 1 und 2 weitere zusätzliche – zueinander alternative – Haftungsvoraussetzungen auf. Durch den Abs. 2 wird dem Anspruchsteller der Kausalitätsnachweis, durch die Schaffung einer Kausalitätsvermutung, deren Voraussetzungen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis formuliert wurden, erleichtert. Nach Abs. 3 ist ein Ausschluss der Haftung für die Fälle vorgesehen, in denen die schädliche Wirkung des betreffenden Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Herstellung bzw. Entwicklung hatte.[213]
111
Haftungsobjekt des § 84 AMG sind Humanarzneimittel, welche einer inländischen Zulassungspflicht unterliegen (bzw. von dieser freigestellt wurden), deren Abgabeort im Inland liegt und die inländisch in Verkehr gebracht wurden.
112
Unbedingte Voraussetzung für die Haftung nach § 84 AMG ist die Abgabe des Arzneimittels an einen Verbraucher.