Handbuch Arzthaftungsrecht. Alexander Raleigh Walter
dass der das Arzneimittel entgegennehmende Verbraucher dieses selbst anwendet, kommt es nicht an. Verbraucher sind somit auch diejenigen Personen, die das Arzneimittel für einen anderen erwerben.[214]
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Infolge der Anwendung des Arzneimittels (Kausalitätserfordernis[215] i.S. einer generellen und konkreten Schadenseignung[216]) muss es zu einer Rechtsgutsverletzung der abschließend[217] aufgezählten Rechtsgüter Leben, Körper oder Gesundheit gekommen sein. Zudem muss die Gesundheitsbeeinträchtigung gerade auf der „Fehlerhaftigkeit“ des Arzneimittels beruhen, wobei sich diese Fehlerhaftigkeit aus § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AMG ergibt.[218]
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Die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 AMG stellt ein verschachteltes Regel-Ausnahme-System dar: Nach Abs. 2 S. 1 muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass das Arzneimittel nach den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Gelingt der Nachweis der konkreten Schadenseignung, wird die Kausalität vermutet. Abs. 2 S. 2 nennt beispielhaft einzelne Umstände, nach denen sich die Schadenseignung beurteilt und fügt schließlich noch einen generalklauselartigen Auffangtatbestand („allen sonstigen Gegebenheiten“) hinzu. Die Kausalitätsvermutung gilt nach Abs. 2 S. 3 nicht, wenn (mindestens) ein anderer Umstand ebenfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Die Kausalitätsvermutung ist dann nicht nur widerlegt; sie „gilt (erst gar) nicht. Abs. 2 S. 4 enthält eine Ausnahmeregelung für andere Arzneimittel, die den Schaden ebenfalls verursacht haben können.“[219]
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Nach Abs. 3 ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen ihre Ursache nicht im Bereich der Herstellung oder Entwicklung haben.
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Aktivlegitimiert sind sowohl die Person, die das Arzneimittel eingenommen hat, als auch Sekundärgeschädigte.[220] Passivlegitimiert ist der pharmazeutische Unternehmer (§ 4 Abs. 18 AMG), der das Arzneimittel in Verkehr gebracht (§ 4 Abs. 17 AMG) hat.
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Der Geschädigte hat die Anwendung des Arzneimittels, die Rechtsgutverletzung, die Abgabe des Arzneimittels im Geltungsbereich des AMG sowie die Bestimmung des Arzneimittels als Humanarzneimittel zu beweisen. Der Beweis der haftungsbegründenden Kausalität wird für den Geschädigten über Abs. 2 erleichtert; wobei die Norm auch das Beweismaß zugunsten des Geschädigten herabsetzt. In Bezug auf Abs. 3 ist der pharmazeutische Unternehmer beweisbelastet.[221]
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In Bezug auf Inhalt, Art und Umfang enthält das AMG in § 85 AMG eine Regelung zum Mitverschulden, welche auf § 254 BGB verweist, sowie mit § 86 AMG eine Norm zum Umfang der Ersatzpflicht bei Tötung, mit § 88 AMG eine solche zu den Haftungshöchstbeträgen und mit § 89 AMG zur Leistung von Schadensersatz durch eine Geldrente.
III. Haftung für Medizinprodukte
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Vgl. hierzu auch 1. Teil, 3. Kap., Rn. 578 ff.
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Das MPG selbst enthält keine haftungsrechtliche Anspruchsgrundlage. Das gilt auch für die Medizinprodukteverordnung (MDR), deren Inkrafttreten allerdings durch die Corona-Pandemie aufgeschoben wurde. Ansprüche gegen den Hersteller eines Medizinproduktes können sich aber aus dem ProdHaftG und aufgrund der Verschuldenshaftung nach dem BGB (Vertrags- und Deliktshaftung) ergeben.[222]
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Da die zivilrechtliche Haftung bereits angesprochen wurde[223], soll an dieser Stelle nur auf die Haftung für Medizinprodukte nach dem ProdHaftG eingegangen werden.
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Nach der Haftungsnorm des § 1 Abs. 1 ProdHaftG ist der Hersteller (§ 4 ProdHaftG) des Medizinproduktes (§ 2 ProdHaftG) verpflichtet, Schadensersatz zu leisten, wenn durch den Fehler (§ 3 ProdHaftG; Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktionsfehler und Produktbeobachtungspflicht) des Produktes eines der von Abs. 1 abschließend aufgezählten Rechtsgüter verletzt wird und die Haftung nicht nach den § 1 Abs. 2 bzw. Abs. 3 ProdHaftG ausgeschlossen ist.
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Voraussetzung für die Haftung ist zunächst das Vorliegen einer Rechtsgutverletzung. Das fehlerhafte Produkt muss den Tod eines Menschen, eine Körper- oder Gesundheitsverletzungen oder eine Sachbeschädigung zur Folge gehabt haben. Für eine Sachbeschädigung als Rechtsgutverletzung ist nach § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG erforderlich, dass eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und dass diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt ist und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.
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Erforderlich ist weiterhin das Vorliegen eines haftungsbegründenden wie haftungsausfüllenden Zurechnungszusammenhangs. Das Schadensereignis muss sich daher gerade als die Realisierung des aus der Fehlerhaftigkeit des Produkts folgenden Risikos darstellen und der eingetretene Schaden muss kausal auf dem Produktfehler beruhen.[224]
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Gemäß § 1 Abs. 4 S. 1 ProdHaftG trägt der Geschädigte die Beweislast für den Fehler, den Schaden und den Zurechnungszusammenhang. Der Hersteller trägt die Beweislast für die Ausschlusstatbestände nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 ProdHaftG.[225]
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Ersatzfähig sind sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensschäden.[226] Aus den §§ 6–10 ProdHaftG ergeben sich Einzelheiten in Bezug auf Inhalt, Art und Umfang des zu leistenden Schadensersatzes.
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Aktivlegitimiert sind der Patient, seine Angehörigen und Dritte, welche etwa beim Gebrauch eines Medizinprodukts verletzt wurden.[227] Sie haben ihre Ansprüche gegen den passivlegitimierten Hersteller auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen.[228]
IV. Haftung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG)
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Letztlich kann auch § 1 Abs. 1 S. 1 OEG zu einem Versorgungsanspruch im Zusammenhang mit einem Arzthaftungsfall führen. Dieser opferentschädigungsrechtliche Grundtatbestand gewährt demjenigen, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erleidet, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag eine Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
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Voraussetzung ist, dass eine durch einen schädigenden Vorgang[229] hervorgerufene gesundheitliche Schädigung rechtsrelevante Folgen hervorgerufen hat. Der schädigende Vorgang i.S. eines tätlichen Angriffs setzt nach der Rechtsprechung des BSG eine in strafbarer Weise unmittelbar auf den Körper eines Anderen abzielende Einwirkung voraus.[230] So stellt beispielsweise ein ärztlicher Eingriff einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff dar, wenn dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist.[231] Das ist bei nahezu allen Aufklärungspflichtverletzungen der Fall.
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Eine unmittelbare Schädigung[232] liegt vor, wenn eine durch den schädigenden Vorgang bewirkte primäre gesundheitliche Beeinträchtigung erfolgt[233]. Reine Vermögensschäden oder Sachbeschädigungen sind, mit Ausnahme der gemäß Abs. 10 genannten Hilfsmittel, von einem Entschädigungsanspruch ausgeschlossen.
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Beim Fehlen von Versagungsgründen nach § 2 OEG gewährt § 1 Abs. 1 S. 1 OEG einen Versorgungsanspruch in entsprechender Anwendung des BVG. Gemäß § 7 Abs. 1 OEG ist grundsätzlich der Rechtsweg