Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook. Silvia Deuring
niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sind.[8] Zwar kreuzte P „gesondert berechenbare ärztliche Leistungen“ in dem vorgelegten Formular an. Dieser Antrag wurde jedoch nur von P unterschrieben. Mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist die Wahlleistungsvereinbarung gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig. Schließlich lagen im konkreten Fall auch nicht mehrere Wahlleistungsvereinbarungen im Sinne gleichlautender Urkunden vor, sodass dem Schrifterfordernis auch nicht dadurch genüge getan wurde, dass jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnete, § 126 Abs. 2 S. 2 BGB.
II. Wirksamer Arztzusatzvertrag zwischen P und C gem. § 630a BGB
P und C könnten einen eigenen Behandlungsvertrag in Form eines Arztzusatzvertrages, § 630a BGB, geschlossen haben, indem sie sich mündlich über die Behandlung einigten. Diese Vereinbarung dürfte indes nicht nichtig sein.
1. Nichtigkeit gem. § 125 S. 1 BGB
Die mündliche Vereinbarung könnte ebenso formnichtig sein, § 125 S. 1 BGB. Das Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KHEntgG bezieht sich ausweislich seines Wortlauts ausschließlich auf die Wahlleistungsvereinbarung. Der Arztzusatzvertrag kann also per se auch mündlich oder konkludent abgeschlossen werden.[9]
2. Nichtigkeit gem. § 139 BGB
Der Arztzusatzvertrag könnte jedoch gemäß § 139 BGB nichtig sein. § 139 BGB sieht vor, dass die Teilnichtigkeit eines einheitlichen Rechtsgeschäfts zu Gesamtnichtigkeit des Geschäfts führt. Ist das Geschäft aber teilbar, erstreckt sich die Nichtigkeit nur auf den von der Nichtigkeit betroffenen Teil, während das Geschäft im Übrigen wirksam bleibt, sofern dies dem Parteiwillen entspricht.[10]
a) Einheitliches Rechtsgeschäft
Ein einheitliches Rechtsgeschäft liegt im Fall zusammengesetzter Rechtsgeschäfte, von denen jedes für sich existieren könnte, vor, wenn die Geschäfte nach dem Willen der Parteien zur Zeit der Vornahme miteinander stehen und fallen sollen.[11] Dieser Verknüpfungswille ist aufgrund der Erklärungen und der Interessenlage der Vertragsschließenden mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu ermitteln.[12] Vorliegend ergibt sich die Verknüpfung von Wahlleistungsvereinbarung und Arztzusatzvertrag schon aus dem Gesetz. Denn gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KHEntgG sind alle ärztlichen Behandlungen, gleichgültig ob als allgemeine oder als Wahlleistung erbracht, Krankenhausleistungen.[13] Es bezieht sich also der Arztzusatzvertrag nicht weniger als die Wahlleistungsvereinbarung auf eine Krankenhausleistung, also eine Leistung, die eigentlich dem Krankenhausträger obliegt. Daher ist die Einheitlichkeit schon normativ vorgegeben, sodass es auf einen etwaigen Einheitlichkeitswillen auch gar nicht mehr ankommt.[14] Auch der Umstand, dass jeweils unterschiedliche Parteien beteiligt sind, schadet nicht.[15] Für die Einheitlichkeit spricht vor allem auch, dass dem Arzt ein eigener Vertrag auch nur aus rein technischen Gründen zugesprochen wird. Dieser Vertrag hat letztlich nur „konstruktive“ Bedeutung: Er soll dem Arzt nur ermöglichen, den Patienten aus originärem Recht in Anspruch zu nehmen und nicht lediglich aus § 328 BGB bzw. aus abgetretenem Recht.[16] Auch dies zeigt, dass der Arztzusatzvertrag nicht eigenständig neben der Wahlleistungsvereinbarung existieren soll, sondern dessen Schicksal von der Wahlleistungsvereinbarung abhängt. Wahlleistungsvereinbarung und Arztzusatzvereinbarung ergänzen sich also wechselseitig zu einem Vertragsgefüge.
Ein einheitliches Rechtsgeschäft liegt somit vor, was die Gesamtnichtigkeit, also die Nichtigkeit beider Verträge, nahelegt.
b) Teilbarkeit des Rechtsgeschäfts
Die Gesamtnichtigkeit könnte jedoch abzulehnen sein, wenn die Nichtigkeit einen teilbaren Aspekt des Rechtsgeschäfts betrifft. Zu prüfen ist also, ob das Rechtsgeschäft teilbar ist, ob die getroffenen Regelungen also so zerlegt werden können, dass ein selbstständiger, der Geltung fähiger Teil verbleibt.[17] Ist eine solche Zerlegung nicht durchführbar, führt jede Nichtigkeit zur Gesamtnichtigkeit.[18] Der Arztzusatzvertrag könnte theoretisch auch ohne eine Wahlleistungsvereinbarung bestehen. Denn beide Geschäfte sind selbstständig und haben als solche jeweils eigenen rechtlichen Bestand.[19] Die Rechtsgeschäfte sind somit teilbar, wobei dies allein noch nicht den Bestand des Arztzusatzvertrags begründen kann, sondern zusätzlich dieser Bestand noch vom hypothetischen Parteiwillen getragen sein muss.
c) Hypothetischer Parteiwille
Auch dann, wenn ein einheitliches Rechtsgeschäft an sich teilbar ist, ist im Zweifel von der Nichtigkeit des gesamten Geschäfts auszugehen. Eine Aufrechterhaltung kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn angenommen werden kann, dass das Geschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre.[20] Hierfür müssen konkrete, über allgemeine Billigkeitserwägungen hinausgehende Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigen, dass die Aufspaltung dem entspricht, was die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit geregelt hätten.[21] Ein solcher Wille kann jedoch nicht unterstellt werden, schon wegen der sich aus dem Gesetz ergebenden Verknüpfung zwischen Wahlleistungsvereinbarung und Arztzusatzvertrag bzw. aus den genannten Gründen, aufgrund derer überhaupt ein zusätzlicher Vertragsschluss mit dem Arzt angenommen wird.[22]
d) Rechtsfolge
§ 139 BGB vermutet die Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts. Ein entgegenstehender Wille der Parteien ist vorliegend nicht ersichtlich. Damit ist der Arztzusatzvertrag gemäß § 139 BGB nichtig.
III. Ergebnis
C hat folglich keinen Anspruch gegen P auf Zahlung von 5.400 EUR aus § 630a Abs. 1 BGB.
B. Anspruch C gegen P auf Zahlung der 5.400 EUR aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB
C könnte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen P aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB haben. Dies setzt voraus:
I. Anwendbarkeit der GoA
Fraglich ist zunächst, ob die GoA überhaupt anwendbar ist.
Dies könnte deswegen problematisch sein, weil C auf der Grundlage eines nichtigen Vertrags mit P handelt. Die Rechtsprechung wendet in solchen Fällen die GoA an und stellt allein auf die fehlende Berechtigung des Geschäftsführers zur Geschäftsführung ab. Die hinter §§ 812 ff. BGB stehenden Wertungen, insbesondere §§ 814, 817 S. 2, 818 Abs. 3 BGB lässt sie dabei außer Acht. Um die bereicherungsrechtlichen Vorschriften nicht zu unterlaufen, stellt sie jedoch strenge Anforderungen an die Voraussetzungen der GoA.[23] Die Literatur lehnt die Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB beim Handeln aufgrund nichtiger Verträge ab. Die §§ 812 ff. BGB als speziellere Vorschriften über die Rückabwicklung nichtiger Verträge sollen die §§ 677 ff. BGB verdrängen.[24]
Eine Entscheidung dieses Streits kann jedoch dahinstehen, da die Problematik des vorliegenden Falls etwas anderer Natur ist, da die Vertragskonstellationen wesentlich komplizierter sind und nicht lediglich ein zweiseitiges nichtiges Rechtsgeschäft vorliegt: Vielmehr erfolgte die ärztliche Behandlung auf der Grundlage der gesetzlichen Sonderregelungen des Wahlleistungsverhältnisses, die einen Anspruch aus §§ 677 ff. BGB im Ergebnis ausschließen.[25] So sind zwar der Arztzusatzvertrag und die Wahlleistungsvereinbarung nichtig, die ärztliche Leistung wurde aber trotzdem auf der Grundlage des wirksamen (totalen) Krankenhausvertrages erbracht. Damit ist schon fraglich, ob die Geschäftsbesorgung überhaupt ohne Berechtigung erfolgte: Die Rechtsprechung bejaht beim Kondiktionsanspruch zwischen C und P unter Rückgriff auf die Wirksamkeit des Krankenhausaufnahmevertrags den Rechtsgrund,[26] sodass hier hinsichtlich der Berechtigung des C nichts anderes gelten kann und der Krankenhausaufnahmevertrag daher auch im Rahmen der GoA Wirksamkeit entfaltet. Denn die Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung soll nicht die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung (für die GoA: der Berechtigung) begründen, sondern sie führt nur dazu, dass die erbrachten ärztlichen Leistungen nicht gesondert berechnet werden können, da eine Entlohnung von „überschießenden“ ärztlichen Leistungen bei Nichteinhaltung der Schriftform dem