Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Andrea Wechsler
der Arbeitgeber die Diensterfindung in Anspruch genommen hat, hat der Arbeitnehmer gegen ihn einen Anspruch auf angemessene Vergütung. Für deren Bemessung sind insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des Betriebs an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend (§ 9 ANEG); im Einzelnen stehen hier Vergütungsrichtlinien zur Verfügung (§ 11 ANEG). Art und Höhe der Vergütung soll in angemessener Zeit durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmererfinder festgestellt werden (§ 12 I ANEG). Kommt eine solche nicht zustande, so hat der Arbeitgeber die Vergütung – in bestimmter Form – einseitig festzustellen und entsprechende Zahlung zu leisten. Dieser Festsetzung kann der Arbeitnehmer – wiederum in bestimmter Form – innerhalb von zwei Monaten widersprechen (§ 12 III, IV ANEG). Bei derartigen Streitfällen kann die beim Patentamt eingerichtete Schiedsstelle (§ 29 ANEG) angerufen werden, die zu versuchen hat, eine gütliche Einigung herbeizuführen (§ 28 ANEG). Erst nachdem ein solches Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist, kann – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Klage vor dem Patentgericht erhoben werden (§ 37 ANEG).
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Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet und allein berechtigt, eine in Anspruch genommene Diensterfindung im Inland zur Erteilung eines Schutzrechtes anzumelden (§ 13 ANEG).
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Nimmt der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht in Anspruch, so hat er sie durch Erklärung freizugeben. Über eine solche frei gewordene Diensterfindung kann der Arbeitnehmer nunmehr ohne Beschränkungen verfügen (§ 8 ANEG).
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Bei der freien Erfindung trifft den Arbeitnehmer lediglich eine Mitteilungspflicht (§ 18 ANEG) sowie die Verpflichtung, vor einer anderweitigen Verwertung seinem Arbeitgeber mindestens ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen Bedingungen anzubieten (§ 19 ANEG).
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Für die Erfindungen von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, von Beamten und Soldaten sind die Vorschriften für Arbeitnehmer im privaten Dienst – mit einigen Modifizierungen – anzuwenden (§§ 40,41 ANEG).
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Für die Erfindungen an Hochschulen gelten die besonderen Bestimmungen des § 42 ANEG.
V. Belohnung des Erfinders
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Zweck des Patentrechtes ist es, dem Erfinder eine angemessene Belohnung zu gewähren, weil er zum Wohle der Allgemeinheit den technischen Fortschritt gefördert und damit zu einer Bereicherung der Technik beigetragen hat, und weil er dies der Allgemeinheit bekannt gab. Dabei stehen die dem Erfinder eingeräumten Verwertungsrechte im Vordergrund (§ 9 PatG). Das Erfinderpersönlichkeitsrecht ist schwächer ausgeprägt als das Urheberpersönlichkeitsrecht (vgl. Rn. 59 ff.). Es beschränkt sich auf das Recht auf Erfinderehre, das in der Erfinderbenennung zum Ausdruck kommt (§§ 37, 63 PatG).
VI. Hauptarten der Erfindung
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Nach dem Gegenstand der Erfindung unterscheiden wir zwischen Erzeugnis- und Verfahrenserfindungen, die dann zu den Erzeugnis- und Verfahrenspatenten führen (§ 9 PatG).
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Das Erzeugnispatent bezieht sich auf eine bestimmte Sache, die spezifische technische Eigenschaften aufweist.
Die Erzeugnispatente umfassen die Patente für Sachen (z.B. Maschinen, Werkzeuge), Vorrichtungen (z.B. Oberlichtöffner mit Schiebe- und Schwenkgestänge), Anordnungen (elektrische Schaltungen), Stoffe (die Erzeugnispatente auf dem Gebiet der Chemie), Mittel (z.B. Arzneimittel).
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Das Verfahrenspatent bezieht sich auf eine bestimmte zeitliche Reihenfolge, durch die ein technischer Erfolg hervorgebracht wird.
Zu den Verfahrenspatenten gehören die Patente für Herstellungsverfahren (z.B. Verfahren zur Gewinnung chemischer Stoffe) und für Arbeitsverfahren (z.B. Temperierung oder Entstaubung von Luft in Arbeitsräumen).
Die Unterscheidung von Erzeugnis- und Verfahrenspatent ist deswegen so bedeutsam, weil sie einen verschiedenen Schutzumfang haben.
B. Entstehen des Patents
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Liegen die dargestellten Erfordernisse des § 1 PatG vor, so hat der Erfinder damit noch kein Patent. Zu diesen materiellen Voraussetzungen müssen vielmehr noch formelle Voraussetzungen hinzutreten, nämlich ein kompliziertes Verfahren vor dem Patentamt.
Das Patenterteilungsverfahren sei im Folgenden in den wichtigsten Schritten skizziert. Dabei wollen wir vier Stufen auseinanderhalten (vgl. Abb. 14, Rn. 223).
I. Das Anmelde- und Vorprüfungsverfahren
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Das Patenterteilungsverfahren wird durch die schriftliche Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingeleitet (§ 34 I PatG). Auf vorgeschriebenen Vordrucken eingereicht, muss die Anmeldung enthalten (§ 34 III PatG):
- | Namen des Anmelders |
- | einen Antrag auf Patenterteilung |
- | einen Patentanspruch |
- | eine Beschreibung der Erfindung |
- | die erforderlichen Zeichnungen. |
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In dem Antrag auf Erteilung des Patents ist die Erfindung kurz und genau zu bezeichnen (§ 34 III Ziff. 2 PatG).
In dem Patentanspruch ist anzugeben, was unter Schutz gestellt werden soll. Er ist von entscheidender Bedeutung. Der Schutzbereich des Patents wird durch den Inhalt des Patentanspruchs bestimmt (§ 14 PatG).
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Die Beschreibung der Erfindung ist so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 IV PatG). Man geht hier üblicherweise in drei Schritten vor:
- | Darlegung des Standes der Technik (vgl. § 34 VII PatG), |
- | Beschreibung der technischen Aufgaben sowie |
- | deren Lösung anhand eines Ausführungsbeispiels. |
Der Anmeldung ist eine Zusammenfassung beizufügen, die bis zum Ablauf von 15 Monaten nachgereicht werden kann (§ 36 PatG). Sie dient ausschließlich der technischen Unterrichtung.
Des Weiteren ist die Anmeldegebühr zu entrichten (§ 3 I PatKostG).
Die Erfinderbenennung ist in der Regel innerhalb von 15 Monaten nach Anmeldung